Hutter: Difference between revisions

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[[Image:melchior.jpg|thumb|left|Comic tale *Melchior Grün* by Michael Hutter]] Michael Hutters und mein Urgroßvater hatten denselben Nachnamen. Eines Tages trugen wir durch Zufall die gleichen Brillengestelle auf unseren Nasen. Später hatten wir die gleiche Frisur oder den gleichen Bart, und irgendwann einmal haben wir zusammen die von Hutter zu Ende gedachte und gezeichnete Geschichte des Rattenfängers von Hameln verlegt. <br /><br /> Unsere Biographien sind verschoben. Was Hutter zu Leinwand und Papier bringt, bietet sich mir manchmal im Alltag dar: Tanzende Menschen in Fehlfarben, mit organischen Teilen befüllte Säcke, ausfließende Schalen voll Blut, zerfallende Steine und verschüttete Seelen vor endlos tiefen Abgründen. Dabei ist Hutter meiner Wahrnehmung stets voraus; was sich in seinen Bildern andeutet, wird in meiner kriminalistisch durchtränkten Welt manchmal später wahr. Während mich Kamerateams umschwirren und vom Forscher zum Idol der nächsten Generation stilisieren möchten, arbeitet Hutter in Stille und mit unermüdlicher Konzentration an seinen Werken. Feine Pinselstriche gingen dabei im Laufe der Jahre ins Gröbere, das Hochdetaillierte übers Abstrakte ins Volle und Ausgereifte.<br>  
[[Image:melchior.jpg|thumb|500px|left|Comic tale *Melchior Grün* by Michael Hutter]][[Image:hutter2.jpg|thumb|200px|right|Invitation of Hutter exhibition]]  Michael Hutters und mein Urgroßvater hatten denselben Nachnamen. Eines Tages trugen wir durch Zufall die gleichen Brillengestelle auf unseren Nasen. Später hatten wir die gleiche Frisur oder den gleichen Bart, und irgendwann einmal haben wir zusammen die von Hutter zu Ende gedachte und gezeichnete Geschichte des Rattenfängers von Hameln verlegt.<br>




[[Image:hutter2.jpg|thumb|right|Invitation of Hutter exhibition]]Hutters Stile veränderten sich - besonders unvermittelt zur Zeit der Schwangerschaft seiner Frau -, seine Farb- und Formbeherrschung nie. Viele seiner bisherigen Ausstellungen waren daher so beeindruckend, daß die Besucher sich noch heute genau daran erinnern können, wo ein bestimmtes Bild hing. Ergänzend beigetragen hat dazu auch die Wahl der Ausstellungsorte, darunter die Wohnung seiner Großmutter am Kölner Grüngürtel, die enormen Räume seiner jetzigen Galerie Skala, seine eigenen Ateliers und ein nobles Düsseldorfer Architekturbüro. Hutters Bilder begleiten mich seit einem Dezennium, und es sind vor allem Bilder aus seiner Vergangenheit, die von meinen Wänden schauen: das ''Große Kitschbild'', über das er künstlerisch weit hinausgewachsen ist, und die ''Drei Hüte'', von denen seine Ehefrau, die zugleich meine langjährige Kommilitonin und Retterin einer Botanikklausur ist, sagt, daß sie abscheulich seien.<br /><br /> Manchmal begegne ich Geistesverwandten, so im New Yorker Keller George Highams, der dort Puppenfilme nach der Vorlage von Edgar Allan Poe-Geschichten dreht. Das Set könnte samt Lichtsetzung von Hutter inspiriert sein - oder umgekehrt. Seltsam nur, daß die beiden Künstler sich nie kennengelernt haben. Teile der Körper, die Hutter früher auch als meterhohe Plastiken darstellte, scheinen sich in Highams Keller auf verstaubten Minibühnen wiederzufinden. Zwei ungewöhnliche Kunstbücher, die auch in Hutters Regal stehen, finden sich in einer anderen Kellerecke. Vielleicht verbindet das Hutter, Higham und mich: im seelischen Tiefschwarz klarer zu sehen als im Hellen. <br /><br /> Etwas Neues beginnt: Michael Hutter hat seine schwarzweißen Bildgeschichten, von denen eine auf dem Comicmarkt bereits als Rarität in den Sammlerkatalogen geführt wird, umkonzeptioniert. Mit einem Textverarbeitungsprogramm zusätzlich bewaffnet, arbeitet Hutter als Zeichner an einer neuen Genregattung, den ''Moritaten von Melchior Grün.'' Selten habe ich mir so vergnügt die Hände gerieben wie bei diesen Geschichten, in denen sich Fluchten, Früchte und Fürchten zu einem - überdies fein erzählten - Bilderbuchreigen zusammentun.<br /><br /> Es bleibt spannend in Hutters Welt, und die aktuelle Ausstellung trägt dazu bei, die Tür in diese Welt weiter zu öffnen.<br><br>
Unsere Biographien sind verschoben. Was Hutter zu Leinwand und Papier bringt, bietet sich mir manchmal im Alltag dar: Tanzende Menschen in Fehlfarben, mit organischen Teilen befüllte Säcke, ausfließende Schalen voll Blut, zerfallende Steine und verschüttete Seelen vor endlos tiefen Abgründen. Dabei ist Hutter meiner Wahrnehmung stets voraus; was sich in seinen Bildern andeutet, wird in meiner kriminalistisch durchtränkten Welt manchmal später wahr. Während mich Kamerateams umschwirren und vom Forscher zum Idol der nächsten Generation stilisieren möchten, arbeitet Hutter in Stille und mit unermüdlicher Konzentration an seinen Werken. Feine Pinselstriche gingen dabei im Laufe der Jahre ins Gröbere, das Hochdetaillierte übers Abstrakte ins Volle und Ausgereifte.<br>
 
