MifueMi: Benno Meyer Rochow
Quelle: MifüMi 136 (Mitteilungen für Mitglieder der D.O.N.A.L.D.), Ausgabe 01/2016. In: Der Donaldist 149 (2016), Seiten 4 bis 7
Benno Meyer-Rochow - Entenhausener Forscher-Gestein
Aus der Serie „Begeisterte, aber nicht voll donaldisierte DonaldistInnen” (Teil 12)
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VON MARK BENECKE
Prof. Dr. Benno Meyer-Rochow gewann einen IgNobel-Preis für Strömungslehre in Harvard, weil er den Druck berechnete, mit dem Pinguine sternförmig ihren Kot ausstoßen. Dazu durfte er die auch in Entenhausen gut bekannten Tiere nicht anfassen, weil Pinguin-Anfassen in freier Natur streng verboten ist. Abgesehen davon isst dieser einzige Forscher, den ich uneingeschränkt als Vorbild ansehe, Insekten, hat Suizide unter Sehbeeinträchtigten erforscht, prüfte den Einfluss von Licht vor der Geburt auf das menschliche Leben danach und beschrieb die Augen von Kerbtier- und Schnecken-Arten, die noch nicht ́mal Google kennt. Jüngst hat er Mottenlarven rasiert und festgestellt, dass sie danach im Wasser untergehen.
Mark Benecke: In Entenhausen sind Forscher verrückt, tragen oft Bärte, schießen immer über ihr Ziel hinaus, und noch nicht einmal von Sozialwissenschaften verstehen sie etwas. Obwohl Du das alles schon als Kind gelesen hast — wieso bist du trotzdem Forscher geworden?
Benno Meyer - Rochow: Nun, ich wurde schon zur Einschulung in die Volksschule als 6-jähriger von Herrn Otto Meyer, meinem allerersten Lehrer, gefragt, was ich denn später als Erwachsener einmal werden möchte. Da hatte ich noch keinen Bart, war — wie ich glaube — auch noch nicht verrückt und hatte zu der Zeit erst ein minimales Wissen über Entenhausener Wissenschaftler. Dennoch antwortete ich auf Herrn Meyers Frage mit “Forscher”. Ich hatte damals allerdings wohl mehr an Erkundungen gedacht, denn das Herumstöbern in Ruinen und zerbombten Häusern nach dem Zweiten Weltkrieg war eine meiner Lieblingsbeschäftigungen als 5- und 6-jähriger gewesen. Ehrlich gesagt, schon damals gab es für mich kaum etwas aufregenderes als in modernden Baumstämmen herumzustochern, Spinnen beim Fangen ihrer Beute zu beobachten, Raupen zu sammeln, Molche im Aquarium zu halten oder Grashüpfern beim Zirpen zuzuhören. Dieses Interesse an der “normalen”, aber von vielen Menschen nur halbherzig wahrgenommenen Umwelt, teilte ich mit meinem großartigen, weitgereisten Großvater, der auf seinem Schreibtisch nebst eines Bildes von David Ben Gurion und einer Flagge der USA ein Terrarium mit einer lebenden Tarantel zu haben pflegte.
Mark: Du beschäftigst Dich auch heute noch beruflich mit Welten — siehe Einleitung — die den meisten Menschen entgehen: Pinguinkot, Gliedertieraugen und rasierte Larven. Ist die Oberflächenwelt für Dich überhaupt noch interessant?
BMR: Lass mich das so beantworten: ich beschäftige mich mit vielen Dingen, arbeite an den unterschiedlichsten Projekten in den seltsamsten Gegenden, z.B. der Antarktis, Nordkorea, Nagaland, den Höhlen Jamaikas und Bremen..., aber man darf nicht einige vielleicht etwas recht ungewöhnliche Arbeiten von mir stellvertretend für mein gesamtes Forschungsengagement ansehen. Das wäre so, als wenn jemand aus meinem Urlaub am Entenberg (PLZ 91227) oder meinen Spaziergängen im Entenwerdener Elbpark schlösse, ich verbrächte meine Freizeit ausschliesslich in Gegenden, die eine Assoziation zu Enten haben. Dem ist nicht so, wie meine Webseiten www.meyer-rochow.com und https:// bioforthebiobuff.wordpress.com/ deutlich zeigen.
