2009 Facharbeit Sarah Herbst
Facharbeit von Sarah Herbst
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Einleitung
Themenwahl
Folgende Facharbeit beschäftigt sich mit einem wichtigen Bereich der Forensischen Entomologie: Die Bestimmung der Todeszeit von Menschen mithilfe der Fliegenmade. Da dieses Spezialgebiet ein sehr junger Zweig und noch nicht so viel erforscht ist, möchte ich mich intensiver damit auseinander setzen. Eine erste Bearbeitung in der Richtung erfolgte bereits im November bei einem Referat im Seminarfach zum Thema Forensische Biologie. Damals wie jetzt wählte ich es auch wegen meinem Interesse an Büchern von Mark Benecke. Er ist der bekannteste Kriminalbiologe in der Welt und Spezialist für Forensische Entomologie. Weltweit gibt es nur dreißig Experten, die auf dem Gebiet der Forensischen Entomologie tätig sind. Jedoch ist die Methode ein wichtiger Bestandteil von kriminalistischen Ermittlungen, da es hilft gerichtlich relevante Fragen zu klären.
Besonders wichtig finde ich die Verurteilung von Tätern für die Angehörigen der Opfer. Die Bestrafung der Täter bringt ihnen zwar nicht die Person wieder, jedoch bekommen sie somit ein wenig Gerechtigkeit und können das schreckliche Erlebnis besser verarbeiten. Somit möchte ich mit dieser Arbeit mehr Menschen auf die Wichtigkeit dieser Untersuchungen aufmerksam machen. Ich hoffe bei ihnen Interesse zu wecken und die Bedeutung, der von uns meist als Ungeziefer bezeichneten Lebewesen, zu verdeutlichen.
Umfang
Die Forensische Entomologie ist ein vielseitiges Spezialgebiet. Insofern sollen mit dieser Arbeit die Methoden und Möglichkeiten der Forensischen Entomologie dargestellt werden. Genauer betrachtet wird die Leichenliegezeitbestimmung mithilfe der Fliegenmade, wodurch dann die Todeszeit vermutet wird. Da auch die Vielfalt der Leichen besiedelnden Fliegenmaden groß ist, habe ich mich auf die Schmeißfliege spezialisiert. Die Schmeißfliege (Familie Calliphoridae) ist eine der ersten Insekten, die sich auf einem Leichnam niederlassen und daher sehr relevant für die Bestimmung der Leichenliegezeit.
Des Weiteren werden die Entwicklungseinflüsse, besonders die Temperatur, durch ein Experiment deutlich gemacht. Dabei wird anschaulich, wie genau die Bearbeitung eines Falles gemacht werden muss und dass jeder individuell ist. Deshalb braucht jeder Einzelfall genaue Betrachtung und Erfahrung. Die Facharbeit baut auf die Ergebnisse des Versuches auf und zeigt die Wichtigkeit der Weiterforschung.
Methoden
Das Experiment veranschaulicht die Entwicklung der Fliegenmade. Mark Benecke schrieb in einem seiner Werke: „Ein Forscher glaubt erst einmal gar nichts. Seien auch Sie respektlos, wenn Ihnen wissenschaftliche Ergebnisse seltsam vorkommen. Denn weder ,das wurde aber untersucht’ noch ,amerikanische Wissenschaftler haben herausgefunden’, noch ein Doktor- oder Professorentitel beweisen irgendetwas. Nur Experimente tun das.“ (Mark Benecke, 2005, Seite 13).
Der Versuchsbeginn ist der 20.12.2008 und die Dauer ist zuerst zwei Wochen, die aber durch die noch nicht vorschreitende Entwicklung verlängert wurde. Für das Experiment habe ich drei gleichgroße, lichtdurchlässige Gläser besorgt und diese mit Watte, Papier und anfangs Leberwurst ausgestattet. Die besorgten Maden wurden gleichmäßig und reichlich verteilt, denn ich wollte, dass der einzige Unterschied die Temperatur ist. Deshalb stehen die Behälter an Orten mit natürlichen Lichtverhältnissen. Durch die große Anzahl der Maden und die dreimal tägliche Kontrolle, mit schrift- und bildlicher Festhaltung, wird die Genauigkeit der Versuchsergebnisse erhöht. Der Standort draußen ist besonders belehrend, da es die Schwierigkeiten, die bei einem Fundort einer Leiche im Winter auftreten, aufzeigt.
