2014 move38: Es gibt Glitzerkugeln für alle: Difference between revisions

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Quelle: Move36, Ausgabe 38 (Dezember 2014), Seiten 52 und 53<br>
Quelle: Move36, Dezember 2014 (Ausgabe 38), Seiten 52 und 53<br>


=<font color=orange>Es gibt Glitzerkugeln für alle</font>=
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<html><a href="http://wiki2.benecke.com/images/e/ec/Mariana_friedrich_dez_2014_38_Mark_Benecke_interview.pdf" target="_blank"><img src="http://wiki2.benecke.com/images/9/9c/Glitzerkugeln.jpg" border="0" width="300" height="200" align="middle"><figcaption>Klick aufs Bild, um das .pdf runterzuladen!</figcaption></a></html><br><br>
<html><a href="http://wiki2.benecke.com/images/e/ec/Mariana_friedrich_dez_2014_38_Mark_Benecke_interview.pdf" target="_blank"><img src="http://wiki2.benecke.com/images/9/9c/Glitzerkugeln.jpg" border="0" width="300" height="200" align="middle"><figcaption>Klick aufs Bild, um das .pdf runterzuladen!</figcaption></a></html><br><br>


Dr. Made, der Herr der Maden oder
Dr. Made, der Herr der Maden oder schlicht Marky Mark – Dr. Mark Benecke ist Deutschlands bekanntester Kriminalbiologe und weltweit mit seinen Vorträgen unterwegs. Im Dezember war er im Propsteihaus in Petersberg. move36 hat mit ihm nicht über Mord und Leichen, dafür über seine Spinnenphobie, falsche Annahmen
schlicht Marky Mark – Dr. Mark
und seine Kandidatur zum Oberbürgermeister von Köln geplaudert.<br>  
Benecke ist Deutschlands bekanntester
Kriminalbiologe und weltweit
mit seinen Vorträgen unterwegs. Im
Dezember war er im Propsteihaus in
Petersberg. move36 hat mit ihm nicht
über Mord und Leichen, dafür über
seine Spinnenphobie, falsche Annahmen
und seine Kandidatur zum Oberbürgermeister
von Köln geplaudert.<br>  


<font color=orange>Hallo Mark, wurden deine in Leipzig
<font color=orange>Hallo Mark, wurden deine in Leipzig entführten Fauchschaben inzwischen gefunden? </font><br>
entführten Fauchschaben inzwischen
gefunden? </font><br>


Nein. Eine ist schon vor dem Vortrag
Nein. Eine ist schon vor dem Vortrag abgehauen, die wurde aber in der Garderobe wiedergefunden. Die andere ist leider verschollen. Die haben die Zuschauer
abgehauen, die wurde aber in der Garderobe
tatsächlich geklaut. Sehr schade. Das ist schon das zweite Mal. <br>
wiedergefunden. Die andere ist leider
verschollen. Die haben die Zuschauer
tatsächlich geklaut. Sehr schade. Das
ist schon das zweite Mal. <br>


<font color=orange>Dabei sind die Schaben deine Freunde und
<font color=orange>Dabei sind die Schaben deine Freunde und treuen Mitarbeiter, wie du sagst. Warum hast du vor ihnen keine Angst, vor Spinnen aber schon?  </font><br>
treuen Mitarbeiter, wie du sagst. Warum
hast du vor ihnen keine Angst, vor Spinnen
aber schon?  </font><br>


Ich glaube, das hat keinen Grund. Die
Ich glaube, das hat keinen Grund. Die Spinnenangst ist mittlerweile aber nicht mehr so ausgeprägt. Ich fand das ja selbst albern und bemühte mich deshalb
Spinnenangst ist mittlerweile aber nicht
mehr so ausgeprägt. Ich fand das ja
selbst albern und bemühte mich deshalb
um eine bessere Beziehung zu ihnen.<br>
um eine bessere Beziehung zu ihnen.<br>


<font color=orange>Wie macht man das?</font><br>
<font color=orange>Wie macht man das?</font><br>


