2017 05 Freie Presse: Was die Spurensuche ueber das Denken aussagt: Difference between revisions

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Quelle: Solinger Tageblatt, Ausgabe vom 6. Juli 2017<br>
Freies Wort Ilm-Kreis (E-Paper), Ausgabe vom 13. Mai 2017, Seite 11<br>


=<font color=orange>Die schwierige Suche nach Hanaa S. </font>=  
=<font color=orange>Was die Spurensuche über das Denken aussagt</font>=  


[Weitere [[All Mark Benecke Publications|Artikel von MB]]] [Artikel [http://wiki2.benecke.com/index.php?title=Media#Interviews_.26_Articles <font color=lightgrey>über MB</font>]]<br>
[Weitere [[All Mark Benecke Publications|Artikel von MB]]] [Artikel [http://wiki2.benecke.com/index.php?title=Media#Interviews_.26_Articles <font color=lightgrey>über MB</font>]]<br>


'''VON HANS-PETER MEURER'''<BR>
'''VON DOREEN HUTH'''<BR>


<html><a href="http://wiki2.benecke.com/images/1/1f/2017_07_Solinger_Tageblatt_Hanaa_S.pdf" target="_blank"><img src="http://wiki2.benecke.com/images/e/ec/2017_07_Solinger_Tageblatt_Hanaa_S_preview.jpg" border="0" height="150" align="middle"><figcaption>Klick für's PDF!</figcaption></a></html><br>
<html><a href="http://wiki2.benecke.com/images/0/07/2017_05_Freie_Presse_Was_die_Spurensuche_ueber_das_Denken_aussagt.pdf" target="_blank"><img src="http://wiki2.benecke.com/images/a/aa/2017_05_Freie_Presse_Was_die_Spurensuche_ueber_das_Denken_aussagt_preview.jpg" border="0" height="150" align="middle"><figcaption>Klick für's PDF!</figcaption></a></html><br>


'''Kriminalbiologe Mark Benecke sieht gute Chancen, die Leiche zu finden. Das wäre für den Prozess wichtig.'''<br>
'''Wenn Dr. Mark Benecke zu Besuch kommt, zücken Einsatzkräfte ihr Fortbildungsheftchen. Die voll gepackten Lehrstunden in Kriminalbiologie sind lehrreich, witzig und dürfen angerechnet werden.'''<br>




Für vier Tage unterbrochen wurde die Suche nach der vermutlich getöteten Hanaa 5. (35) in einem Waldgebiet bei Heilbronn. Die Suche werde aber noch in dieser Woche intensiv fortgesetzt, kündigte Staatsanwalt Heribert Kaune-Gebhardt gestern an. Wenn heute der Mordprozess ohne Leiche vor dem Wuppertaler Landgericht mit dem 70. Verhandlungstag fortgesetzt wird, dann sitzt auch der 26-jährige Schwager der seit April 2015 verschwundenen Hanaa S. (35) wieder auf der Anklagebank. „Womöglich gibt es von ihm eine weitere, noch konkretere Einlassung zum eigentlichen Tatgeschehen, zum Transport und zur Ablage der Leiche", sagte der Staatsanwalt.<br>
Wer sich als Kriminalbiologe auf Spurensuche begibt, braucht nur drei Handwerkzeuge: Eine Kamera, Tatortaufkleber und eine Taschenlampe. Umfassender ist die Denkarbeit für Spurenkundler. Einen Einblick in dieses Universum gab der bekannteste Spurenkundler Deutschlands, Dr. Mark Benecke, am Donnerstag in der Stadthalle Arnstadt.<br>




Der Schwager hatte als einer der mutmaßlichen Täter am 69. Verhandlungstag ein Teilgeständnis abgelegt und Mitverantwortung übernommen. Und er wollte der Polizei den Ort zeigen, an dem seine tote Schwägerin in dem Waldstück bei Heilbronn liege.<br>
Zurück zum Thema machte Mark Benecke sein Publikum erst einmal warm mit seinem Beruf. Was macht so ein Spurenkundler eigentlich? Viele kennen die berühmten Kollegen aus dem Fernsehen, wenn sie akribisch Orte des Verbrechens absuchen und mit entscheidenden Hinweisen für Gerechtigkeit sorgen.<br>




