2008 11 Archiv fuer Kriminologie: Leichen Entsorgung in einer Biotonne
Quelle: Archiv für Kriminologie, Band 222, Heft 5 und 6 (November/Dezember 2008), Seiten 195 bis 201
Leichen-"Entsorgung" in einer Biotonne
Zwei forensisch-entomologische Fallberichte
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VON DIPL.-BIOL. SASKIA REIBE, DR. MED. MARCO STREHLER, DR. MED. FELIX MAYER,
DR. MED. LARS ALTHAUS, PROF. DR. MED. BURKHARD MADEA und MARK BENECKE
Zusammenfassung
Bericht über zwei Fälle aus dem Ruhrgebiet, in denen der Verstorbene jeweils in einer Biotonne im heimischen Garten aufgefunden wurde. Beide Male gaben die Hinterbliebenen an, es sei ein natürlicher Tod vorausgegangen und das Lagern bzw. Verbergen habe nur dazu gedient, die Bezüge aus Pflege- bzw. Rentenversicherung weiterhin zu beziehen. In Fall 1 gab die Verantwortliche eine Leichenliegezeit von ca. 3 Jahren an, in Fall 2 soll es sich um ein halbes Jahr gehandelt haben. In beiden Fällen war eine Verpackung der Leiche in Plastiksäcken vorgenommen worden. Der Insektenbefall stellte sich trotz der geschlossenen Tonne arten- und umfangreich dar: Es fanden sich in beiden Fällen leere Puppenhüllen von mehreren Schmeißfliegenarten, in Fall 1 außerdem Käfer der Familie der Stutzkäfer und Puparien der sog. Latrinenfliege Fannia scalaris. Im Fall 2 wurden zusätzlich Buckelfliegen und Larvenhäute von Speckkäfern gefunden.
Schlüsselwörter: Forensische Entomologie - Mülltonne - Leichenliegezeit
Dumping of corpses in compost bins - two forensic entomological case reports
Summary
Two cases from the Ruhr Area in Western Germany are presented. In each case, the deceased had been wrapped in plastic bags and placed inside a large compost bin in the backyard of the property. In both cases, the relatives claimed that the decedent had died from a natural cause and that they had concealed the body to ensure the further payment of the nursing care and pension benefits. In the first case, the responslble person stated that the body had been inside the bin for three years; in case 2 the postmortem intervall indicated was 6 months. In spite of the closed lid of the bin the insect infestatlon was extensive and rich in species: Empty pupal cases of several blowfly species were colleted as weIl as histerids and pupal cases of Fannia scalaris in the fIrst case. In case 2, phorids and larval skins of dermestids were also found.
Keywords: Forensic entomology - Compost bin - Post-mortem interval
1. Einleitung
Das Arbeitsgebiet der Forensischen Entomologie beinhaltet die Asservierung, Identifizierung und Auswertung aller insektenkundlicher Spuren, die im Zusammenhang mit Todesfällen und deren Aufklärung stehen [1]. In den beiden hier beschriebenen Fällen wurde jeweils ein Leichnam von den Angehörigen in die heimische Biotonne verbracht. Im ersten Fall wurde eine Liegezeit von ungefähr 3 Jahren, im zweiten Fall von einem halben Jahr angegeben. Die Auswertung der insektenkundlichen Asservate von Biotonne und Leichnam sollte die Angaben zur Leichenliegezeit überprüfen.
Die Bestimmung der Postmortalzeit anhand der am Leichnam gefundenen Insekten kann durch eine Altersberechnung der ältesten auf dem Leichnam fressenden Fliegenmaden durchgeführt werden. Kurz nach dem Tod fliegen Schmeißfliegen bei günstigen Wetterbedingungen und gegebener Zugänglichkeit zur Leiche diese an, um ihre Eier abzulegen. Optimalbedingungen für Schmeißfliegen sind eine im Freien liegende Leiche, kein Regen und Temperaturen um 25 °C [2]. Wird jedoch der Reiz, Eier abzulegen entsprechend groß, begeben sich die Tiere auch an schwer zugängliche Stellen, durch Ritzen, in Wohnungen oder Verpackungen. Die schlüpfenden Maden entwickeln sich temperaturabhängig. In einem gewissen Temperaturbereich gilt: je wärmer, desto schneller [3]. Nachdem die Larven aus dem Ei geschlüpft sind, durchlaufen sie drei Larvalstadien, in denen sie fressen und wachsen. Nach Beendigung des dritten Larvalstadiums gehen die Tiere in das Post-feeding-Stadium über und verlassen den Leichnam, um sich in Vorbereitung auf das Verpuppungsstadium zu verstecken [4].