Ich wohne mitten in der Stadt in einem
Ich wohne mitten in der Stadt in einem efeubewachsenen Haus. Da kommen ständig Spinnen rein. Also blickte ich der Sache ins Gesicht und hörte einfach
efeubewachsenen Haus. Da kommen
ständig Spinnen rein. Also blickte ich
der Sache ins Gesicht und hörte einfach
auf, immer so ein Theater zu machen.<br>
auf, immer so ein Theater zu machen.<br>


<font color=orange>Apropos Theater: Du wirst ja gern als
<font color=orange>Apropos Theater: Du wirst ja gern als Popstar der Wissenschaften gefeiert, bringst Experimentierkästen für Kinder heraus – warum ist es für dich so wichtig, Wissenschaft verständlich zu erklären? </font><br>
Popstar der Wissenscha" en gefeiert,
bringst Experimentierkästen für Kinder
heraus – warum ist es für dich so wichtig,
Wissenscha" verständlich zu erklären? </font><br>


Weil es sonst nichts bringt. Ich sehe
Weil es sonst nichts bringt. Ich sehe mich nicht als supertollen Frontforscher, der in modernen – auch modischen – Bereichen in der ersten Reihe steht.
mich nicht als supertollen Frontforscher,
Wenn ich am Tatort bin, möchte ich, dass die anderen mir erklären, warum sie machen, was sie machen. Wir spielen viel rum, jonglieren mit den Techniken,
der in modernen – auch modischen –
die auch die anderen benutzen. Wenn ich mich nicht verständlich ausdrücke, wird das der andere auch nicht tun.<br>
Bereichen in der ersten Reihe steht.
Wenn ich am Tatort bin, möchte ich,
dass die anderen mir erklären, warum
sie machen, was sie machen. Wir spielen
viel rum, jonglieren mit den Techniken,
die auch die anderen benutzen. Wenn
ich mich nicht verständlich ausdrücke,
wird das der andere auch nicht tun.<br>


<font color=orange> Aber ist es nicht ein Unterschied, ob du
<font color=orange> Aber ist es nicht ein Unterschied, ob du dich im täglichen Leben verständlich ausdrückst oder dies auf einer großen Bühne tust?</font><br>
dich im täglichen Leben verständlich
ausdrückst oder dies auf einer großen
Bühne tust?</font><br>


Das Ganze ist ja daraus entstanden. Die
Das Ganze ist ja daraus entstanden. Die Polizei fragte mich, ob ich verschiedene Sichtweisen auf den Tatort erklären könnte. Wir machten Körbchen mit Dias,
Polizei fragte mich, ob ich verschiedene
jeder sollte zwei ziehen und dann sagten wir, was wir und was die Polizisten sehen. Das Erklären ist etwas, das ganz langsam gewachsen ist.<br>
Sichtweisen auf den Tatort erklären
könnte. Wir machten Körbchen mit Dias,
jeder sollte zwei ziehen und dann sagten
wir, was wir und was die Polizisten
sehen. Das Erklären ist etwas, das ganz
langsam gewachsen ist.<br>


<font color=orange> Du bist Mitglied in der Sherlock-
<font color=orange> Du bist Mitglied in der Sherlock-Holmes-Gesellschaft. Was hast du mit dem Meisterdetektiv gemein?</font><br>
Holmes-Gesellscha" . Was
hast du mit dem Meisterdetektiv
gemein?</font><br>


Vor allem das Prinzip,
Vor allem das Prinzip, keine Annahmen zu machen. Ich mache wirklich keine Annahmen, weder über Menschen noch über Dinge oder Abläufe. Ich schaue mir nur die Spuren an. Alles, was messbar ist. Der Nachteil ist, dass man so keine höherwertigen Aussagen treffen kann. Das ist aber gleichzeitig sehr angenehm, denn
keine Annahmen zu
du kannst dich aus allen religiösen, politischen und höheren Problemen raushalten.<br>
machen. Ich mache
wirklich keine Annahmen, weder über Menschen
noch über Dinge oder Abläufe. Ich
schaue mir nur die Spuren an. Alles,
was messbar ist. Der Nachteil ist,
dass man so keine höherwertigen
Aussagen tre$ en kann. Das ist aber
gleichzeitig sehr angenehm, denn
du kannst dich aus allen religiösen,
politischen und höheren Problemen
raushalten.<br>


