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Quelle: Bild.de, 6. November 2017, online
Darum verwesen Wachsleichen nicht
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UNBEKANNTER AUTOR
Kennt sich mit Leichen aus: Kriminalbiologe Mark Benecke. Er erklärt, wie es zu so genannten Wachsleichen kommt.
Von wegen: Leiche ist gleich Leiche. Es gibt große Unterschiede. Und die werden zum Problem!
Denn auf Friedhöfen breitet sich das Phänomen der Wachsleichen aus. Sie verwesen einfach nicht. Und es gibt kaum noch einen Friedhof in Deutschland, der nicht betroffen ist.
Kriminalbiologe Mark Benecke erklärt in BILD: Darum halten sich die Wachsleichen so lange!
"Die Wachsleichen enthalten natürlich kein Wachs, sondern es verseift das Fett unter der Haut", erklärt Benecke gegenüber BILD. "Die dabei entstehenden Stoffe sind sehr lange haltbar. Ich habe seit 20 Jahren ein Stück Adipocire, so heißt das auf wissenschaftlich, einer Leiche im Labor, das bei Raumtemperatur völlig unverändert und qeruchsfrei dort lieqt."
Um eine Wachsleiche zu bekommen, braucht es nach Meinung Beneckes Luft-Abschluss und Kälte. Das können beispielsweise sein: lehmiger und kalter Boden. Oft werden die Leichen so gut konserviert, dass auch noch nach Jahren die Gesichtszüge zu erkennen sind.
BILD: Wie wird eine Leiche zur Wachsleiche?
Mark Benecke: "Es entsteht nach grob einem Monat Adipocire (lateinisch: "adeps/adipis" = Fett und französisch: "cire" = Wachs). Das Fett unter der Haut und um die Organe herum verseift aufgrund einer chemischen Reaktion und es entstehen freie "ungesättigte" Fettsäuren (beispielsweise Palmitin-Säure) und Glycerin. Glycerin kennt ja jeder aus Handcremes und Lipgloss."
Mit Fett und Wachs habe das Ganze aber gar nicht viel zu tun, sondern es ist eine Art Fett-Härtung, die grob wachsartiges Leichen-Gewebe entstehen lässt, so der Kriminalbiologe weiter.
Sind Wachsleichen so etwas wie Moorleichen?
Benecke: "Bei Moorleichen passiert was total Verrücktes und anderes: Dort fehlt zwar auch Umgebungsluft, aber die Säuren des Moores machen die Leiche haltbar. Verrückt ist es deshalb, weil Säuren auch Knochen auflösen können. Du hast dann also manchmal gut erhaltene ,Weichteile', aber kaum noch Knochen. Bei Fettwachsleichen sind die Knochen hingegen immer vorhanden. Und die Farbe ist auch anders:
Fettwachsleichen sind hell gefärbt, Moorleichen dunkel."
Und die Wachsleichen sind sehr lange haltbar.
Benecke: "Die können sich sehr lange halten, teils Jahrzehnte, ich denke, sogar Jahrhunderte bei guter Lagerung. Weil die Bakterien und Enzyme die neu entstehenden Stoffe (Adipocire/ Fettwachs) nicht gut verdauen können."
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