2015-03-11 Nordbayerischer Kurier: Wie ist das wenn man verwest: Difference between revisions

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Das ist nicht mehr die Lust am Rätseln, das ist ein Druckventil. Die Menschen haben nicht mehr die richtigen Techniken, um ihr Leben zu justieren. Typisch ist das moderne Deutschland. Die Leute trauen sich nicht, den Job zu wechseln, obwohl sie mit Kusshand woanders genommen werden würden. Aber dann müssten sie umziehen oder was auch immer. Stattdessen bleiben sie unglücklich und lesen lieber gewalttätige Literatur. Um Druck abzulassen. Das hat mit den skandinavischen Autoren angefangen. ich kann das nicht lesen.<br>
Das ist nicht mehr die Lust am Rätseln, das ist ein Druckventil. Die Menschen haben nicht mehr die richtigen Techniken, um ihr Leben zu justieren. Typisch ist das moderne Deutschland. Die Leute trauen sich nicht, den Job zu wechseln, obwohl sie mit Kusshand woanders genommen werden würden. Aber dann müssten sie umziehen oder was auch immer. Stattdessen bleiben sie unglücklich und lesen lieber gewalttätige Literatur. Um Druck abzulassen. Das hat mit den skandinavischen Autoren angefangen. ich kann das nicht lesen.<br>


<font color=orange>’’Vor kurzem was Sebastian Fitzek im Zentrum.’’</font><br>
<font color=orange>’’Vor kurzem war Sebastian Fitzek im Zentrum.’’</font><br>


Ja, Sebastian ist auch so. Der ist so unscheinbar und so freundlich. Ich finde das interessant. ‚Die ganze Gewalt passt doch gar nicht zu ihm‘, würden die meisten sagen, und es past ja auch wirklich nicht. Wären die Leute seelisch ausgewogener, dann hätten sie nicht diesen Appetit nach derart gewalttätigen Geschichten.<br>
Ja, Sebastian ist auch so. Der ist so unscheinbar und so freundlich. Ich finde das interessant. ‚Die ganze Gewalt passt doch gar nicht zu ihm‘, würden die meisten sagen, und es past ja auch wirklich nicht. Wären die Leute seelisch ausgewogener, dann hätten sie nicht diesen Appetit nach derart gewalttätigen Geschichten.<br>

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Quelle: Nordbayerischer Kurer, Kultur, 15. März 2015

Wie ist das, wenn man verwest?

Was einem Tod und Verfall übers Leben beibringen: Kriminalbiologe Mark Benecke gastiert im Zentrum

[Weitere Interviews und Artikel mit MB]

Text: Michael Weiser

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Er ist Deutschlands bekanntester Kriminalbiologe und Entomologe, „Herr der Maden“, bekennender Donaldist und ein großartiger Unterhalter, der in seinen Abenden mit Fotos zeigt, wie man an Tatorten von Verbrechen genau hinschaut: Mark Benecke (44). Am Donnerstag, 12. März, ist er im Zentrum zu Gast. Er sagt: Verwesung ist nicht das Ende. Und: Tot ist tot. Und noch einiges mehr: Über die Kunst zu leben, über den Überfluß an brutalen Krimis. Und über die „Partei“.

’’Tag Herr Benecke, eines muss ich Sie vorab mal fragen. Was ist König Bullu Bullus Klingelbeutelrunde? Stand kürzlich auf der Tagesordnung der „Partei“.’’

Schwer zu sagen. Wir haben einen Parteiangehörigen, der ist Türke, und dessen Namen hört sich so ähnlich an. Ich nehme an, er wollte bei der Parteiversammlung den Klingelbeutel herumgehen lassen. Und weil er sich unter den Parteigenossen so königlich fühlt, hat er sich diesen Titel verliehen.

’’Sie treten tatsächlich für „Die Partei“ als OB-Kandidat für Köln an. Welche Chancen rechnen Sie sich aus?’’

