2012 Veranstaltungsmagazin Biber
Quelle: Veranstaltungsmagazin Biber 05/06 2012, Seite 2
„Ich ekele mich vor Leberwurst“
Dr. Mark Benecke ist Kriminalbiologe und als „Herr der Maden“ ein ziemlich furchtloser Bursche. Bei seinem Infotainment-Abend lässt er die Besucher in die „Dunkelkammer des Bösen“ schauen.
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Dr. Mark Benecke ist Experte für Blutspritzer, Fliegen und Maden. Durch die Analysen des Kriminalbiologen konnte schon vielen Verbrechern das Handwerk gelegt werden. Mit dem Infotainment-Abend „Aus der Dunkelkammer des Bösen“ tourt er durch Deutschland. Dabei kommt er am 17. September ins Salzwedeler Kulturhaus. Der Biber sprach mit ihm.
Biber: Herr Benecke, Sie werden „der Herr der Maden“ genannt. Nicht gerade schmeichelhaft. Finden Sie das okay? Und: Stößt das Frauen nicht ab?
Mark Benecke: Finde ich absolut okay, und es stimmt ja auch. Zu den Frauen: Mir scheint eher, sie finden es anziehend, zumindest nehmen fast nur Frauen meine Vorzeige-Schaben und -Maden bei den Veranstaltungen auf die Hand. Männer sind da deutlich zögerlicher. So gesehen ...
Biber: Das Bühnenprogramm heißt, genau wie Ihr aktuelles Buch „In der Dunkelkammer des Bösen“. [...] Wem begegnet der Leser?
Mark Benecke: Ziemlich finsteren Figuren. Unsere Lektorin hat sich sogar geweigert, das Buch zu lesen, weil sie nach den ersten Seiten Alpträume bekommen hat. Dabei geht es da nur um die Zähne von Adolf Hitler, die ich mal in Moskau untersucht habe. Später kommen dann sehr harte Täter dran, die morden, foltern und sich einen Dreck um das Leben anderer scheren. [...]
Biber: Sie schreiben unter anderem über den Österreicher Josef Fritzl, der seine Tochter 23 Jahre im Keller gefangen gehalten hat, sie vergewaltigte. Wenn man von seiner Kindheit liest, hat man als Leser fast Mitleid. Das kann doch nicht gewollt sein?
Mark Benecke: Das ist es ganz bestimmt nicht. Im Buch sind mehrere Sichtweisen gemixt, und die im Fall Fritzl ist die psychologische [...]. Sie fragt vor allem, warum der Mann so wurde, und wie sich die schweren sozialen Störungen nicht nur durch sein Leben, sondern bereits das seiner Eltern und Großeltern ziehen. So etwas hilft uns, die Gefährlichkeit der Täter zu verstehen, wenn sie im Knast die nettesten Häftlinge sind und raus wollen.
Biber: Der Leser liest von der Lust am Mord, von Sexualmördern und Leichenresten. Was fasziniert Sie am Bösen und am Morbiden?
Mark Benecke: Ich mag es nicht, wenn Menschen auf der Couch hocken, Chips fressen und klugscheißerisch eine bessere Welt fordern. Dazu muss man auch mal an den Rand des Randes blicken, wo es stinkt und wackelt. Gemütlich in der Mitte rumsitzen, löst gar nix. Es geht darum, selber anzupacken. Ich hatte die Möglichkeit, mit Serientätern zu arbeiten. Also habe ich das gemacht, bevor das Wissen, das diese Menschen über sich selbst haben, einfach untergeht. Abgesehen davon mag ich schwierige Rätsel, aber Sudokus kann ich nicht.
Biber: Sie laden ein zu einer „Reise durch die Köpfe und Herzen jener Menschen, die in der Öffentlichkeit Monster genannt werden“. Sollten wir uns von Ungeheuern nicht lieber fern halten?
Mark Benecke: Doch, auf jeden Fall. Es lohnt sich aber, das Tor zur Hölle mal kurz aufzureißen und zu sehen, wer wirklich böse ist. Und sich zu fragen, wo die eigene Verantwortung anfängt.
Biber: Gibt es überhaupt etwas, vor dem Sie sich gruseln, fürchten oder ekeln?
Mark Benecke: Ja, Leberwurst, Bratwurst, Gulasch, Gänsebraten-Haut, Fleischwurst mit lustigem Gesicht drin und so weiter. Das sind alles Tierleichenteile, und die finde ich echt ekelhaft. Auch sonst bin ich voll die Sissy, ich kann nicht Auto fahren, im FBI-Hubschrauber musste ich mich fast übergeben. Und geschossen habe ich nur einmal im Leben, da war dann mein Monitor kaputt, weil ich das Teil falsch rum gehalten habe. Kein Witz.
Mit herzlichem Dank an Bernd Reinecke für die Freigabe und die Genehmigung zur Veröffentlichung.
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