2/2018 Zimmer Eins: Welche Science Fiction Idee halten Sie fuer realistisch
Quelle: ZIMMER EINS — Das Patientenmagazin, Ausgabe 2/2018, Seite 11
Welche Science-Fiction-Idee halten Sie für realistisch, Dr. Benecke?
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Mark Benecke (*)
Zuerst einmal finde ich es sehr auffällig, dass die Trefferquote für Zukunftsprognosen aus der Vergangenheit so gering ist. Fachbücher aus den 1960er-Jahren, in denen zum Beispiel über zukünftige Energien oder Computer spekuliert wird, liegen ziemlich daneben. Science-Fiction- Autoren aus der Zeit haben hingegen oft sehr scharf Dinge vorausgesehen, die uns jetzt tatsächlich beschäftigen.
Interessant ist zum Beispiel, was der Autor Philip K. Dick unter dem Schlagwort „Precrime“ zusammengefasst hat: die Idee, vorab ermitteln zu können, wer wann wo ein Verbrechen begeht. Demnach weiß man also, wann jemand eine Knarre zückt und zum Mörder wird – und kann das verhindern. Philip K. Dick beschäftigte sich auch mit den daraus entstehenden Ungerechtigkeiten. Denn man kann es sich ja auch mit halb durchgezogenem Abzug noch anders überlegen. Diese Möglichkeit wird einem mit Precrime genommen. Andererseits möchten wir Verbrechen verhindern – und jetzt? Was es heute schon gibt: Software, die berechnet, wo demnächst Straftaten wie Einbrüche zu erwarten sind.
Künstliche Intelligenz ist natürlich mehr als das. Mich fasziniert vor allem, was aus ihr entstehen kann. Mittlerweile sind bei der Rechnerleistung alle Grenzen durchbrochen. Strategische Spiele, ob Schach oder Go, sind von Computern geknackt, obwohl man noch vor zehn Jahren gesagt hat, sie seien nur menschlicher Intelligenz zugänglich. Jetzt hängt die weitere Entwicklung der Roboter davon ab, wie viel künstliche Intelligenz wir ihnen zugestehen. Denn noch basiert ihre Intelligenz auf menschengemachten Regeln. Seit 2018 ermöglichen wir auch ganzen Robotern, dass sie ein eigenes Bewusstsein entwickeln. Wir sind halt nur noch weit davon entfernt, dass sie sich fortpflanzen.
Generell kann man aus Science-Fiction-Literatur mitnehmen, dass wir nicht mit Angst und Ablehnung auf andere und an- deres blicken sollten. Auf das Unbekannte reagieren viele Menschen erstmal skeptisch und vorsichtig, wie beim Weg in ein dunkles Zimmer. In der Robotik und bei Animations-Filmen gibt es zudem das „Uncanny Valley“, also das unheimliche Tal: Menschen gruseln sich vor Maschinen oder Animationen, wenn diese nicht aus- sehen wie Maschinen und zu menschenähnlich wirken. Wir haben im Kopf und Gefühl eine Schublade für Menschen, eine für Maschinen, aber noch keine für Zwischendinge. Wir werden lernen, mit dem Unbekannten umzugehen.
(*) Ich erhalte für diese Kolumne übrigens weder Geld noch sonst irgend etwas. — MB
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