Das ist gar nicht fraglich, dass ist das werde, die anderen Parteien haben ja gar keine sinnvollen Kandidaten. Die andern haben schon vor Beginn des Wahlkampfs wegen möglicher Koalitionen angefragt. Das ist doch ein gutes Zeichen.

’’Was haben Sie nach Ihrem Sieg vor?’’

Also, wir werden Düsseldorf von Köln mit einer Mauer abtrennen, Straßenreinigung gibt es nur noch mit 4711, und ich werde persönlich die U-Bahn zu Ende bauen. Ja, das werde ich machen, weil das die anderen nicht auf die Reihe bringen. wir werden überdies die andere Rheinseite bunt anmalen, weil die so hässlich ist, also Köln-Deutz und Mühlheim und so. Und ansonsten fragen wir die Bürger und Bürgerinnen.

’’Sind sie unterbeschäftigt in Ihrem Beruf als Kriminalbiologe?’’

Das ist eine Frage der Arbeitsenergie. Ich habe doch auch mal mit Gunther von Hagen zusammengearbeitet, und der hat immer gesagt, wenn man doppelt so viel arbeitet, schafft man auch doppelt so viel. Tatsächlich muss man einfach schauen, dass man alles miteinander verschachtelt. Mehr arbeiten allein recht natürlich nicht.

’’Die Menschen strömen zu den Abenden mit Ihnen, obwohl Sie da auch eklige Sachen zu sehen bekommen. Was zieht die Mneschen daran an?’’

Das Eklige, das sage ich nach nunmehr zwanzig Jahren, ist völlig egal. Die Zuschauer wollen vier Sachen. Erstens: Tüfteln und rätseln, das machen alle Menschen gern. Das Zweite ist was Privates: Die Leute wollen sehen, wie das weitergeht, wie das ist, wie man verwest. Das dritte kommt bei Leuten zu Tragen, die selber mit Verbrechen in Berührung gekommen sind. Die wollen einfach Informationen. Wie löst man solche Fälle, wer ist zuständig, ist damals was schiefgegangen? Wie schlimm ist das im Vergleich mit anderen Verbrechen? Die können das danach viel besser einordnen. Das Vierte: Für manche ist as eine Katharsis. Wie ein Actionfilm: Einfach mal durch das Feuer, danach ist man gereinigt. Mit ekligen Sachen hat das nichts zu tun. Wenn’s um Ekel geht, dann fragen die Leute eher so Sachen wie: Wie gewöhnt man sich an den Geruch?

’’Ja, wie gewöhnt man sich denn an den Geruch?’’

Gar nicht. Das ist da. Wenn ich an der Autobahn wohne, höre ich Autos. Wenn ich Kanalreiniger bin, dann arbeite ich im Kanal. So ist das.

’’Haben Sie schon Angebote bekommen? TV-Figuren wie der Tatorteiniger oder Aby von Navy SCI sehen fast bieder aus gegen Sie…’’

Das weiß ich nicht, ich gucken eigentlich nie Fiction. Die Leute wollen immer Real Life. Und ich auch. Das mache ich ja auch schon. Auch die Amerikaner fragen da. Aber meistens kommen wir da nicht so gut zusammen. Die Fernsehleute wollen es schnell und glitzernd.

’’Glitzernde Bilder liefern Sie nicht unbedingt.’’

Ja, und Fersehmenschen achten sehr aufs Bild. Die verstehen nicht, dass das Problem ganz woanders liegt. und dieses andere ist nicht unbedingt spannend, es ist traurig, erschütternd oder rätselhaft, aber es passt nicht unbedingt in eine TV-Dramaturgie.

’’Spannend scheinen die Abende von Ihnen dennoch zu sein. Immerhin haben Sie immer reichlich Publikum.’’

Die Leute können an der Lesung direkt teilnehmen. Ich erzähle, die Menschen reagieren, und ich wiederum reagiere darauf. Es ist wie ein Treffen, ja, wir treffen uns sozusagen privat. Während dieses Zusammenseins konzentrieren wir uns aufeinander. Wenn andere Leute über Fragen aus dem Publikum lachen, dann sage ich denen, ich finde das nicht gut, dass Sie da lachen. Lassen Sie uns doch überlegen, warum die Fragen interessant ist. Der Abend ist wie eine Ermittlung.