Über die Länge und das Entwicklungsstadium kann unter Einbeziehung der am Fundort herrschenden Temperaturen das Alter der Larve bestimmt werden, welches einer minimalen LeIchenliegezelt entspricht. Diese Methode kann im Sommer in einem Zeitraum von eInem Monat post mortem zuverlässig angewendet werden. Ist eine Leiche über einen Zeitraum von mehreren Monaten für Insekten zugänglich, wird die Leiche sukzessive von verschiedenen Fliegen- und Käferarten besiedelt, zusätzlich zu den erstbesiedelnden SchmeIßfliegen (Calliphoridae) [5]. Es entsteht eine Besiedlungsabfolge, die gerade in ländlichen Habitaten sehr artenreich und vielfältig sein kann. Die verschiedenen Arten können aufgrund Ihrer Ökologie und Lebensweise Hinweise auf z. B. die Jahreszeit geben in der ein Leichnam Ins Freie gebracht wurde.
2. Kasuistik
2 .1 Auffindesituation
Fall 1 (3 Jahre Liegezeit)
Im Januar 2005 wurde die Leiche eines über 80 Jahre alten Mannes, in Plastiksäcken verpackt, in einer handelsüblichen 240-Liter-Biotonne im Garten einer Doppelhaushälfte im Ruhrgebiet gefunden (Abb. 1). Die Bewohnerin des Hauses eine ausgebildete Altenpflegerin, gab an, ihren Vater, den sie bis zu seinem Tode zu Hause gepflegt hatte, vor drei Jahren in die Biotonne verbracht zu haben, um weiterhin dessen Rente und das Geld der Pflegeversicherung zu erhalten. Die Leiche wurde entdeckt, da die Tochter einem überfälligen Besuch des Amtsarztes zur Kontrolle der Pflegesituation nicht mehr entgehen konnte und sich selbst der Polizei stellte. Die Biotonne stand im Garten hinter der angebauten Garage und war von Unrat und Sperrmüll umgeben. Der Gesamtzustand des Hauses und des Gartens war unordentlich und teilweise vermüllt.
Fall 2 (l/2-jährige Liegezeit)
Im November 2006 stellte sich im Ruhrgebiet ein 45-jähriger Mann der Polizei und gab an, in der mitgeführten Biotonne den Leichnam seines 85 Jahre alt gewordenen Vaters gelagert zu haben (Abb. 2). Die Tonne habe mitsamt dem Leichnam seit Mai 2006 im heimischen Garten gestanden. Aus einer finanziellen Notlage heraus habe er entschieden, den natürlichen Tod seines Vaters nicht zu melden sondern dessen Rente trotz des Ablebens weiterhin zu beziehen. Der Leichnam war in Plastiksäcken verpackt und anschließend in die Biotonne verbracht worden die neben den anderen Mülltonnen im Garten stand. Der Garten sowie das gesamte Haus waren sehr ordentlich und sauber.
2.2 Sektionsbefunde
Fall 1 (3 Jahre Liegezeit)
In Müllsäcken verpackte Leichenteile mit einer Gesamtmasse von 28 kg. Obenauf lagen in der Kompostmülltonne Teile der unteren Körperhälfte mit Anteilen des Beckens sowie beide Oberschenkelknochen und beide Unterschenkel. In zwei weiteren, gleichartig ineinander gelegten Müllsäcken fanden sich am Boden der Mülltonne Teile der oberen Körperhälfte mit dem Brustkorb, den oberen Extremitäten, der Wirbelsäule sowie dem Kopf. Die Leichenteile waren insgesamt einem Leichnam zuzuordnen. Den Leichenteilen hafteten Textilgewebsreste an (z. B. Socken, Hose etc.).