<font color=orange>Sherlock Holmes Erscha$ er, Arthur
<font color=orange>Sherlock Holmes Erschaffer, Arthur Conan Doyle, wird nachgesagt, dass er an Feen und Magie glaubte und einigen esoterischen Annahmen
Conan Doyle, wird nachgesagt, dass
aufsaß …</font><br>  
er an Feen und Magie glaubte und
einigen esoterischen Annahmen
aufsaß …</font><br>


Ja, wobei ich mir nicht sicher bin,
Ja, wobei ich mir nicht sicher bin, ob er wirklich darauf hereinfiel. Er verstei% e sich darauf. Viele Wissenschaftler machten ihre Entdeckungen nur, weil sie sich auf etwas versteifen, was keiner für möglich gehalten hätte. Ein gutes Beispiel ist Ignaz Semmelweis, der die Händedesinfektion erfand. Daten besagten,
ob er wirklich darauf herein& el.
dass in seiner Klinik weniger Patienten gestorben sind, und er brachte das mit seinem ständigen Händewaschen in Verbindung. Semmelweis endete in der Klapse. Der Grat zwischen jemandem mit Händewaschzwang, der das auf andere ausdehnen will, und dem, der Daten hat, ist schmal. Der Zusammenhang, den er herstellte, war für die Menschen damals nicht verständlich. Heute sagt man, er war ein brillanter Wissenschaftler, weil er recht hatte.<br>
Er verstei% e sich darauf. Viele
Wissenscha% ler machten ihre
Entdeckungen nur, weil sie sich auf
etwas verstei% en, was keiner für möglich
gehalten hätte. Ein gutes Beispiel
ist Ignaz Semmelweis, der die Händedesinfektion
erfand. Daten besagten,
dass in seiner Klinik weniger Patienten
gestorben sind, und er brachte das mit
seinem ständigen Händewaschen in
Verbindung. Semmelweis endete in der
Klapse. Der Grat zwischen jemandem mit
Händewaschzwang, der das auf andere
ausdehnen will, und dem, der Daten hat,
ist schmal. Der Zusammenhang, den er
herstellte, war für die Menschen damals
nicht verständlich. Heute sagt man, er
war ein brillanter Wissenscha% ler, weil
er recht hatte.<br>


<font color=orange> Du hast dich beru% ich den Fakten verschrieben,
<font color=orange> Du hast dich beruflich den Fakten verschrieben, bist aber auch Politiker – und kandidierst mit der PARTEI für das Amt des Oberbürgermeisters in Köln. Warum sollen die Kölner dich wählen?</font><br>
bist aber auch Politiker – und
kandidierst mit der PARTEI für das Amt
des Oberbürgermeisters in Köln. Warum
sollen die Kölner dich wählen?</font><br>


Ja, wen denn sonst? Es gibt ja keine seriöse
Ja, wen denn sonst? Es gibt ja keine seriöse Alternative. <br>
Alternative. <br>


<font color=orange>Was wäre deine erste Amtshandlung? </font><br>
<font color=orange>Was wäre deine erste Amtshandlung? </font><br>


Unser Elferrat hat beschlossen, die Straßen
Unser Elferrat hat beschlossen, die Straßen mit 4711 (Parfüm made in Köln – Anm. der Redaktion) zu reinigen, freie Sicht auf den Dom von der ganzen Welt aus durchsetzen, und Baumwurzeln wollen wir mit Beton zuschütten, weil sich dazwischen Pfützen bilden, in die die Leute reintreten. Das ist lästig. Und es gibt Glasperlen und Glitzerkugeln für alle, die uns wählen.<br>
mit 4711 (Parfüm made in Köln –
Anm. der Redaktion) zu reinigen, freie
Sicht auf den Dom von der ganzen Welt
aus durchsetzen, und Baumwurzeln wollen
wir mit Beton zuschütten, weil sich dazwischen Pfützen bilden, in die
die Leute reintreten. Das ist lästig.
Und es gibt Glasperlen und Glitzerkugeln
für alle, die uns wählen.<br>