 
Hutters Stile veränderten sich - besonders unvermittelt zur Zeit der Schwangerschaft seiner Frau -, seine Farb- und Formbeherrschung nie. Viele seiner bisherigen Ausstellungen waren daher so beeindruckend, daß die Besucher sich noch heute genau daran erinnern können, wo ein bestimmtes Bild hing. Ergänzend beigetragen hat dazu auch die Wahl der Ausstellungsorte, darunter die Wohnung seiner Großmutter am Kölner Grüngürtel, die enormen Räume seiner jetzigen Galerie Skala, seine eigenen Ateliers und ein nobles Düsseldorfer Architekturbüro. Hutters Bilder begleiten mich seit einem Dezennium, und es sind vor allem Bilder aus seiner Vergangenheit, die von meinen Wänden schauen: das ''Große Kitschbild'', über das er künstlerisch weit hinausgewachsen ist, und die ''Drei Hüte'', von denen seine Ehefrau, die zugleich meine langjährige Kommilitonin und Retterin einer Botanikklausur ist, sagt, daß sie abscheulich seien.<br>
 
 
Manchmal begegne ich Geistesverwandten, so im New Yorker Keller George Highams, der dort Puppenfilme nach der Vorlage von Edgar Allan Poe-Geschichten dreht. Das Set könnte samt Lichtsetzung von Hutter inspiriert sein - oder umgekehrt. Seltsam nur, daß die beiden Künstler sich nie kennengelernt haben. Teile der Körper, die Hutter früher auch als meterhohe Plastiken darstellte, scheinen sich in Highams Keller auf verstaubten Minibühnen wiederzufinden. Zwei ungewöhnliche Kunstbücher, die auch in Hutters Regal stehen, finden sich in einer anderen Kellerecke. Vielleicht verbindet das Hutter, Higham und mich: im seelischen Tiefschwarz klarer zu sehen als im Hellen.<br>
 
 
Etwas Neues beginnt: Michael Hutter hat seine schwarzweißen Bildgeschichten, von denen eine auf dem Comicmarkt bereits als Rarität in den Sammlerkatalogen geführt wird, umkonzeptioniert. Mit einem Textverarbeitungsprogramm zusätzlich bewaffnet, arbeitet Hutter als Zeichner an einer neuen Genregattung, den ''Moritaten von Melchior Grün.'' Selten habe ich mir so vergnügt die Hände gerieben wie bei diesen Geschichten, in denen sich Fluchten, Früchte und Fürchten zu einem - überdies fein erzählten - Bilderbuchreigen zusammentun.<br>
 