Ich denke, es ist befreiend, sich manchmal etwas von der “normalen Welt“ abzuwenden und humorvolle Seiten unseres Daseins aufzusuchen. Wie schon der grossartige Komiker Jerry Lewis sagte: “Humor gehört zum Leben”, und ich könnte hinzufügen “Spass gehört zur Wissenschaft”.
Mark: Donald hat wie du lauter verschiedene Berufe (bzw. Forschungsfelder), und er ist immer neugierig. Oft genug scheitert er. Wie würdest Du die große Klammer Deiner sehr verschiedenen Arbeiten beschreiben?
BMR: Das Gute an Donald ist, dass er sich trotz vieler Rückschläge nicht unterkriegen lässt, dass er über Enttäuschungen hinwegkommt, und dass er trotz pädagogisch oft zweifelhafter Methoden eigentlich doch ein guter Erzieher ist, der ja auch von seinen Neffen Tick, Trick und Track geliebt, vielleicht sogar wegen seiner Vielseitigkeit und Zähigkeit, verehrt wird.
Scheitern nach ehrlichen Versuchen gehört zum Alltag eines jeden Wissenschaftlers. Nicht alle Forschungshypothesen lassen sich beweisen, und nicht immer kann man recht haben.
Wie würde ich mein Tun beschreiben? Welch “große Klammer” fasst zusammen, was ich bisher beruflich geleistet habe? Nun, ich denke ich habe unser Wissen um die Welt in und vor allem um uns herum ein kleines bisschen erweitert.
Jede wissenschaftliche Veröffentlichung vermehrt unser Wissen, und dabei kommt es nicht darauf an, wie so viele Menschen voreilig meinen, dass das neu Entdeckte sofort eine Anwendung finden müsse. Das ist Unsinn. Man schaue sich einmal den Inhalt eines Enzyklopädiums an: Wie viel von dem, was dort drinnen steht, ist für den Normalbürger relevant?
Ich sehe es als wunderbare Herausforderung an, Neues zu entdecken, zu erfoschen und zu beschreiben. Das ist die “große Klammer”.
Mark: Was hast Du aus Entenhausen gelernt, bevor und während Du Wunderbares in die Enzyklopädie der Wissenschaften schreiben durftest?
BMR: Dadurch, dass meine Mutter und ihr Bruder in den USA aufwuchsen und als Kinder schon Mickey Mouse-Hefte aus Amerika kannten, kam ich schon im Oktober 1951 dazu, sogenannte Micky Maus-Hefte in Deutschland zu sammeln. Damals halfen sie mir bei der Groß- und Kleinschreibung und erzeugten bei mir Neugier.
Leider überredete mich der gute Lehrer Otto Meyer einige Jahre später mit seinem Aufruf, wir müssten doch unsere Brüder und Schwestern im Osten unterstützen und sollten ihnen ein Paket mit Illustrierten, vielleicht auch ausgelesenen Comics usw. schicken, dazu, dass ich ihm alle meine ersten deutschen Monatshefte der Micky Maus, inklusive Oktober, November, Dezember 1951, gab.
Die gesammelten Klassenspenden und meine Hefte wurden dann in einem Paket von unserer Schule gen Osten verschickt. Ich habe gelernt, dass ich meine Sammlung hätte lieber behalten sollen und bin immer noch traurig, dass ich meine ersten deutschen Micky Maus-Hefte (das allererste, August 1951-Heft fehlte mir zwar, aber vom dritten, also Oktober 1951 an, hatte ich alle) an die "Brüder und Schwestern im Osten" geschickt habe.
