1997 Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin: SPONTANE SELBSTENTZÜNDUNG VOM MENSCHEN (SPONTANEOUS HUMAN COMBUSTION, SHC): WIDERLEGUNG EINES KAPITELS AUS DEM VOLKSGLAUBEN
Quelle: Vortrag auf der Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin, Berlin, 1997 (Abstract)
Spontane Selbstentzündung von Menschen (Spontaneous Human Combustion, SHC)
Widerlegung eines Kapitels aus dem Volksglauben
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VON MARK BENECKE
Im Gegensatz zu unwahren modernen Großstadtmärchen (urban legends, z.B. "billiger Mercedes", "enthaupteter Motorradfahrer", "Frau mit behaarter Hand", "Spinnen unter der Haut" usw.) basieren viele Motive des Volksglaubens (z.B. Vampirismus) auf wirklichen, aber falsch interpretierten Gegebenheiten. Wegen des somit im Volksglauben enthalteten Körnchens Wahrheit ist ein überzeugender sachlicher Gegenbeweis oft schwierig zu führen.
Im vorliegenden Fall wurde in mehreren deutschen und amerikanischen Zeitungen, Zeitschriften und Büchern wiederholt über die angebliche Selbstentzündung von Menschen berichtet. Die Zeugenberichte sind mit augenscheinlich nicht gefälschten Fotos belegt, die in der Regel verkohlte Beine ohne den dazugehörigen Oberkörper bzw. Torso zeigen. Die populären Theorien zur Erklärung des Phänomens reichen von der Entzündung im Körper enthaltenen Alkohols bis hin zu Funkenschlägen angeblicher interzellulärer Mikroströme.
Eine daraufhin angestellte Literaturdurchsicht rechtsmedizinischer und populärer Veröffentlichungen aus den vergangenen 200 Jahren zeigte, daß bereits Justus von Liebig dem Glauben an spontane Selbstentzündungen experimentell begegnete, daß viele der modernen Belegfotografien von (echten) Wohnungsbränden - und hier zum Teil aus rechtsmedizinischen Lehrbüchern - stammen, daß die Interpretation der oft ungewöhnlichen Verbrennungsmuster durch den sogenannten Dochteffekt (Komponenten: Unterhautfettgewebe/Kleidung/Brandrichtung) erklärt werden kann, der bereits von Prokop dargestellt wurde, daß einige Belegfotografien aus dem in der Originalveröffentlichung berichteten situativen Kontext gerissen und dadurch mißverständlich wurden, daß insbesondere behauptete Beschädungen innerer Organe in vielen Fällen nicht mit experimentellen Verbrennungen korrespondieren.
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