Der Angeklagte habe das Waldgebiet wiedererkannt, den genauen Ablageort jedoch nicht, sagte Kaune-Gebhardt. „Das Tatgeschehen ist über zwei Jahre her, und es hat damals im Frühjahr eine ganz andere Vegetation gegeben", hat der Staatsanwalt dafür Verständnis. „Wir sind jedoch in der Eingrenzung des Gebietes ein gehöriges Stück weitergekommen, auch dazu, wie die Leiche abgelegt worden ist." Ob sie vergraben oder nur mit Laub zugedeckt, ob in einen Teppich oder in andere Materialien eingehüllt wurde, darüber schweigt Kaune-Gebhardt unter dem Hinweis, dies könne nur Täterwissen sein. Jedenfalls ist der Ankläger „guter Dinge", nicht nur die Leiche zu finden, sondern auch die Bluttat vollends aufzuklären.<br>
Spurensuche aber beginnt im Kopf. Das zeigte der Kölner anhand von Fotos seiner Reise nach Arnstadt. Dreckige Bahnhofswände zeigen in der Vergrößerung, was sonst nicht gesehen wird. Dazu führte Mark Benecke aus, dass Logik und Menschenverstand die falsche Herangehensweise in der Spurenanalyse sind, weil sie einem Verbrechen eben nicht entsprechen.<br>


Ein Mordprozess mit Leiche ist allemal besser als ein reiner Indizienprozess ohne Leiche." Das sagt der Kölner Dr. Mark Benecke, TV-bekannter Kriminalbiologe (» siehe Kasten). Denn vielfach könne man anhand gefundener Leichen oder Leichenteile selbst noch nach langer Liegedauer des Opfers vieles zur Tat erkennen.<br>


Wo Spuren fehlen, wird der Kriminalbiologe hellhörig. Gewöhnlicher Dreck wird durch Nähe und "kindlicher Neugier" zum Faszinosum. Flechten auf Steinen, Zunftzeichen, Schmierereien, Statuen, Essen: Alles nahm der Kölner unter die Lupe. Er zeigte, wie das vorgefertigte Denken Spuren falsch einordnen lässt, Zusammenhänge erzeugt, die ins eigene Weltbild, nicht aber immer zu den Spuren passen. Er verdeutlichte, wie er als Spurensucher alles mit allem abgleiche, Deutungen vermeide und "am besten gar nicht mehr denkt". Spuren sind Spuren und nicht mehr.<br>


„Der Zersetzungsgrad von Weichteilen an einer Leiche hängt von verschiedenen Faktoren ab wie der Lagerdauer, den Umgebungs-Temperaturen, der Lagerumgebung der Leiche, ob sie vergraben ist und wie tief, ob sie in einen Teppich eingerollt oder ob sie quasi luftdicht in Plastiktüten eingehüllt ist", erklärt der Sachverständige für Tatortspuren. Auch Tierfraß sei möglich: So könnten Wildtiere wie Wildschweine oder Füchse Teile der Leiche angenagt oder weit verteilt haben. Das könne sogar bis zur Totalzerstörung der Leiche führen. „Dann wird die Suche ungleich schwieriger", sagt Dr. Benecke.<br>


Was er in seinem Stadtrundgang für das Publikum vorbereitete, machte er in einem seiner Fälle konkret. Eine Tochter soll ihre Mutter mit 50 Messerstichen in einem geschlossenen Raum ermordet haben. Hass und Gier seien die Motive gewesen. Noch immer sitzt die Frau im Gefängnis und sagt, sie sei unschuldig. Ihr Verlobter und Bekannte aus dem Dorf der Familie wollen den Fall Jahre später wieder aufnehmen lassen und setzen Mark Benecke und sein Team auf eine erneute Spurensuche an. Schritt für Schritt erklärt er die Vorgehensweise, beantwortet zwischenfragen, um auch niemanden mit Strinrunzeln zurückzulassen.<br>


Er habe schon erlebt, dass Wildtiere Leichen sogar ausgebuddelt hätten. Wildtiere machten sich manchmal seltener über Lei-chen her, wenn es mechanische Hindernisse gibt wie kleinwüchsige Nadelbäume im Unterholz, so Beneckes langjährige Berufserfahrung. Die wissenschaftliche Spurensuche beginnt erst mit dem Leichenfund Wenn eine Leiche nur abgelegt worden sei, dann hätten sich diverse Insekten über den Leichnam hergemacht. Da seien meist Ameisen und Schmeißfliegen sowie deren Maden am Werk. Letztere könnten sogar Zähne im Schädel lockern.<br>