 
Es bleibt spannend in Hutters Welt, und die aktuelle Ausstellung trägt dazu bei, die Tür in diese Welt weiter zu öffnen.<br><br>




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* [[All Prefaces|Alle Vorworte von MB]]<br>  
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* [[xxx|xxx]]<br>  
* [[2017 04 Maerkische Allgemeine: Replikanten|"Die Replikanten sind fast perfekt"]]<br>
 
* [[2007-06: Snuff. Remarks on a forensically relevant topic of movie and internet history|Snuff. Remarks on a forensically relevant topic of movie and internet history]] <font size="-2" color="#FF0000" face="helvetica">ENGLISH TEXT</font><br>
 
* [[1998 06 max: Der Herr der Maden|Der Herr der Maden]]<br>
 
* [[1997 Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft für Rechtsmedizin: SPONTANE SELBSTENTZÜNDUNG VOM MENSCHEN (SPONTANEOUS HUMAN COMBUSTION, SHC): WIDERLEGUNG EINES KAPITELS AUS DEM VOLKSGLAUBEN|Spontane Selbstentzündung von Menschen]]<br>
 
* [[Vom Haengen und Wuergen|Vom Hängen und Würgen]]<br>
 
* [[2000 12 SZ: I am not dead yet|I am not dead yet - Ein Gen namens indy]]<br>
 
* [[2001 03 Die Zeit: Kirkwood - Zeit unseres Lebens|Kirkwood - Zeit unseres Lebens]]<br>
 
* [[2018 Vorwort: Leben mit einer Depression|Nur in meinem Kopf: Leben mit einer Depression]]<br>


* [[xxx|xxx]]<br>  
* [[Vorwort Mark Benecke: M. Kruppe: Weizenfelder|Und in mir Weizenfelder]] (Vorwort)<br>


* [[xxx|xxx]]<br>  
* [[2001 11 FAZ: Geheimnisvolles Leben im Rechner|Geheimnisvolles Leben im Rechner]]<br>


* [[xxx|xxx]]<br>  
* [[2019 Foreword to RAVAGE – An Infernal Hannibal Anthology|RAVAGE – An Infernal Hannibal]] (Vorwort) <font size="-2" color="#FF0000" face="helvetica">ENGLISH TEXT</font><br>
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Latest revision as of 13:32, 23 August 2019

Quelle: Text and picture from Michael Hutter: Schattenreiche.
Ausstellungskatalog, Konrad-Adenauer-Stiftung, Bonn, 2.-30. Mai 2000, 56 Seiten, HC, Leinen, Seiten 10 bis 11

Verschobene Leben

Works of Michael Hutter

[Weitere Artikel von MB] [Artikel über MB]

VON MARK BENECKE


Left side: Cover of Michael Hutter's Melchior Grün tale. A tale with beautiful pictures, I should say! Buy Michael Hutter's most exciting, entertaining, cruel, and delighting stories at Hutter´s Homepage'


Comic tale *Melchior Grün* by Michael Hutter
Invitation of Hutter exhibition

Michael Hutters und mein Urgroßvater hatten denselben Nachnamen. Eines Tages trugen wir durch Zufall die gleichen Brillengestelle auf unseren Nasen. Später hatten wir die gleiche Frisur oder den gleichen Bart, und irgendwann einmal haben wir zusammen die von Hutter zu Ende gedachte und gezeichnete Geschichte des Rattenfängers von Hameln verlegt.


Unsere Biographien sind verschoben. Was Hutter zu Leinwand und Papier bringt, bietet sich mir manchmal im Alltag dar: Tanzende Menschen in Fehlfarben, mit organischen Teilen befüllte Säcke, ausfließende Schalen voll Blut, zerfallende Steine und verschüttete Seelen vor endlos tiefen Abgründen. Dabei ist Hutter meiner Wahrnehmung stets voraus; was sich in seinen Bildern andeutet, wird in meiner kriminalistisch durchtränkten Welt manchmal später wahr. Während mich Kamerateams umschwirren und vom Forscher zum Idol der nächsten Generation stilisieren möchten, arbeitet Hutter in Stille und mit unermüdlicher Konzentration an seinen Werken. Feine Pinselstriche gingen dabei im Laufe der Jahre ins Gröbere, das Hochdetaillierte übers Abstrakte ins Volle und Ausgereifte.