Sobald der jeweilige Versuch abgeschlossen ist wird das Gefäß entsorgt und einige Elemente in einer Filmdose aufbewahrt. Der Zusatzversuch ist während der Experimentzeit entstanden und sollte Aufschluss geben ob die Puppen aus Glas zwei noch leben.
In dieser Arbeit wird zunächst der eigentliche Lebenszyklus der Schmeißfliege und dieser in Abhängigkeit von der Temperatur vor dem Versuch erklärt um die Fachbegriffe vorwegzunehmen und so das Verständnis zu vereinfachen. Zweitens ist es so möglich direkt nach meinen Versuchsergebnissen diese mit der eigentlichen Entwicklung bei Temperaturveränderungen zu vergleichen und dadurch auch eine nachvollziehbare Fehlerbetrachtung anzufertigen. Die aus der Insektenentwicklung resultierenden Vorteile sind danach aufgeführt. Dadurch wird die Bedeutsamkeit unterstrichen, wie auch im darauf folgenden Fallbeispiel.
Ich habe möglichst viele Quellen sowohl Literatur als auch das Internet genutzt um Fehler zu vermeiden und auch meine Texte individuell zu gestalten. Daher sind die Grundgedanken der Texte aus sehr vielen verschiedenen Quellen. Unter jedem Abschnitt nenne ich die Herkunft der Informationen. Die Ziatatangaben führe ich gleich nach dem Zitat auf. Zur Veranschaulichung verwende ich Abbildungen, die sich im Anhang befinden. Die Angaben sind, wie bei den Zitaten, direkt hinter der betreffenden Stelle. Die Bilder ohne Quellenangaben sind Fotos, die ich während des Versuches erstellt habe.
Die Schmeißfliege
Allgemein
Beschreibung/Lebensgewohnheiten
Die Schmeißfliege gehört zu der Klasse der Insekten (Insecta) und deren Unterklasse der Fluginsekten (Pterygota). Der Körper dieser Fliegen ist „meist metallisch blau oder grün bis goldgrün glänzend gefärbt“ (Quelle 2.7.) (siehe Anhang, S. 21, Abb. 1). Die Mandibeln sind zu einem Leckrüssel umgewandelt und sowohl die Augen als auch die Flügel sind sehr gut entwickelt.
Die Weibchen erzeugen bei der Eiablage ein kleines Eipaket, das man früher „Geschmeiß“ nannte. Daher kommt der Name für diese Insektenart. „Maden vermeiden vor allem Licht, Wind, Kälte und Trockenheit.“ (Mark Benecke, 2006, Seite 26). Das liegt an ihrem Versuch sich vor Austrocknung zu schützen und um die benötigte Mindesttemperatur zur Weiterentwicklung zu bekommen. Aufgrund der Empfindlichkeit gegen Kälte legen die Weibchen ihre Eier nur von Mitte März bis Mitte November. Die Überwinterung erfolgt meist als erwachsene Fliege in Verstecken. Aus diesen Eigenschaften ist die Beobachtung der Entwicklung bei verschiedenen Temperaturen interessant genauer zu untersuchen.
(vgl. Quellen- und Literaturangaben: 1.4.; 1.5.; 1.13.; 1.14.; 2.4.; 2.7.; L1)
Vorkommen
Weltweit existieren etwa 1000 Calliphoridae- Arten. In Deutschland sind 45 und in Mitteleuropa 60 dieser Gattung zu finden. Diese Verbreitung ist auf ihr ökologisches Verhalten, der Vorliebe in menschlicher Nähe zu leben und gelegentlich in deren Wohnungen längere Zeit zu verbringen, zurückzuführen.
(vgl. Quellen- und Literaturangaben: 1.6.; 1.13.; 2.7.)
Entwicklung
Ohne Einflussfaktoren
Die Entwicklung der verschiedenen Schmeißfliegenarten verlaufen ziemlich ähnlich und wird daher hier als eine behandelt. Während dieser Entfaltung verändert sich Körpergröße- und Gestalt. Aufgrund von Hormone durchlaufen sie eine vollständige Metamorphose.