<font color=orange>Klingt nicht so, als würdest du die
<font color=orange>Klingt nicht so, als würdest du die Politik ernst nehmen ...</font><br>
Politik ernst nehmen ...</font><br>


Doch! Sehr ernst sogar. Das ist ja ein
Doch! Sehr ernst sogar. Das ist ja ein Riesenaufwand. Wir müssen, anders als die anderen Parteien, jedes Mal Unterstützerstimmen einsammeln. Das ist Arbeit.<br>
Riesenaufwand. Wir müssen, anders
als die anderen Parteien, jedes Mal
Unterstützerstimmen einsammeln.
Das ist Arbeit.<br>


<font color=orange>Wie vereinst du das mit deinem Beruf?</font><br>
<font color=orange>Wie vereinst du das mit deinem Beruf?</font><br>


Gar nicht. Aber hier in Köln hat das
Gar nicht. Aber hier in Köln hat das Tradition. Der durchschnittliche Kölner klüngelt. Das beruht auf Konrad Adenauer. Bevor er Bundeskanzler wurde, war er Oberbürgermeister von Köln. Er sagte: „Man kennt sich, man hilft sich.“ Das Fantasma ist: Direkte, kurze Wege führen zur schnellen, unbürokratischen Klärung von Dingen. Tatsächlich ist das die reinste Amigo-Wirtschaft, in der nur Freunde begünstigt werden und Geld verschwendet wird bis zum Geht-nicht-mehr. Das mache ich nicht. Wie war die Frage nochmal?<br>
Tradition. Der durchschnittliche Kölner
klüngelt. Das beruht auf Konrad
Adenauer. Bevor er Bundeskanzler
wurde, war er Oberbürgermeister
von Köln. Er sagte: „Man kennt
sich, man hil% sich.“ Das Fantasma
ist: Direkte, kurze Wege führen
zur schnellen, unbürokratischen
Klärung von Dingen. Tatsächlich ist
das die reinste Amigo-Wirtscha% , in
der nur Freunde begünstigt werden
und Geld verschwendet wird bis zum Geht-nicht-mehr. Das mache ich nicht.
Wie war die Frage nochmal?<br>


<font color=orange> Wie du Politik und Kriminalbiologie
<font color=orange> Wie du Politik und Kriminalbiologie gemeinsam auf die Reihe bekommen willst.</font><br>
gemeinsam auf die Reihe bekommen
willst.</font><br>


Ah, ja, genau. Das tue ich nicht. Und
Ah, ja, genau. Das tue ich nicht. Und weil ich das nicht mache, brauche ich nicht so viel Zeit. Ich muss nicht ständig Netzwerke pflegen – hier in Köln ist das nicht Facebook, sondern Karneval – ich mache einfach, was die Wähler wollen. Und das erfahre ich auf der Straße. Und ich führe eine Redezeit ein. An der Harvard-Universität vergeben wir einmal im Jahr die Spaßnobelpreise für Sachen, die sich lustig anhören, aber echte Forschung sind. Da ist die Redezeit auf eine Minute begrenzt. Wenn das Nobelpreisträger können, können das auch Stadtratsmitglieder. Deswegen werden die Sitzungen auch so kurz und effektiv, wenn ich die leite. Eine Minute Redezeit, Abstimmung, Pizza essen. <br>
weil ich das nicht mache, brauche ich
nicht so viel Zeit. Ich muss nicht ständig
Netzwerke p* egen – hier in
Köln ist das nicht Facebook,
sondern Karneval – ich mache
einfach, was die Wähler wollen.
Und das erfahre ich auf
der Straße. Und ich führe eine
Redezeit ein. An der Harvard-
Universität vergeben wir einmal
im Jahr die
Spaßnobelpreise für Sachen,
die sich lustig anhören, aber
echte Forschung sind. Da ist
die Redezeit auf eine Minute
begrenzt. Wenn das Nobelpreisträger
können, können
das auch Stadtratsmitglieder.
Deswegen werden die Sitzungen
auch so kurz und e$ ektiv,
wenn ich die leite. Eine Minute
Redezeit, Abstimmung, Pizza essen. <br>