’’Mit Ihren Tätowierungen sind Sie selber ein Kunstwerk. Denken Sie auch darüber nach, wie Sie diese Kunst nach Ihrem Tod konservieren können?’’

Ich denke, das brauche ich nicht. Wat fott is, is fott, heißt es hier in Köln. Tot ist tot. Konservieren muss man mich nicht.

’’Wenn ich richtig informiert bin, haben Sie etwas in Ihren Fingern, womit Sie beim Zählen von Kleingeld klar im Vorteil wären…’’

Ja, Sie meinen meinen Magneten. Damit kann man Münzen zählen, aber nicht alle. Mit amerikanischen Cent-Münzen zum Beispiel geht’s nicht.

’’Kinder finden das sicher total aufregend.’’

Ja, klar, Kinder finden Maden interessant. Die finden ja überhaupt vieles interessant und stellen Fragen.

’’Eine bewahrenswerte Eigenschaft, finden Sie nicht?’’

Man kann ja versuchen,so kindlich zu bleiben. Dass man alles spannend findet, dass man alles ausprobiert.

’’Ich probiere nun mal aus, ob Sie mir sagen können, ob Vampirleichen schmatzen…’’

Das stand in einem berühmten Buch zu lesen. 1732 ging das los. Da hat man erstmals so genannte Vampirleichen ausgegraben und dokumentiert, was man bei der Gelegenheit beobachtet hatte. und einer der Autoren hat in seinem buch geschrieben, was man dabei angeblich so hören kann. Wobei man die Geräusche im Normalfall nicht hören konnte, denn die Vampire blieben der ursprünglichen Überlieferung nach im Sarg. Die sollen dort das Leichentuch angefressen haben, und von daher kam das Schmatzen. Was man wiirklich hören kann: Wenn die Leichenstarre nachlässt, klappt der Unterkiefer nach unten. Und dann gibt es ein schmatzendes Geräusch.

’’Gruselig. wie ja auch manche Ihrer Bilder.’’

Das ist noch was anderes. ich zeige nicht nur Leichen. Sondern versuche auch zu erklären, wie der fall oder der Fall abgelaufen sind. Und zeige an Alltagsbildern, wie man genau hinschaut.

’’Gibt es eigentlich den perfekt sauberen Tatort?’’

Auch die perfekte Reinigung ist eine Spur. Wenn wir einen extrem sauberen Tatort vorfinden, ist das hoch interessant. Es sagt ja sehr vile über den Täter. Und die Gegenstände mit denen geputzt wurde, müssen ja eigentlich auch irgendwo sein. Nein, Putzen macht’s nicht besser. Keine Verbrechen zu begehen - das macht’s besser. Das ist das einzig Sinnvolle.

’’Scheint manchmal schwierig zu sein. Kann jeder zum Mörder werden?’’

Das liest man immer wieder. Ich persönlich glaube das nicht. Ich habe mich in ein paar Situationen auch mit Kannibalismus beschäftigt. Da gibt es diese Geschichten von Flugzeugkatastrophen, man ist eingeschneit, und dann beginnt man, Gestorbene aufzuessen. Es gibt recht viel Literatur darüber. Doch da gibt’s immer Leute, die das nicht machen. Die sterben lieber als Menschenfleisch zu essen. das ist bei Tötungsdelikten auch so. Es gibt Menschen, die würden das nicht machen, basta. Eltern zum Beispiel, die problemlos den Mörder ihres Kindes töten könnten. Und es doch nicht machen.

’’Es wird ja auch genug gemordet. Geht man nach den Krimis, die allenthalben laufen, müsste Mitteleuropa schon halb entvölkert sein.’’