Die Schmeißfliegenweibchen legen bis zu Zweitausend etwa zwei Millimeter große Eier ab, aus dem nach einem Tag die Maden (Larven) schlüpfen (siehe Anhang, S. 21, Abb. 2). Nun durchlaufen sie drei Larvenstadien, indem sie sich zweimal häuten. Während dieser Phasen, deren Dauer neun bis zehn Tage beträgt, wachsen die Larven bis zu einer Länge von siebzehn Millimetern. Kurz vor Erreichen dieses Wachstumsgipfels (Peak) ist durch das transparente Gewebe der Made der dunkel durchschimmernde gefüllte Darmtrakt zu erkennen. Die Maden haben eine träge Lebensweise und verweilen am Fleisch. Nach dem Entwicklungshöhepunkt sind die Maden sehr aktiv, wandern von der Leiche weg, entleeren ihren Darm und verpuppen sich in Tönnchen. Sie nehmen keine Nahrung mehr auf und ernähren sich von ihren Fettreserven.
Bei der nun stattfindenden Verpuppung zieht sich die Haut zusammen und verhärtet sich. Dies erfolgt zwölf Tage nach der Eiablage. Die Pupparien sind zwölf Millimeter lang und dunkeln mit der Zeit, während sich die Made im Innern vollständig auflöst. Nach weiteren sechs bis zwölf Tagen sind sie schwarz- braun gefärbt und werden nun als richtige Puppen bezeichnet (siehe Anhang, S. 21, Abb. 3).
Aus diesen schlüpft im Anschluss von acht bis zehn weiteren Tagen die Imago aus ihrer Puparienhülle (siehe Anhang, S. 22, Abb. 4).
Nach ein bis zwei Wochen sind die geschlüpften Imago- Weibchen in der Lage eine Eiablage einzuleiten. Somit können in der Zeit von Mai bis Oktober circa fünf bis zehn Generationen auftreten. Die Lebensdauer der Imago beträgt sechzig bis siebzig Tage.
(vgl. Quellen- und Literaturangaben: 1.2.; 1.3.; 1.4.; 1.5.; 1.10.; 1.14.; L1; L4; L5)
In Abhängigkeit von der Temperatur
Schmeißfliegen gehören zu den wechselwarmen Tieren und können daher ihre Körpertemperatur kaum regeln. Infolgedessen wird deutlich, dass der Entwicklungszyklus von den Umweltbedingungen abhängig ist, besonders „die Temperatur ist der Haupteinfluss auf die Wachstumsgeschwindigkeit der Larven“ (Mark Benecke, 2006, Seite 55). Gute Bedingungen für Schmeißfliegen ist ein warmes, feuchtes und sommerliches Klima.
In den Jahren 1981-1983 führten Wissenschaftler des Wiener Instituts Untersuchungen an Schmeißfliegen zur Entwicklung in Abhängigkeit von der Temperatur durch. Die Ergebnisse stimmen mit den Informationen von Mark Benecke in seinem Werk „Dem Täter auf der Spur“ überein.
Anhand dieses Diagramms und den Ergebnissen ist zu erkennen, dass die Dauer des Eistadiums durch Abnahme der Temperatur zunimmt. Folglich ist die Wachstumsgeschwindigkeit der Maden bei niedriger Temperatur geringer. Im Gegensatz dazu wird der Wachstumsgipfel bei höheren Werten früher erreicht und auch die Längenabnahme geschieht schneller. Jedoch ist die durchschnittliche Maximallänge geringer.
Bei Temperaturen unter sechzehn Grad Celsius verharren die Maden viele Wochen in ihrem Entwicklungszustand. Durch Erhöhung der Gradzahl kann dieser Ruhezustand unterbrochen werden. Bei einer Wärme über dreißig Grad entstehen Kümmerformen der Maden die sich nicht verpuppen und stattdessen absterben. „Bei sommerlichen Temperaturen kann sich die Entwicklung vom Ei zur ausgewachsenen Made innerhalb einer Woche vollziehen [...], und bei sehr guten Umweltbedingungen kann man den Maden sogar unter dem Vergrößerungsglas beim Schlüpfen zusehen.“ (Mark Benecke, 2006, Seite 28).