<font color=orange>Oder ein neues Tattoo stechen lassen.
<font color=orange>Oder ein neues Tattoo stechen lassen. Welches ist dein neuestes? </font><br>
Welches ist dein neuestes? </font><br>


Meine Gattin hat tätowieren gelernt,
Meine Gattin hat tätowieren gelernt, und sie durfte mir ein rotes Herzchen stechen. Das ist mein aktuellstes Tatto und ihr allerallererstes. <br>
und sie durfte mir ein rotes Herzchen stechen. Das ist mein aktuellstes Tatto und ihr allerallererstes. <br>


<font color=orange>Gibt es für dich ein Tabu in Sachen Bodymodifications? Du hast Tattoos, einen Magneten im Finger...</font><br>
<font color=orange>Gibt es für dich ein Tabu in Sachen Bodymodifications? Du hast Tattoos, einen Magneten im Finger...</font><br>


Ich habe sogar zwei Magneten in zwei Fingern. Amputationen fänd ich für mich nicht so praktisch, die Finger brauche ich ja zum Arbeiten. Aber das ist kein Tabu, nur unpraktisch. Auch so Hörnchen am Vorderkopf. Das musst du jedes Mal überall erklären. Und dafür hätte ich nicht die Nerven. <br><br>
Ich habe sogar zwei Magneten in zwei Fingern. Amputationen fänd ich für mich nicht so praktisch, die Finger brauche ich ja zum Arbeiten. Aber das ist kein Tabu, nur unpraktisch. Auch so Hörnchen am Vorderkopf. Das musst du jedes Mal überall erklären. Und dafür hätte ich nicht die Nerven. <br>


''Mit herzlichem Dank an die move38-Redaktion für die Freigabe und die Genehmigung zur Veröffentlichung.''<br><br>


''Mit herzlichem Dank an die move38-Redaktion für die Freigabe und die Genehmigung zur Veröffentlichung.''
===<font color=orange>Lesetipps</font>===
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* [[2017 09 bild de Das Grauen entschluepft dem Harmlosen|Das Grauen entschlüpft dem Harmlosen]]
* [[Media Bubble 2019: Ich rede mit Serientaetern genauso wie mit Nobelpreistraegern|Ich rede mit Serientätern genauso wie mit Nobelpreisträgern]]
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Quelle: Move36, Dezember 2014 (Ausgabe 38), Seiten 52 und 53

Es gibt Glitzerkugeln für alle

[Weitere Interviews und Artikel mit MB]

[Das Interview gibt es hier als .pdf]

Text: Mariana Friedrich (klick hier für Infos zur Zeitschrift)


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Dr. Made, der Herr der Maden oder schlicht Marky Mark – Dr. Mark Benecke ist Deutschlands bekanntester Kriminalbiologe und weltweit mit seinen Vorträgen unterwegs. Im Dezember war er im Propsteihaus in Petersberg. move36 hat mit ihm nicht über Mord und Leichen, dafür über seine Spinnenphobie, falsche Annahmen und seine Kandidatur zum Oberbürgermeister von Köln geplaudert.

Hallo Mark, wurden deine in Leipzig entführten Fauchschaben inzwischen gefunden?

Nein. Eine ist schon vor dem Vortrag abgehauen, die wurde aber in der Garderobe wiedergefunden. Die andere ist leider verschollen. Die haben die Zuschauer tatsächlich geklaut. Sehr schade. Das ist schon das zweite Mal.

Dabei sind die Schaben deine Freunde und treuen Mitarbeiter, wie du sagst. Warum hast du vor ihnen keine Angst, vor Spinnen aber schon?

Ich glaube, das hat keinen Grund. Die Spinnenangst ist mittlerweile aber nicht mehr so ausgeprägt. Ich fand das ja selbst albern und bemühte mich deshalb um eine bessere Beziehung zu ihnen.

Wie macht man das?