Am Ende sind die Spuren eindeutig: Der Raum war nie geschlossen, das Mordmotiv der Tochter ist mehr als dürftig, die Beweislage eine komplett neue. Im Publikum ist die Anspannung einer gemutmaßten Ungerechtigkeit spürbar. Da sitzt eine Frau zu Unrecht im Gefängnis. Das Verfahren muss wieder aufgenommen und Gerechtigkeit hergestellt werden. "Es gibt nur die Wahrheit, nicht das Gute und das Gerechte", sagt der Kriminalbiologe. Dass der Fall eben nicht wieder aufgenommen wurde, liegt an den Kosten eines solchen Verfahrens.<br>


Andererseits habe der Kriminalbiologe auch schon Leichen gesehen, die, in Wäldern abgelegt, einschließlich Bereichen von Weichteilen mehrere Jahre erhalten geblieben wären. Aber selbst wenn man eine Leiche mit großer Zersetzung der Weichteile oder sogar nur noch als Skelett finden würde, bestünden noch Möglichkeiten, die Todesursache und mechanische Verletzungen am Knochen wie Stichspuren eines Messers festzustellen. Dann könne jedes aufgefundene Knöchelchen wichtig sein.<br><br>


Vielleicht sind es solche Erlebnisse, die Mark Benecke in die Politik führen. Quasi der Ausgleich zur puren Wahrheit, ohne Konsequenz. Mit seiner Herangehensweise an die Spurensuche gibt er jedenfalls einen erfrischend sympathischen Politiker ab, der nicht ins Establishment passt.<br><br>


''Mit herzlichem Dank an Hans-Peter Meurer und die Redaktion für die Erlaubnis zur Verwendung.''<br>
 
''Mit herzlichem Dank an Doreen Huthund die Redaktionsgesellschaft von Frankenpost, Neue Presse, Freies Wort, Südthüringer Zeitung und FW Meininger Tageblatt für die Erlaubnis zur Verwendung.''<br>




===<font color=orange>Lesetipps</font>===
===<font color=orange>Lesetipps</font>===
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* [[2003-01 SeroNews: Beneckes Bücherschrank|Die Psycho-Szene]]<br>  


* [[xxx|xxx]]<br>  
* [[2003 SeroNews: Patricia Cornwell: Wer war Jack the Ripper?|Wer war Jack the Ripper?]]<br>  


* [[xxx|xxx]]<br>  
* [[Buchrezension: MN Nyiszli: Im Jenseits der Menschlichkeit. Ein Gerichtsmediziner in Auschwitz|Im Jenseits der Menschlichkeit. Ein Gerichtsmediziner in Auschwitz.]]<br>  


* [[xxx|xxx]]<br>  
* [[2016_03_Schweiz_am_Sonntag:_Ploetzlich_hilft_Kommissar_Zufall| «Plötzlich hilft Kommissar Zufall»]]<br>  


* [[xxx|xxx]]<br>  
* [[2012-10 profil: Das Kartenhaus des Lebens|Das Kartenhaus des Lebens]]<br>  


* [[xxx|xxx]]<br>  
* [[2011 Top Magazin Köln: Dem Verbrechen auf der Spur|Dem Verbrechen auf der Spur]]<br>  
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Revision as of 21:58, 5 July 2017

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Freies Wort Ilm-Kreis (E-Paper), Ausgabe vom 13. Mai 2017, Seite 11

Was die Spurensuche über das Denken aussagt

[Weitere Artikel von MB] [Artikel über MB]

VON DOREEN HUTH

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Wenn Dr. Mark Benecke zu Besuch kommt, zücken Einsatzkräfte ihr Fortbildungsheftchen. Die voll gepackten Lehrstunden in Kriminalbiologie sind lehrreich, witzig und dürfen angerechnet werden.


Wer sich als Kriminalbiologe auf Spurensuche begibt, braucht nur drei Handwerkzeuge: Eine Kamera, Tatortaufkleber und eine Taschenlampe. Umfassender ist die Denkarbeit für Spurenkundler. Einen Einblick in dieses Universum gab der bekannteste Spurenkundler Deutschlands, Dr. Mark Benecke, am Donnerstag in der Stadthalle Arnstadt.


Zurück zum Thema machte Mark Benecke sein Publikum erst einmal warm mit seinem Beruf. Was macht so ein Spurenkundler eigentlich? Viele kennen die berühmten Kollegen aus dem Fernsehen, wenn sie akribisch Orte des Verbrechens absuchen und mit entscheidenden Hinweisen für Gerechtigkeit sorgen.