(vgl. Quellen- und Literaturangaben: 1.3.; 1.4.; 1.10.; 1.14.; 2.3.; L1; L5)
Versuch: Entwicklung der Schmeißfliege in Abhängigkeit von der Temperatur
Beschreibung und Durchführung
Die Entwicklung der Schmeißfliege, von der Made zum Vollinsekt, bei drei verschiedenen Temperaturen wird experimentell nachgeprüft. Dieses ist insofern anschaulich, da die Maden deutliche Veränderungen, wie in 2.2.1. genannt ist, zeigen und man somit diese leicht selbst beobachten kann.
Dazu werden drei große Gurkengläser ausgewaschen und mit weißem Papier ausgelegt. Auf dieses kommt feuchte Watte und für den ersten Tag ein Deckel mit Leberwurst (siehe Anhang, S. 22, Abb. 5). Die Deckel der Gläser werden mit Luftlöchern versehen und dann noch mit Mullbinde beklebt (siehe Anhang, S. 22, Abb. 6), damit die Maden nicht durch die Luftlöcher entweichen. Nachdem man genügend frische Maden aus dem Angelfachgeschäft besorgt hat, verteilt man diese auf die drei Behälter (siehe Anhang, S. 22, Abb. 7).
Glas eins steht draußen, also bei winterlichen Temperaturen, Glas zwei bei Zimmertemperatur (circa zwanzig Grad) und Glas drei auf der Heizung bei vierzig Grad Celsius (jedoch ist die Temperatur nachts wie die von Glas 2, da die Heizung ausgeht). Alle Gefäße sind den natürlichen Lichtverhältnissen ausgesetzt und unterscheiden sich nur in der Temperatur (und der Luftfeuchtigkeit, was nicht verhindert werden konnte).
Täglich werden die Behälter kontrolliert, die Beobachtungen von Größe und Veränderungen der Maden in einer Tabelle festgehalten und dabei Fotos gemacht. Des Weiteren muss anfangs täglich nachgeprüft werden ob die Watte noch feucht ist. Am zweiten Tag wird der Leberwurstdeckel entfernt und stattdessen ein Hähnchenschenkel reingelegt (siehe Anhang, S. 22, Abb. 8). Der Versuchsbeginn ist Samstag der 20.12.2008. Aufgrund des zu großen Gestankes wird das Fleisch am 22.12.2009 entfernt.
Beobachtung (Tägliche Beobachtungen siehe Anhang 7.2.)
zum Anfang
Anfangs konnte allgemein festgestellt werden, dass die weichen, weißen Maden unter das Papier und den Leberwurstdeckel kriechen. Andere krabbeln die Wand hoch und hinterlassen Schleimspuren. Die Anfangsgröße beträgt 1,4 Zentimeter (siehe Anhang, S. 23, Abb. 9) und das Alter fünf bis sieben Tage seit der Oviposition (laut Angaben aus dem Angelfachgeschäft).
Draußen (Glas 1)
Kurze Zeit nach dem Versuchsbeginn bewegen sich die Maden nur noch wenig und als das Fleisch hinzugefügt wird, verkriechen sich einige unter diesem. Am dritten Tag des Versuches sind die erste hellbraune Puppe und Hautfetzen zusehen (siehe Anhang, S. 23, Abb. 10). Durch die Fleischentsorgung hat sich die Anzahl der Tiere auf fünf verringert und am vierten Tag sind drei von ihnen braune Puppen. Im Verlauf von Tag fünf bis acht werden die Puppen immer dunkler und bewegen sich am achten Tag gar nicht mehr. Die letzte Puppe wird am vierzehnten Tag braun und es existieren drei verschieden Braunstufen im Behälter. Durch die stärker werdende Kälte ist am nächsten Morgen eine Puppe in Wasser gefroren. Bis zum Reinholen des Glases und Starten des Zusatzversuches am 10.1.2009 sind keine weitern Beobachtungen zu machen. Die Temperatur war sehr unterschiedlich und wurde in einer Tabelle dokumentiert (siehe Anhang, Seite 36, 7.3. Beobachtung der Temperatur draußen).