Ich wohne mitten in der Stadt in einem efeubewachsenen Haus. Da kommen ständig Spinnen rein. Also blickte ich der Sache ins Gesicht und hörte einfach auf, immer so ein Theater zu machen.

Apropos Theater: Du wirst ja gern als Popstar der Wissenschaften gefeiert, bringst Experimentierkästen für Kinder heraus – warum ist es für dich so wichtig, Wissenschaft verständlich zu erklären?

Weil es sonst nichts bringt. Ich sehe mich nicht als supertollen Frontforscher, der in modernen – auch modischen – Bereichen in der ersten Reihe steht. Wenn ich am Tatort bin, möchte ich, dass die anderen mir erklären, warum sie machen, was sie machen. Wir spielen viel rum, jonglieren mit den Techniken, die auch die anderen benutzen. Wenn ich mich nicht verständlich ausdrücke, wird das der andere auch nicht tun.

Aber ist es nicht ein Unterschied, ob du dich im täglichen Leben verständlich ausdrückst oder dies auf einer großen Bühne tust?

Das Ganze ist ja daraus entstanden. Die Polizei fragte mich, ob ich verschiedene Sichtweisen auf den Tatort erklären könnte. Wir machten Körbchen mit Dias, jeder sollte zwei ziehen und dann sagten wir, was wir und was die Polizisten sehen. Das Erklären ist etwas, das ganz langsam gewachsen ist.

Du bist Mitglied in der Sherlock-Holmes-Gesellschaft. Was hast du mit dem Meisterdetektiv gemein?

Vor allem das Prinzip, keine Annahmen zu machen. Ich mache wirklich keine Annahmen, weder über Menschen noch über Dinge oder Abläufe. Ich schaue mir nur die Spuren an. Alles, was messbar ist. Der Nachteil ist, dass man so keine höherwertigen Aussagen treffen kann. Das ist aber gleichzeitig sehr angenehm, denn du kannst dich aus allen religiösen, politischen und höheren Problemen raushalten.

Sherlock Holmes Erschaffer, Arthur Conan Doyle, wird nachgesagt, dass er an Feen und Magie glaubte und einigen esoterischen Annahmen aufsaß …

Ja, wobei ich mir nicht sicher bin, ob er wirklich darauf hereinfiel. Er verstei% e sich darauf. Viele Wissenschaftler machten ihre Entdeckungen nur, weil sie sich auf etwas versteifen, was keiner für möglich gehalten hätte. Ein gutes Beispiel ist Ignaz Semmelweis, der die Händedesinfektion erfand. Daten besagten, dass in seiner Klinik weniger Patienten gestorben sind, und er brachte das mit seinem ständigen Händewaschen in Verbindung. Semmelweis endete in der Klapse. Der Grat zwischen jemandem mit Händewaschzwang, der das auf andere ausdehnen will, und dem, der Daten hat, ist schmal. Der Zusammenhang, den er herstellte, war für die Menschen damals nicht verständlich. Heute sagt man, er war ein brillanter Wissenschaftler, weil er recht hatte.

Du hast dich beruflich den Fakten verschrieben, bist aber auch Politiker – und kandidierst mit der PARTEI für das Amt des Oberbürgermeisters in Köln. Warum sollen die Kölner dich wählen?

Ja, wen denn sonst? Es gibt ja keine seriöse Alternative.

Was wäre deine erste Amtshandlung?

Unser Elferrat hat beschlossen, die Straßen mit 4711 (Parfüm made in Köln – Anm. der Redaktion) zu reinigen, freie Sicht auf den Dom von der ganzen Welt aus durchsetzen, und Baumwurzeln wollen wir mit Beton zuschütten, weil sich dazwischen Pfützen bilden, in die die Leute reintreten. Das ist lästig. Und es gibt Glasperlen und Glitzerkugeln für alle, die uns wählen.

Klingt nicht so, als würdest du die Politik ernst nehmen ...

Doch! Sehr ernst sogar. Das ist ja ein Riesenaufwand. Wir müssen, anders als die anderen Parteien, jedes Mal Unterstützerstimmen einsammeln. Das ist Arbeit.