Nach Adaptation weitgehend skelettierte und hochgradig fäulnisveränderte Leiche eines Mannes (Abb. 3). Typische männliche Skelettmerkmale mit ausgeprägten Augenbrauenwülsten und männlich konfiguriertem Becken. Reste von Weichteilgewebe lediglich noch im Bereich des Schädels, des linken Kniegelenkes sowie der Schulterregion. Zerfließliche Reste des Gehirns. Intaktes Kehlkopfskelett und Zungenbein. Keine nachweisbaren Schartenspuren und keine sonstigen frischen Verletzungen im Bereich des postcranialen Skeletts oder des Schädels. Ober- und Unterkiefer zahnlos. Die am Skelett erhobenen Befunde deuteten auf einen Mann im höheren Lebensalter hin.
Die Todesursache war durch die Obduktion wegen der weitgehenden Skelettierung und Weichgewebsaufzehrung nicht zu klären. Eindeutige Hinweise auf eine fremde, mechanische, todesursächliche Gewalteinwirkung erbrachte die Obduktion nicht. Die Anordnung und Verpackung der Leichenteile (untere und obere Körperhälfte in jeweils getrennten Plastiktüten) sprach für eine Zerteilung des Körpers etwa in Höhe des Bauchnabels, ohne dass eine solche Leichenzerstückelung aus den Befunden sicher objektiviert werden konnte.
Fall 2 (l/2-jährige Liegezeit)
Stark fäulnisveränderter Leichnam eines Mannes (Abb. 4). Körpergröße 167 cm, Körpermasse mit Tüten 52,7 kg. Weit fortgeschrittene Fäulnis mit Epidermolyse, abgelösten Fingernägeln, leicht ausziehbaren Haaren sowie Fäulnisgasdunsung. Im Bereich der Beine beginnende Fettwachsbildung. Hochgradige Arteriosklerose der Körperhauptschlagader und ihrer großen Äste. Hochgradige Koronarsklerose mit nahezu vollständigem Verschluss des vorderen absteigenden Astes. Fragliches frisches Blutgerinnsel in der rechten Herzkranzschlagader. Brustbeinquerbruch zwischen der zweiten und dritten Rippe ohne Einblutungen. Prothetischer Ersatz des rechten Hüftgelenks. Am rechten Oberschenkelknochen eine Metallplatte mit 10 Schrauben. Fragliches Druckgeschwür im Bereich des Kreuzbeins.
Die Todesursache war durch die Obduktion nicht eindeutig zu klären. Als potentiell todesursächlicher Befund könnte die hochgradige Koronarsklerose mit einem fraglichen thrombotischen Verschluss der rechten Herzkranzschlagader herangezogen werden. Es fanden sIch keIne HInweIse auf eIne todesursächliche mechanische Gewalteinwirkung.
Der genannte Brustbeinquerbruch könnte möglicherweise durch eine Laien-Reanimation der Angehörigen entstanden sein oder auch beim Verbringen des Leichnams in die Tonne. Des Weiteren ist nicht ausgeschlossen, dass es sich nicht um einen eigentlichen Bruch handelte, sondern um die fäulnisbedingt gelockerte Verbindung zwischen Manubrium sterni und Corpus sterni. Da Folgeaufträge ausblieben, wurde auf eine genaue Darstellung des Bruches verzichtet.
2.3 Entomologische Befunde
Fall 1 (3 Jahre Liegezeit)
Sowohl am Leichnam als auch aus der Biotonne konnten Insektenspuren asserviert werden. Es wurden leere Puparien der Dipteren-Familien Phoridae (Buckelfliegen) und Calliphoridae (SchmeIßfliegen) gesammelt. Des Weiteren konnten leere Puparien der Art Fannia scalans (Latrinenfliege) identifiziert werden. Außerdem wurden adulte Tiere der Käfer-Familie Histeridae (Stutzkäfer) asserviert.