Bei Zimmertemperatur (Glas 2)
Am 21.12.2009, den zweiten Tag des Versuches, ist ein Teil der Maden klein und braun. Sie sind 1,1 Zentimeter groß und bewegen sich nicht mehr. Im Verlauf der nächsten sechsunddreißig Stunden werden mehr Puppen braun, die Brauntöne immer dunkler und einzelne Puppen sammeln sich zwischen der Mullbinde und dem Deckel vom Behälter. Ein Gestank entwickelt sich, der von Zeit zu Zeit intensiver wird.
Am vierten Tag sind nur noch kleine, braune Puppen im Behälter, die fünf Tage später alle braun bis schwarz sind (am 28.12.2008). Während der nächsten Zeit passiert nicht viel und am 6.1.2009 sind die ersten fünf Fliegen geschlüpft. Am neunzehnten und zwanzigsten Tag des Versuches erhöht sich diese Anzahl erst auf dreißig und dann auf circa siebzig Imago (siehe Anhang S. 23, Abb. 11). Bei der Entsorgung von dem Behälter habe ich leere Puppenhülsen sowie eine in dem Moment schlüpfende Puppe entdeckt (siehe Anhang, S. 22, Abb. 4). Die erwachsenen Schmeißliegen waren zum Teil tot, sonst ziemlich träge.
Auf der Heizung (Glas 3)
Am ersten und am Anfang des zweiten Tag(es) sind die Maden weich, warm und träge auf dem Boden des Glases. Einige sehen vertrocknet aus. Von dem Behälter kommt ein intensiver Gestank. Am Ende des zweiten Tages sind die ersten fünf braunen Puppen zu beobachten. Die Schleimspuren an der Wand sind besonders ausgeprägt. Außerdem sammeln sich Maden und Puppen zwischen der Mullbinde und dem Deckel.
Der Boden des Gefäßes wird bis zum vierzehnten Tag süffig- und schleimiger (siehe Anhang, S. 23, Abb. 12). Dann ist der Boden trocken und auch die Puppen und Maden sehen vertrocknet und wie Bestandteil des Bodens aus. Jedoch kann man am Anfang (sechster Tag) verschiedene Braunstufen entdecken. Aufgrund der Annahme und dem Aussehen, dass die Lebewesen in dem Behälter tot sein müssten wird das Glas am 15.1.2009 entsorgt. Keine Fliegen sind geschlüpft und es sind immer noch weiße Puppen im Gefäß.
Zusatzversuch
Beschreibung und Durchführung
Der Zusatzversuch beginnt am 10.1.2009 und dient zur Überprüfung, ob die Puppen in Glas eins in einem Ruhezustand oder abgestorben sind. Dazu wird der Behälter von draußen reingeholt. Ab diesem Zeitpunkt steht er bei Zimmertemperatur. Wenn die Puppen noch leben und in einem Ruhezustand waren müssen sie in den nächsten Tagen die Imago schlüpfen. Falls sie dies nicht tun, sind sie durch die außergewöhnlich kalten Temperaturen erfroren. Ich möchte dadurch herausfinden, ob bei zweistelligen Minusgraden Maden oder Puppen überleben können.
Beobachtung
In der Zeitspanne vom 10.1. bis zum 23.1.2009 entwickelten sich die Puppen selbst bei Zimmertemperatur nicht weiter. Es konnte während der gesamten Zeit keine weitere Veränderung festgestellt werden.
Auswertung
Meine Ergebnisse
Der Versuch hat eindeutig gezeigt, dass die Entwicklung der Schmeißfliege von der Temperatur abhängig ist. Nur die Maden bei Zimmertemperatur haben eine vollständige Metamorphose durchgemacht. Die fünf bis sieben Tage alten Maden waren nach ein bis zwei Tagen Puppen, die dann nach weiteren fünfzehn Tagen zu vollständigen Insekten wurden. Bei zu extremer Wärme verdörren die Maden und trocknen aus. Jedoch haben sie es relativ lange ausgehalten und einige hatten sich schon verpuppt. Die Kälte von draußen beeinflusst zuerst die Weiterentwicklung und versetzt die Lebewesen in einen Ruhezustand. Mit dem Zusatzversuch wurde aufgezeigt, dass die Puppen den Ruhezustand nicht überlebten und aufgrund der zu großen Minuswerte abstarben.
