MifueMi: Two years later
Quelle: MifüMi 134 (Mitteilungen für Mitglieder der D.O.N.A.L.D.), 2015, Seiten 5 bis 7
Two years later: PaTrick Bahners kehrt zurück
Aus der Serie „Begeisterte und voll donaldisierte Donaldisten” (Teil 10)
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VON MARK BENECKE
Mark: Lieber PaTrick, du hast in der F.A.Z. einen wunderbaren Artikel lanciert über ‘Zwei Männer im Schnee’, der starke donaldistische Referenzen hat. Wie hast du das geschafft?
PaTrick: Das war einfach, den habe ich in meinen Blog eingestellt. Dieser Blog hat keinen Redakteur, da kann ich machen, was ich will.
Mark: Zumindest keinen außer dir. Gab es Resonanz? Fanden die Leute das merkwürdig? Die deutschen Donaldisten beispielsweise, dass du auf einmal Originalbildchen mit englischem Sprechblasen-Text eingefügt hast?
PaTrick: Nein, die Donaldisten haben es mit Interesse aufgenommen. Offenbar ist für einen philologischen Ansatz ein gewisser Spielraum gegeben. Auch andere Leser haben es eigentlich mit größerer Angeregtheit kommentiert als meine üblichen Themen wie die ältesten Inszenierungen der Metropolitan Opera und vergleichbare Dinge.
Mark: Ist es vielleicht ein Nachkriegsnachbildungsbedürfnis, das du damit deckst? Den LeserInnen der Micky Maus-Hefte waren die englischen Berichte ja unbekannt. Das lieferst Du nun im Blog und anderswo im Internet
PaTrick: Dieser Blog hat als Form schon so seinen Charme. Man sieht vermutlich nicht — vielleicht ein bisschen wie bei meinen Vorträgen — wie lange es dauert, es zusammenzustellen. Unser neuer Online- Chefredakteur hat die Sache etwas modernisiert und wünscht sich eigentlich kürzere Texte, kann aber an der Offenheit des Mediums nichts ändern.
Da es beim Blog ja keine Guilloutine gibt und der Internetfluss anders als die Zeitungsseite ja kein unteres Ende hat, kann man mit so einem Blog wie in dem Fall über das Postamt hier in New York an der 8. Avenue schreiben, dann ausführlich einen völlig unbekannten amerikanischen Richter aus den 30er, 40er Jahren mit Familienfotos vorstellen und, wenn die Leute denken „Ja jetzt müsste doch so langsam der Abspann, die Schlussmelodie beginnen“, noch mit einer donaldistischen Erörterung kommen.
Es ist auch noch ein nettes Moment, dass die Abbildungsqualität bei diesen Tablets, bei der heutigen elektronischen Präsentation, schon besonders schön ist.
Wenn man dann die Original-Farbvorlagen zur Verfügung hat — hier aus den amerikanischen Originalheften und auch aus den Micky-Maus-Heften von 1953— kann es schon sein, dass es insbesondere für Leser, die sie noch in ihrer Kindheit gelesen haben, besonders anregend ist.
Mark: Ich habe heute Briefkästen in Manhattan fotografiert. Sie sind leer und verrotten alle. Kein Postbote kann mehr durch Wind und Wetter etwas austragen, weil niemand etwas absendet. Was bedeutet das?
PaTrick: Der DD (Anmerkung des RedMifüMi: Nr. 147) ist immer noch nicht eingetroffen. Der Kassenwart hat schon versprochen, ein Notpaket auf den Weg zu schicken.
Mark: Vielleicht wird der DD ja mit der Möhl II in die Vereinigten Staaten verschifft.
PaTrick: Druckerzeugnisse, zum Teil sogar amerikanische, kommen jedenfalls auf den kuriosesten Umwegen über Island oder über die Philppinen — viel auch über Holland — hier an.
Mark: Du hast etwas entdeckt durch einen Besuch, der neulich zu Dir kam: Man schenkte Dir das Buch “Donald Duck in America on Parade”. Es gibt seitdem Hinweise darauf, dass deine Theorie möglicherweise nicht stimmen könnte, dass Entenhausen an der Ostküste der USA liegt.
PaTrick: Ich möchte mich zunächst des Umstandes brüsten, dass wir hier unsere Freunde, mit denen wir durch einen Theaterfaible verbunden sind, soweit sozialisiert haben, dass sie bei einem Abendessen vor ein paar Tagen gleich mit einer ganzen Tüte donaldistisch verpackt gedachter Geschenke erschienen, darunter eben auch dieses Buch — wie mir dann gesagt worden ist, ein wirklicher Klassiker, den auch andere unserer Gäste kannten, aus der Reihe „Little Golden Books“.
Und da sieht man eben den kleinen Herrn Duck und seine Neffen, wie sie an der Straße stehen und eine klassische, amerikanische, steubenparadenhafte... einen Umzug eben sehen, und dann sozusagen eine Live-Unterrichtung in amerikanischer Geschichte bekommen. Der Freund, der uns das schenkte, sagte: „Ja, Donald Duck besucht Amerika.“
Das wäre doch aus donaldistischer Sicht ein ganz erheblicher Befund, dass Donald Duck eben doch kein Amerikaner ist, und man in diesem uramerikanischen Buch einen ganz schwachen Abglanz der tatsächlichen Überlieferungssituation der 50er Jahre findet, und die ursprünglichen deutschen Übersetzungen in der Micky Maus mit den deutschen Ortsnamen und dem Bodensee vielleicht doch die richtigen sind.
Mark: Ist dieser Fund eine Sensation?
