2014 04 26 Volksstimme Haldensleben: Audienz in der Kulturfabrik
Quelle: Volksstimme Haldensleben, 26. April 2014
"Herr der Maden" gibt Audienz in der Kulturfabrik
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Von: André Ziegenmeyer
Mark Benecke erklärt vor ausverkauftem Haus den Nutzen von Bakterien und Insekten für die Kriminalbiologie.
Rockmusik,
ein Stehpult mit Totenschädel
und Laptop sowie ganz viele
schräge Fotos: Einen unterhaltsamen
Abend der etwas
anderen Art hat die Stadt- und
Kreisbibliothek Haldensleben
in der Kulturfabrik präsentiert.
Der Kriminalbiologe Dr. Mark
Benecke plauderte drei Stunden
lang ungezwungen aus
dem Nähkästchen - und der
Saal war mit über 200 Gästen
brechend voll. Schon Wochen
im Voraus war die Veranstaltung
ausverkauft. Dabei war
das Thema des Abends nicht
unbedingt etwas für zart besaitete
Gemüter. Es lautete: "Insekten
auf Leichen".
Was nach einer eher getragenen
Veranstaltung klingt,
war tatsächlich ausgesprochen
unterhaltsam. Was nicht zuletzt
an der lockeren Art von
Mark Benecke lag. Schwarzen
Humor brauchte es allerdings auch. Krankenpflegerinnen,
Polizisten und Feuerwehrleute
konnten sich den Abend sogar
als Fortbildung anerkennen
lassen. Darüber hinaus hatten
sich die Gäste das Thema selbst
ausgesucht. Alternativ hätten
unter anderem auch "Genetische
Fingerabdrücke" und
"Autoerotische Unfälle" zur
Wahl gestanden.
In einer Einführung beleuchtete
Benecke zunächst
die Sicht- und Arbeitsweise
von Kriminalbiologen. Oberster
Grundsatz: "Glauben Sie nichts. Wenn möglich, prüfen Sie alles
selbst." Und weiter: "Warum
etwas passiert ist, interessiert
uns nicht. Danach fragen Polizisten
und Staatsanwälte. wir
sind die, die sammeln und sortieren."
Anhand eines realen
Mordfalls zeigte Benecke, wie
Vorurteile die Wahrnehmung
beeinflussen - und damit zu
falschen Gerichtsurteilen führen
können. Konkret ging es
um einen Mann, der wegen
angeblichen Mordes 14 Jahre
zu unrecht im Gefängnis saß.
"Man muss den Kopf völlig frei
machen. Sonst sieht man oft
nur, was man sehen will."
Danach wurde es noch etwas
intensiver. Denn zu den
vielen Fragen der Kriminalbiologie
zählt auch Folgendes:
Wie lange ist ein vermeintliches
Mordopfer schon tot? Um
das klären, gibt es eine Reihe
"natürlicher Helfer". Laut Mark
Benecke spielen dabei vor allem Bakterien eine Rolle. Jedes sondert
einen besonderen Geruch
ab, der sich mit Hilfe spezieller
Geräte exakt messen lässt.
Auch Insekten ließen sich zu
ganz bestimmten Zeitpunkten
nieder. Zusammen mit den
Bakterien könne man sie "wie
eine Uhr" nutzen. Doch ganz
so einfach ist das Kriminalisten-
Handwerk trotzdem nicht.
Schon kleinste klimatische
Veränderungen könnten alles
wieder durcheinander bringen.
Dass dieses Thema Mark
Benecke am Henen liegt, lässt
sich auch daran ablesen, dass er
sich selbst als "Herr der Maden"
bezeichnet. Alle Ausführungen
untermauerte Mark Benecke
mit authentischen Fallbeispielen.
Das dabei präsentierte
Bildmaterial war teils deftig.
Aber das publikum ließ sich davon
nicht beirren: Es warvöllig
gebannt und bedankte sich mit
tosendem Applaus.
Mit herzlichem Dank an André Ziegenmeyer und die Redaktion der Volksstimme Haldensleben für die Freigabe und die Genehmigung zur Veröffentlichung.
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