Hutters Stile veränderten sich - besonders unvermittelt zur Zeit der Schwangerschaft seiner Frau -, seine Farb- und Formbeherrschung nie. Viele seiner bisherigen Ausstellungen waren daher so beeindruckend, daß die Besucher sich noch heute genau daran erinnern können, wo ein bestimmtes Bild hing. Ergänzend beigetragen hat dazu auch die Wahl der Ausstellungsorte, darunter die Wohnung seiner Großmutter am Kölner Grüngürtel, die enormen Räume seiner jetzigen Galerie Skala, seine eigenen Ateliers und ein nobles Düsseldorfer Architekturbüro. Hutters Bilder begleiten mich seit einem Dezennium, und es sind vor allem Bilder aus seiner Vergangenheit, die von meinen Wänden schauen: das Große Kitschbild, über das er künstlerisch weit hinausgewachsen ist, und die Drei Hüte, von denen seine Ehefrau, die zugleich meine langjährige Kommilitonin und Retterin einer Botanikklausur ist, sagt, daß sie abscheulich seien.


Manchmal begegne ich Geistesverwandten, so im New Yorker Keller George Highams, der dort Puppenfilme nach der Vorlage von Edgar Allan Poe-Geschichten dreht. Das Set könnte samt Lichtsetzung von Hutter inspiriert sein - oder umgekehrt. Seltsam nur, daß die beiden Künstler sich nie kennengelernt haben. Teile der Körper, die Hutter früher auch als meterhohe Plastiken darstellte, scheinen sich in Highams Keller auf verstaubten Minibühnen wiederzufinden. Zwei ungewöhnliche Kunstbücher, die auch in Hutters Regal stehen, finden sich in einer anderen Kellerecke. Vielleicht verbindet das Hutter, Higham und mich: im seelischen Tiefschwarz klarer zu sehen als im Hellen.


Etwas Neues beginnt: Michael Hutter hat seine schwarzweißen Bildgeschichten, von denen eine auf dem Comicmarkt bereits als Rarität in den Sammlerkatalogen geführt wird, umkonzeptioniert. Mit einem Textverarbeitungsprogramm zusätzlich bewaffnet, arbeitet Hutter als Zeichner an einer neuen Genregattung, den Moritaten von Melchior Grün. Selten habe ich mir so vergnügt die Hände gerieben wie bei diesen Geschichten, in denen sich Fluchten, Früchte und Fürchten zu einem - überdies fein erzählten - Bilderbuchreigen zusammentun.


Es bleibt spannend in Hutters Welt, und die aktuelle Ausstellung trägt dazu bei, die Tür in diese Welt weiter zu öffnen.


Lesetipps


Dr. rer. medic. Mark Benecke · Diplombiologe (verliehen in Deutschland) · Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für kriminaltechnische Sicherung, Untersuchung u. Auswertung von biologischen Spuren (IHK Köln) · Landsberg-Str. 16, 50678 Köln, Deutschland, E-Mail: forensic@benecke.com · www.benecke.com · Umsatzsteueridentifikationsnummer: ID: DE212749258 · Aufsichtsbehörde: Industrie- und Handelskammer zu Köln, Unter Sachsenhausen 10-26, 50667 Köln, Deutschland · Fallbearbeitung und Termine nur auf echtem Papier. Absprachen per E-mail sind nur vorläufige Gedanken und nicht bindend. 🗺 Dr. Mark Benecke, M. Sc., Ph.D. · Certified & Sworn In Forensic Biologist · International Forensic Research & Consulting · Postfach 250411 · 50520 Cologne · Germany · Text SMS in criminalistic emergencies (never call me): +49.171.177.1273 · Anonymous calls & suppressed numbers will never be answered. · Dies ist eine Notfall-Nummer für SMS in aktuellen, kriminalistischen Notfällen). · Rufen Sie niemals an. · If it is not an actual emergency, send an e-mail. · If it is an actual emergency, send a text message (SMS) · Never call. · Facebook Fan Site · Benecke Homepage · Instagram Fan Page · Datenschutz-Erklärung · Impressum · Archive Page · Kein Kontakt über soziale Netzwerke. · Never contact me via social networks since I never read messages & comments there.