Wie vereinst du das mit deinem Beruf?

Gar nicht. Aber hier in Köln hat das Tradition. Der durchschnittliche Kölner klüngelt. Das beruht auf Konrad Adenauer. Bevor er Bundeskanzler wurde, war er Oberbürgermeister von Köln. Er sagte: „Man kennt sich, man hilft sich.“ Das Fantasma ist: Direkte, kurze Wege führen zur schnellen, unbürokratischen Klärung von Dingen. Tatsächlich ist das die reinste Amigo-Wirtschaft, in der nur Freunde begünstigt werden und Geld verschwendet wird bis zum Geht-nicht-mehr. Das mache ich nicht. Wie war die Frage nochmal?

Wie du Politik und Kriminalbiologie gemeinsam auf die Reihe bekommen willst.

Ah, ja, genau. Das tue ich nicht. Und weil ich das nicht mache, brauche ich nicht so viel Zeit. Ich muss nicht ständig Netzwerke pflegen – hier in Köln ist das nicht Facebook, sondern Karneval – ich mache einfach, was die Wähler wollen. Und das erfahre ich auf der Straße. Und ich führe eine Redezeit ein. An der Harvard-Universität vergeben wir einmal im Jahr die Spaßnobelpreise für Sachen, die sich lustig anhören, aber echte Forschung sind. Da ist die Redezeit auf eine Minute begrenzt. Wenn das Nobelpreisträger können, können das auch Stadtratsmitglieder. Deswegen werden die Sitzungen auch so kurz und effektiv, wenn ich die leite. Eine Minute Redezeit, Abstimmung, Pizza essen.

Oder ein neues Tattoo stechen lassen. Welches ist dein neuestes?

Meine Gattin hat tätowieren gelernt, und sie durfte mir ein rotes Herzchen stechen. Das ist mein aktuellstes Tatto und ihr allerallererstes.

Gibt es für dich ein Tabu in Sachen Bodymodifications? Du hast Tattoos, einen Magneten im Finger...

Ich habe sogar zwei Magneten in zwei Fingern. Amputationen fänd ich für mich nicht so praktisch, die Finger brauche ich ja zum Arbeiten. Aber das ist kein Tabu, nur unpraktisch. Auch so Hörnchen am Vorderkopf. Das musst du jedes Mal überall erklären. Und dafür hätte ich nicht die Nerven.

Mit herzlichem Dank an die move38-Redaktion für die Freigabe und die Genehmigung zur Veröffentlichung.

Lesetipps



Dr. rer. medic. Mark Benecke · Diplombiologe (verliehen in Deutschland) · Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für kriminaltechnische Sicherung, Untersuchung u. Auswertung von biologischen Spuren (IHK Köln) · Landsberg-Str. 16, 50678 Köln, Deutschland, E-Mail: forensic@benecke.com · www.benecke.com · Umsatzsteueridentifikationsnummer: ID: DE212749258 · Aufsichtsbehörde: Industrie- und Handelskammer zu Köln, Unter Sachsenhausen 10-26, 50667 Köln, Deutschland · Fallbearbeitung und Termine nur auf echtem Papier. Absprachen per E-mail sind nur vorläufige Gedanken und nicht bindend. 🗺 Dr. Mark Benecke, M. Sc., Ph.D. · Certified & Sworn In Forensic Biologist · International Forensic Research & Consulting · Postfach 250411 · 50520 Cologne · Germany · Text SMS in criminalistic emergencies (never call me): +49.171.177.1273 · Anonymous calls & suppressed numbers will never be answered. · Dies ist eine Notfall-Nummer für SMS in aktuellen, kriminalistischen Notfällen). · Rufen Sie niemals an. · If it is not an actual emergency, send an e-mail. · If it is an actual emergency, send a text message (SMS) · Never call. · Facebook Fan Site · Benecke Homepage · Instagram Fan Page · Datenschutz-Erklärung · Impressum · Archive Page · Kein Kontakt über soziale Netzwerke. · Never contact me via social networks since I never read messages & comments there.