Auswertung
Wie einführend erwähnt, besiedeln einige Arten der Familie der Calliphoridae einen LeIchnam schon Innerhalb der ersten Stunden nach Todeseintritt, sofern die Umweltfaktoren und die Zugänglichkeit dieses erlauben. Die leeren Puppenhüllen belegten einen abgeschlossenen Entwicklungszyklus vom Ei bis zum Schlupf der adulten Tiere. Der dafür benötigte Zeitraum ist temperaturabhängig und kann im Sommer innerhalb von 3 Wochen abgeschlossen sein [3, 4]. Jedoch sind Schmeißfliegen im Winter nicht sehr aktiv und präsent [6]. Da der LeIchnam Jedoch angeblich im Dezember in die Tonne verbracht wurde besteht die Möglichkeit, dass Eier von Schmeißfliegen erst bei höheren Temperaturen im Frühjahr abgelegt wurden.
Einige Buckelfliegenarten sind auch im Winter aktiv, außerdem sind sie nur wenige MIllimeter groß, so dass eIne eIngeschränkte Zugänglichkeit zur Leiche für diese Tiere kein Problem darstellen muss; sie können durch sehr enge Zugänge einen Leichriam besiedeln [7]. Diese beiden Aspekte, Jahreszeit und Zugänglichkeit, sprachen für eine Erstbesiedlung durch Phoridae, da - sobald eine Leiche von Calliphoriden-Larven dominiert wird - nahezu keine Möglichkeit für die viel kleineren Phoriden besteht, die Leiche gleichzeitig zu besiedeln.
Die so genannte Latrinenfliege Fannia scalaris ist eine in Zentraleuropa weit verbreitete Art, deren Auftreten häufig mit der Anwesenheit von Kot und Urin einhergeht. Die optimale Entwicklung der Larven findet in halb-flüssigen Fäkalien statt [8]. Die gesamte Biotonne roch auch nach Entfernen des Leichnams sehr stark nach Fäkalien. Offenbar wurde auch bei dieser Art der gesamte Entwicklungszyklus von der Eiablage bis zum Schlupf der adulten Tiere durchlaufen.
Die Käfer und Larven der Histeridae ernähren sich räuberisch von den Larven und Puppen der Schmeißfliegen [8]. Sie bevölkern einen Leichnam kurz nach den Schmeißfliegen, um deren Larven zu fressen. Alle gefundenen Fliegenarten konnten mindestens eine Generation von Nachkommen auf dem Leichnam erzeugen. Die festgestellte Sukzession spricht für eine Mindestliegezeit von mehreren Monaten; allerdings war es in diesem Fall aus entomologischer Sicht nicht möglich zu bestimmen, ob sich der Leichnam mehr als ein Jahr in der Biotonne befunden hatte.
Fall 2 (1/2-jährige Liegezeit)
Während der Sektion wurden am Leichnam, in der Tonne und an den Müllsäcken insektenkundliche Asservate gesammelt. Es wurden leere Puppenhüllen von Calliphorinae, Luciliinae und Protophormia terraenovae (alles Schmeißfliegen) asserviert. Außerdem wurden adulte Tiere sowie leere Puppenhüllen der Familie der Phoridae (Buckelfliegen) und Fanniidae, und des Weiteren Larvenhäute von Dermestes lardarius (Speckkäfer) gesammelt. Aus der Flüssigkeit am Tonnenboden wurden adulte Tiere der Art Necrophorus humator (Schwarzer Totengräber) asserviert.
Auswertung
Nach Aussage des Sohnes wurde der Leichnam im Mai 2006 in die Biotonne verbracht. Aus entomologischer Sicht spricht für diese Aussage, dass leere Puppenhüllen der Art Protophormia terraenovae gefunden wurden. Diese Art ist von der Familie der Calliphoridae die am besten an Kälte adaptierte Spezies [9]. Die Höchsttemperaturen vor Ort beliefen sich Ende Mai auf 12°-16° Celsius. Diese Werte sprechen dafür, dass der Leichnam tatsächlich zur angegebenen Zeit in die Tonne verbracht wurde und zu Anfang von Protophormia terraenovae besiedelt wurde.
Die leeren Puppenhüllen der verschiedenen Arten zeigen auch in diesem Fall, dass die kompletten Entwicklungszyklen durchlaufen wurden. Der Fund von Käferlarven der Art Dermestes lardarius bestätigt ebenfalls, dass bereits mehrere Monate seit der Verbringung in die Tonne vergangen sein müssen, nach Megnin treten sie erst 3-6 Monate post mortem auf [8]. Sie ernähren sich von vertrockneten organischen Substanzen. In diesem Fall ließ sich die Aussage hinsichtlich der Postmortalzeit mithilfe der entomologischen Asservate verifizieren.