Das ist nicht mehr die Lust am Rätseln, das ist ein Druckventil. Die Menschen haben nicht mehr die richtigen Techniken, um ihr Leben zu justieren. Typisch ist das moderne Deutschland. Die Leute trauen sich nicht, den Job zu wechseln, obwohl sie mit Kusshand woanders genommen werden würden. Aber dann müssten sie umziehen oder was auch immer. Stattdessen bleiben sie unglücklich und lesen lieber gewalttätige Literatur. Um Druck abzulassen. Das hat mit den skandinavischen Autoren angefangen. ich kann das nicht lesen.

’’Vor kurzem war Sebastian Fitzek im Zentrum.’’

Ja, Sebastian ist auch so. Der ist so unscheinbar und so freundlich. Ich finde das interessant. ‚Die ganze Gewalt passt doch gar nicht zu ihm‘, würden die meisten sagen, und es past ja auch wirklich nicht. Wären die Leute seelisch ausgewogener, dann hätten sie nicht diesen Appetit nach derart gewalttätigen Geschichten.

’’Eine Art Gewalt-Porno?’’

Porno ist ja auch ein Druckventil, so gesehen ist es dasselbe. Aber benutzen würde ich den Begriff nicht - weil ich mich mit Krimi-Pornografie nicht auskenne. Auf Druckventil können wir uns einigen. Stellen Sie sich mal vor, was ohne Druckventile passieren kann.

’’Und Sie: Sind sie glücklich?’’

Ich finde schon, ich finde mich ausgeglichen und glücklich. Auch aus der Erfahrung mit meinen Fällen. Und auch, wenn’s ab und zu wehtut. Im Keller hatte ich alle meine Briefe aufbewahrt, dann hatte ich keinen Platz mehr und keine Zeit mehr, sie zu verwalten. Da habe ich einfach einen Freund gebeten, die wegzuwerfen. Eine Änderung. Die brachte Platz und Zeit für was anderes. Ich fühle mich viel besser. Es tut mir leid, aber es ist nicht schlimm, wenn es einem leid tut. Es ist nicht immer schlimm, wenn etwas Unangenehmes passiert.

’’Bei Ihnen erfährt man also nicht nur etwas über den Tod, sondern auch übers Leben.’’

Hauptsächlich sogar. Man lernt was über Verwesung, oder über die Motive, die zum Verbrechen führen, ansonsten aber übers Leben. Der Tod ist nicht das Ende. Dann kommen die Schmeißfliegen und die Bakterien. Davor aber lebt man. Und da soll man sich darum kümmern: Um das, was man steuern und was man leben kann.

Lesetipps



Dr. rer. medic. Mark Benecke · Diplombiologe (verliehen in Deutschland) · Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für kriminaltechnische Sicherung, Untersuchung u. Auswertung von biologischen Spuren (IHK Köln) · Landsberg-Str. 16, 50678 Köln, Deutschland, E-Mail: forensic@benecke.com · www.benecke.com · Umsatzsteueridentifikationsnummer: ID: DE212749258 · Aufsichtsbehörde: Industrie- und Handelskammer zu Köln, Unter Sachsenhausen 10-26, 50667 Köln, Deutschland · Fallbearbeitung und Termine nur auf echtem Papier. Absprachen per E-mail sind nur vorläufige Gedanken und nicht bindend. 🗺 Dr. Mark Benecke, M. Sc., Ph.D. · Certified & Sworn In Forensic Biologist · International Forensic Research & Consulting · Postfach 250411 · 50520 Cologne · Germany · Text SMS in criminalistic emergencies (never call me): +49.171.177.1273 · Anonymous calls & suppressed numbers will never be answered. · Dies ist eine Notfall-Nummer für SMS in aktuellen, kriminalistischen Notfällen). · Rufen Sie niemals an. · If it is not an actual emergency, send an e-mail. · If it is an actual emergency, send a text message (SMS) · Never call. · Facebook Fan Site · Benecke Homepage · Instagram Fan Page · Datenschutz-Erklärung · Impressum · Archive Page · Kein Kontakt über soziale Netzwerke. · Never contact me via social networks since I never read messages & comments there.