PaTrick: Wenn ich das hier so aufblättere, bin ich auf der einen Seite natürlich erfreut, hier den großen Truthahn zu sehen, rufe “gaudera, gaudera!” aus und lese: »What a terrific turkey«, exclaimed Louie, »this is a super celebration!«. Da hört man natürlich schon das authentisch amerikanische, was Louie in den Mund gelegt wird. Aber auf der anderen Seite bin ich etwas irritiert, was die grafische Qualität dieser Überlieferung angeht: Insbesondere die Figuren der Ducks sind doch schon sehr sehr stark abgeleitet.
Mark: Spiegelt das vielleicht etwas Gerüchthaftes wieder?
PaTrick: Genau, exakt. Das ganze, was sich herumlagert um die authentische Barks-Fuchs-Überlieferung an donaldischem Gut, was wir traditionell durchaus ‘donaldistisches Kulturgut’ nennen, da muss man doch mit Übergängen rechnen, dass sich etwas abgelagert hat, diese amerikanischen Autoren ein bisschen Wind bekommen haben, ein bisschen etwas gespürt haben von der authentischen [also deutschen] Übermittlungssituation.
Das könnte vielleicht eine Erweiterung unserer Quellenbasis sein, nicht für den ganz harten inneren Donaldismus, aber vielleicht doch für den Donaldismus, der sich ein bisschen mit den philosophischen Grundfragen beschäftigt, genauso wie es auch die Filme als große potentielle Quellen gab und gibt.
Man hat am Anfang des Donaldismus in Methodenaufsätzen ja immer gesagt, eigentlich müssten wir uns auch mit den Filmen beschäftigen, weil sie ja älter sind als die Comic-Hefte. Vielleicht steht das auch mal an.
Mark: Nach zweieinhalb Jahren in New York, das merke ich schon, bist du den neuen Einflüssen gegenüber aufgeschlossener als vorher. Ist das über dich hereingebrochen oder war das ganz organisch?
PaTrick: Ich war allerdings noch nie in einem Disney-Vergnügungspark. Es gab neulich ein Gesellschaftsspiel in einer Gruppe von Theater-Neulingen, wo ich in meiner Eigenschaft als Sängerknabe auch dabei war. Man lernte sich kennen, indem man ein Bingoblatt ausfüllte, wo man alle möglichen Eigenschaften bei jemandem finden musste: Jemanden, der die gleiche Schuhgröße hatte oder auch mehrere Geschwister und lauter solche Sachen. Und man musste jemanden suchen, der noch nie in Disneyland war. Ich war da plötzlich der Beliebteste im ganzen Raum, weil das so selten war — ich war wohl der einzige, auf den das zutraf. Einmal im Leben in Disneyland gewesen zu sein, gehört hier bei den Amerikanern genauso zur Folklore und zum Lebensplan wie das Summer Camp und Thanksgiving.
Mark: Wollen wir die Springbreak nicht vergessen, die PaTrick hier vielleicht ganz bewusst ausgelassen hat. Eine Frage habe ich noch. Verstehen Eure amerikanischen Freunde eigentlich, was du als Donaldist machst?
PaTrick: Sie verstehen es. Ich will gar nicht sagen, ‘wenn man es ihnen erklärt’, sondern es genügt, wenn man die Prämissen kurz darlegt. Es gibt hier eben die auch im amerikanischen Erfindergeist erkennbare, kongeniale Lust am Mitdenken. Wir haben sogar gelegentlich kleine Vortragsabende gemacht, wo ich etwas kürzer als auf Kongressen geredet habe, der hiesigen TED-Kultur angepasst.
Mark: Was heißt denn ‘etwas kürzer’?
PaTrick: Eine halbe Stunde.
Ich hatte sowohl englische als auch amerikanische und deutsche Bilder gezeigt, um ein bisschen die Eigenart der Übersetzungen und Abweichungen zu erklären. Unser Vermieter machte dann die Beobachtung, dass bei der Geschichte mit dem Prominentenquiz, wo Donald ins Radio will, im amerikanischen Original der Name der Radiostation genannt wird. An der Buchstabenkombination dieser Radiostation kann man erkennen, ob es die Ost- oder Westküste ist. Ich fürchte, in diesem Fall war es leider die Westküste, was gegen meine eigene Theorie spricht. Aber da ich ja sowieso Fuchs für ausschlaggebend halte, konnte ich das dann trotzdem akademisch als interessant verbuchen.
Mark: Vielleicht erkeimt durch Dich künftig in den USA ein Parallel-Donaldismus. — Zum Schluss: Was ist das hier?
Frau: Das ist von unserer Theatergruppe ein Heft, da haben der Vermieter und seine Freundin eine Anzeige für uns geschaltet.
Mark: Warum haben sie ein deutsches Zitat genommen?
PaTrick: In unserem Stück geht es um Blues — der Held ist ein einsamer Musikfan, an dem das Leben vorbeigerauscht ist. Da sie uns überraschen wollten, haben sie uns nicht konsultiert bei der Auswahl des Motivs, sind dann im Internet aber tatsächlich mit absoluter Treffsicherheit auf dieses Barks-Bild gestoßen. Ein Freund, der gut deutsch kann, hat es ihnen übersetzt.
Mark: So hat Frau Fuchs auch in den USA bis heute das Zepter in der Hand. Sehr schön. Es wächst zusammen, was möglicherweise doch zusammen gehört. Vielen Dank und eine sichere Rückreise für Dich, Teresa und Deine Sammlung.
In dieser Serie bisher dabei:
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