Spurensuche aber beginnt im Kopf. Das zeigte der Kölner anhand von Fotos seiner Reise nach Arnstadt. Dreckige Bahnhofswände zeigen in der Vergrößerung, was sonst nicht gesehen wird. Dazu führte Mark Benecke aus, dass Logik und Menschenverstand die falsche Herangehensweise in der Spurenanalyse sind, weil sie einem Verbrechen eben nicht entsprechen.


Wo Spuren fehlen, wird der Kriminalbiologe hellhörig. Gewöhnlicher Dreck wird durch Nähe und "kindlicher Neugier" zum Faszinosum. Flechten auf Steinen, Zunftzeichen, Schmierereien, Statuen, Essen: Alles nahm der Kölner unter die Lupe. Er zeigte, wie das vorgefertigte Denken Spuren falsch einordnen lässt, Zusammenhänge erzeugt, die ins eigene Weltbild, nicht aber immer zu den Spuren passen. Er verdeutlichte, wie er als Spurensucher alles mit allem abgleiche, Deutungen vermeide und "am besten gar nicht mehr denkt". Spuren sind Spuren und nicht mehr.


Was er in seinem Stadtrundgang für das Publikum vorbereitete, machte er in einem seiner Fälle konkret. Eine Tochter soll ihre Mutter mit 50 Messerstichen in einem geschlossenen Raum ermordet haben. Hass und Gier seien die Motive gewesen. Noch immer sitzt die Frau im Gefängnis und sagt, sie sei unschuldig. Ihr Verlobter und Bekannte aus dem Dorf der Familie wollen den Fall Jahre später wieder aufnehmen lassen und setzen Mark Benecke und sein Team auf eine erneute Spurensuche an. Schritt für Schritt erklärt er die Vorgehensweise, beantwortet zwischenfragen, um auch niemanden mit Strinrunzeln zurückzulassen.


Am Ende sind die Spuren eindeutig: Der Raum war nie geschlossen, das Mordmotiv der Tochter ist mehr als dürftig, die Beweislage eine komplett neue. Im Publikum ist die Anspannung einer gemutmaßten Ungerechtigkeit spürbar. Da sitzt eine Frau zu Unrecht im Gefängnis. Das Verfahren muss wieder aufgenommen und Gerechtigkeit hergestellt werden. "Es gibt nur die Wahrheit, nicht das Gute und das Gerechte", sagt der Kriminalbiologe. Dass der Fall eben nicht wieder aufgenommen wurde, liegt an den Kosten eines solchen Verfahrens.


Vielleicht sind es solche Erlebnisse, die Mark Benecke in die Politik führen. Quasi der Ausgleich zur puren Wahrheit, ohne Konsequenz. Mit seiner Herangehensweise an die Spurensuche gibt er jedenfalls einen erfrischend sympathischen Politiker ab, der nicht ins Establishment passt.


Mit herzlichem Dank an Doreen Huthund die Redaktionsgesellschaft von Frankenpost, Neue Presse, Freies Wort, Südthüringer Zeitung und FW Meininger Tageblatt für die Erlaubnis zur Verwendung.


Lesetipps



Dr. rer. medic. Mark Benecke · Diplombiologe (verliehen in Deutschland) · Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für kriminaltechnische Sicherung, Untersuchung u. Auswertung von biologischen Spuren (IHK Köln) · Landsberg-Str. 16, 50678 Köln, Deutschland, E-Mail: forensic@benecke.com · www.benecke.com · Umsatzsteueridentifikationsnummer: ID: DE212749258 · Aufsichtsbehörde: Industrie- und Handelskammer zu Köln, Unter Sachsenhausen 10-26, 50667 Köln, Deutschland · Fallbearbeitung und Termine nur auf echtem Papier. Absprachen per E-mail sind nur vorläufige Gedanken und nicht bindend. 🗺 Dr. Mark Benecke, M. Sc., Ph.D. · Certified & Sworn In Forensic Biologist · International Forensic Research & Consulting · Postfach 250411 · 50520 Cologne · Germany · Text SMS in criminalistic emergencies (never call me): +49.171.177.1273 · Anonymous calls & suppressed numbers will never be answered. · Dies ist eine Notfall-Nummer für SMS in aktuellen, kriminalistischen Notfällen). · Rufen Sie niemals an. · If it is not an actual emergency, send an e-mail. · If it is an actual emergency, send a text message (SMS) · Never call. · Facebook Fan Site · Benecke Homepage · Instagram Fan Page · Datenschutz-Erklärung · Impressum · Archive Page · Kein Kontakt über soziale Netzwerke. · Never contact me via social networks since I never read messages & comments there.