Aber davon abgesehen, die Streiche von Donalds Neffen haben mich zu zahlreichen eigenen Streichen inspiriert und Donald, als Erzieher, hat sicherlich auch eine Wirkung darauf gehabt, wie ich meine eigenen fünf Kinder aufgezogen habe.
Die Entenhausener Geschichten haben mir ferner gezeigt, dass Glück (man denke an Gustav Gans) nicht immer glücklich macht, und in den Begegnungen mit Donald hatten für mich immer die Wirkung, dass Donald doch letzten Endes der Glücklichere war.
Donalds und der Kinder Erlebnisse bei den Pfadfindern waren für mich auch recht aufschlussreich und gaben mir so manche Idee. Ich lernte weiter am Beispiel des Dagobert Duck, dass Reichtum sehr störend fürs Gemüt sein kann, selbst wenn man in seinem Geld baden geht. Dauernd lebte der Gute in Furcht und Angst, dass die Panzerknackerbande wieder einmal einen Raubzug plant; sein Geiz war zusätzlich etwas, was mich ihn unsympathisch finden ließ. Und doch, ich lernte von ihm, dass man sparsam zu sein hat, dass man Dinge nicht einfach wegwirft, denn sie haben sentimentale Werte (wie Dagoberts erster jemals von ihm verdiente Kreuzer).
In einer Geschichte spekuliert Dagobert damit, ob man Schlangensterne, die im Körper Silber anreichern, nicht in Massen züchten kann, und so gibt es manche Geschichten — auch seine Reisen in entlegene Gebiete — die mich ebenso beeindruckten wie die vielen seltsamen Tiere, mit denen ich beim Lesen konfrontiert wurde.
Mark: Die Fauna von Entenhausen — siehe Barks Thierleben, das ich Dir sendete — enthält unter anderem den Gurkenmurkser (Grüner Gurkenwurm, Ciller gurcae FUCHS 1960 (syn. Deflator dextrospirillus BARKS 1957), Coleoptera), den Pfeilnäsigen Erdfloh (Familie Curropulexidae (Rennflöhe), Gammus diptherocus BARKS 1958) und den Tanzenden Holzwurm (Familie Anobiidae (Klopfkäfer, Pochkäfer), Anobium saltatorium). Würdest du diese Tiere essen? Kannst du das anderen Menschen empfehlen, und falls ja warum?
BMR: Das ist nun wirklich eine knifflige Frage, denn ich habe ja schon 1975 in einer Veröffentlichung der Australian Assocation of the Advancement of Science (1975, Vol 6(7):261-262) darauf hingewiesen, dass von wenigen Ausnahmen abgesehen Insekten nahrhaft sind und vor allem als Protein-, Mineralien- und Vitaminlieferanten für die zukünftige Ernährung einer weiterhin wachsenden Weltbevölkerung eine wichtige Rolle spielen könten. Ich bezog mich aber auf [auf der Erde] bekannte Insektenarten.
Hinsichtlich der Invertebratenafauna von Stella Anatium würde ich vorsichtig sein. Holzfressende Larven von käfer- oder käferähnlichen Kerbtieren würde ich wohl sogar roh zu mir nehmen (dann kann man ihren aparten Geschmack am besten genießen), oder ich würde sie gemäß Mehlwürmern kurz in heißem Fett anbraten und dann mit etwas Zwiebeln und vielleicht einem Rührei vermischt essen. Haematophile und aasfressende Tiere würde ich vermeiden, schon wegen potentieller Übertragung von Krankheitserregern.
Mark: In der Welt der Wirbeltiere finden sich in Entenhausen Tauschratten und neointelligente Kaninchen. Für wie schlau hältst du Wirbeltiere, und wie groß ist der Unterschied zu Menschen und Enten?