3. Diskussion
Die zwei vorgestellten Fälle von "Entsorgung" eines Leichnams in einer Biotonne und die anschließende Auswertung der insektenkundlichen Asservate zeigen die Möglichkeiten und Schwierigkeiten bei der Eingrenzung der Leichenliegezeit mithilfe der Forensischen Entomologie. Im ersten Fall (3 Jahre Liegezeit) stellte sich die Frage, wie schnell die Insekten, trotz der erschwerten Zugänglichkeit, in die Tonne hineingelangen. Zu diesem Zweck führten wir eine Simulation durch, für die wir ein totes Ferkel in die Originaltonne (Abb. 1 a) legten, den Deckel schlossen und nach 2 Wochen erstmalig wieder öffneten.
Im Unterschied zum realen Fall verbrachten wir das Ferkel im Hochsommer (Juli 2005) in die Tonne und nicht wie im Originalfall im Dezember; des Weiteren wurde auf die Verpackung in Müllsäcken verzichtet. Nach zweiwöchiger Liegezeit in der geschlossenen Biotonne bei Außentemperaturen zwischen 20 und 25°C fanden sich am Ferkel Schmeißfliegenlarven im dritten Larvalstadium sowie - ertrunken in der Leichenflüssigkeit am Tonnenboden - Käfer der Art Necrophorus humator. Die Ergebnisse des Versuches zeigten, dass sowohl Schmeißfliegen als auch größere Käfer den erschwerten Zugang überwinden und die Leiche bereits nach kurzer Zeit über den Lüftungsschlitz der Tonne besiedeln.
Im Gegensatz zu den beiden vorgestellten Fällen wurden im Experiment weder adulte noch juvenile Individuen der Buckelfliegen (Phoridae) gefunden; dies ist ein wesentliches Indiz für die längere Liegezeit von mehreren Monaten in den realen Fällen. Des Weiteren konnte im Versuch gezeigt werden, dass durch die fehlende Abflussmöglichkeit im Tonnenboden die Leichenflüssigkeit gesammelt wird und so als "Falle" fungiert, in der die Käfer und einige Maden ertrinken. Durch die Flüssigkeit wird außerdem die Fettwachsbildung an der Leiche begünstigt.
Wie die beiden Fälle und unsere Simulation zeigen, finden die Insekten auch in augenscheinlich schwer zugänglichen Situationen - wie bei geschlossener Tonne und zusätzlicher Verpackung in Müllsäcken einen Zugang zur Leiche. Außerdem werden trotz der Flüssigkeit am Tonnenboden nicht alle Tiere ertränkt, wie die leeren Puppenhüllen zeigen. Viele Tiere fielen beim Abwandern von der Leiche (um anschließend in das Verpuppungsstadium einzutreten) nicht auf den Tonnenboden, sondern verpuppten sich in den Falten der Müllsäcke.
Interessanterweise fanden wir in beiden Fällen ein weitgehend übereinstimmendes Spektrum von Insektenarten. Im ersten Fall wurden also, trotz der wesentlich längeren Liegezeit, nicht verstärkt weitere Arten von späteren Zersetzungsstadien des Leichnam angezogen. So war es im Fall der 3-jährigen Liegezeit nicht möglich, anhand einer artenreicheren Insektenbesiedlung auf eine mehrjährige Liegezeit zu schließen.
Zusammenfassend ergibt sich, dass bei einer Leichenverbringung in ein bedecktes Behältnis, wie z. B. eine Biotonne mit Lüftungsschlitz, trotz einer zusätzlichen Verpackung in Müllsäcke Fliegen und andere Insekten den Leichnam in kurzer Zeit besiedeln können. Außerdem ist es bei dieser Art der Leichenverbringung gelungen, die Täteraussage über eine Leichenliegezeit innerhalb eines Jahres zu erhärten, während sich die mehrjährige Postmortalzeit nicht nachweisen ließ.
Literatur
Mit großem Dank an die Redaktion für die Erlaubnis zur Veröffentlichung.
Lesetipps
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