BMR: Die Säugetierwelt Entenhausens und seiner Umgebung weist zahlreiche interessante Spezies auf, von denen oftmals nur wenige Exemplare beobachtet worden sind, oder die sogar nur auf der Basis eines einzelnen Tieres bekannt geworden sind.
Anders steht es mit den fruchtbaren, neointelligenten Kaninchen, deren Aufreihungsverhalten am Rande von Überlandstraßen auf ein intelligentes Bettel- und Bewunderungsverhalten schließen lässt, was Schlüsse auf die Sozialstruktur dieser Nager zulässt. Ich gehe davon aus, dass diese Kaninchen in komplexe Sippen existieren, bei denen eine klare Hierarchie nach Größenordnung besteht, bei der aber auch die kleinsten nicht zu kurz kommen.
Diese Verhalten ist angeboren, aber das Aufreihen am Straßenrand scheint erlernt und deutet auf eine Flexibilität instinktiven Verhaltens hin, so dass wohl das Adjektiv ‘neointelligent’ angemessen scheint.
Die Tauschratten, oder besser Taschenratten, hingegen sind Übeltäter mit einer kriminellen Intelligenz, anders als ihre entfernten Verwandten, die Streifenhörnchen, die durch intelligentes, vorwärtsdenkendes und logisches Verhalten auffallen. Die Ratten hingegen wenden ihre unzweifelhaft vorhandene Intelligenz nur Negativem zu, und sofern man ihnen nicht mit konventionellen Mitteln beikommen kann, so schlage ich eine Methode vor, die ich kürzlich (2015) im ‘Journal of Ethnobiol- ogy and Ethnomedicine’ hinsichtlich Ratten allgemein beschrieben habe (Rats: if you can't beat them eat them! Tricks of the trade observed among the Adi and other North-East Indian tribals. J Ethnobiol Ethnomed 2015;11:45: „Consumption of rats by humans as a biological control method is far superior to the use of rodenticide poisoning“).
Mark: Nice! Zuletzt eine Frage, die mich schon lange umtreibt: Als unschlagbar langweilig gelten Donald ausgerechnet Cephalopoden und Rhabarberpflanzen. Hast du irgendeine Idee, was grade an diesen beiden Lebewesen so ermüdend sein könnte?
BMR: Ich finde rein gar nichts ermüdend an diesen beiden Lebewesen und würde Donald raten, einmal mit einem Biologen oder Psychiater über seine Abneigung zu sprechen, bevor sich eine Phobie manifestiert.
Es kann sein, dass Donald schlechte Erinnerungen an Riesenkraken und tintenspritzende Sepien hat und mit Cephalopoden allgemein verbindet: das wäre eine Erklärung für seine Abneigung gegenüber Tintenfischen. Es mag auch sein, dass die schnabelbewehrten Cephalopoden (denn sie haben ja einen Schnabel), aber mit Armen, die am wenig abgesetzten Kopf ansetzen, Donald irgendwie unheimlich erscheinen. Ein Besuch bei einem Psychiater wäre vielleicht zu empfehlen.Was den Rhabarber angeht, so ist das natürlich Geschmacksache. Manche mögen ihn und seinen Säuregeschmack, andere hingegen können ihn nicht vertragen. Hinzu kommt die rote Färbung der Rhabarberstämme und, wenn ich mich recht entsinne, so gab es manchmal Anzeichen davon, dass Donald auch nicht gerade ein Liebhaber der Farbe rot ist.
Wie dem auch sei, ich vermute, Donald hat einmal als Entenküken rohen Rhabarber gegessen und dabei hat die im Rhabarber vorhandene Oxalsäure zu Übelkeit, Erbrechen und Durchfall bei ihm geführt — eine Reaktion, die beim erstmaligen Genuss von Rhabarber bei Enten durchaus üblich ist. Donald sollte weiterhin Rhabarber vermeiden, weil er möglicherweise allergisch auf ihn reagiert.
In dieser Serie bisher dabei:
Lesetipps
- Entenhausen Underground (U-Comix 2016)