Insgesamt ergab sich, dass bei wärmeren Temperaturen die Maden schneller zu Puppen werden, die dann auch zügiger dunkeln. Des Weiteren zeigte der Versuch, dass die Maden das Licht scheuen und sich deshalb unter dem Leberwurstdeckel und der Watte verkriechen. Einige gehen auch in die Watte um sich vor Vertrocknung zu schützen. Vor dem Verpuppen gehen sie vom Fleisch weg, häuten sich und somit liegen die Puppen und Hautstücke frei im Glas herum. Der Gestank, der besonders vom zweiten bis dritten Tag anwesend war, kam größtenteils vom Hähnchenschenkel, bei dem sich, bei der Wärme des Zimmers und der Heizung, die Bakterien vermehrten. Die Trägheit und das Absterben der ausgewachsenen Fliegen können durch die geringe Luftzufuhr und dem Fehlen von Wasser und Nahrung erklärt werden.
Ich finde der Versuch hat anschaulich die groben Entwicklungen in Abhängigkeit von drei sehr unterschiedlichen Temperaturen gezeigt, jedoch ist er nicht auf kleinere Temperaturveränderungen von zum Beispiel drei bis fünf Grad eingegangen.
Vergleich meines Befundes mit der eigentlichen Entwicklung
Meine Versuchsergebnisse stimmen zum Großen Teil mit den bisherigen wissenschaftlichen Befunden überein. In Glas eins als auch in Glas drei sind die Tiere abgestorben und in Glas zwei hat eine komplette Metamorphose stattgefunden. Es wurde auch deutlich, dass die Maden Licht scheuen und sich vor Vertrocknung schützen wollen. Jedoch wurden bei meinem Versuch die Größenunterschiede der Maden nicht so deutlich sichtbar, sondern nur die Entwicklungsgeschwindigkeit.
Fehlerbetrachtung
Während des Experimentes tauchten öfters Probleme und Ungenauigkeiten auf, die mit den mir zustehenden Möglichkeiten meist nicht verhindert werden konnten. Zum einen war die Zimmer- und Heizungstemperatur nicht immer konstant, da die Heizung manchmal ausfiel und über Nacht generell ausgeht, damit nicht unnötig Energie verschwendet wird. Die Außentemperatur schwankte extrem und es ging in zweistellige Minuswerte (siehe Anhang 7.3. Beobachtung der Temperatur draußen). Außerdem sind diese Ergebnisse Durchschnittswerte und dadurch nur allgemein zu betrachten. Durch das tägliche Reinholen von Glas eins, befand sich dieses immer circa drei Minuten bei Zimmertemperatur. Weitere Faktoren sind zum einen die Luftfeuchtigkeit, die draußen anders ist als drinnen und somit zusätzlich auf die Entwicklung eingewirkt hat. Die Entfernung des Hähnchenschenkels bewirkte eine Abnahme der Lebewesen in den Gläsern, da viele Tiere im Fleisch sich befanden. Gerade in Glas eins bewirkte dies, dass die Anzahl der Maden auf fünf sank. Somit ist die Betrachtung nur noch über diese Fünf zu machen. Weitere Messungenauigkeiten ergeben sich durch die Längennahme der Maden in den ersten Tagen. Diese wäre nur exakt gewesen, wenn man die Tiere vorher getötet und lang gezogen hätte. Jedoch wollte ich dies nicht durchführen, da ich dann täglich einen Verlust von drei Maden gehabt hätte um Durchschnittswerte zu bekommen. Daher sind die geringeren Längenwerte zu erklären. Ferner ist die Altersangabe aus dem Angelfachgeschäft über die Maden nur eine Zeitspanne.
Forensische Entomologie
Definition und Anwendung
er Begriff „Forensische Entomologie“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Insektenkunde“. Dieses Spezialgebiet der Forensik bearbeitet Leichen, die sich für die Gerichtsmedizin in einem zu fortgeschrittenem Zersetzungsstadium befinden. Die Ergebnisse sind am besten wenn die Leiche zwischen zwei Tagen und zwei Wochen alt ist.
Dieser Zweig beschäftigt sich mit den leichenbesiedelnden Insekten, "um die Leichenliegezeit (PMI = post mortem interval), Vergiftungen, Verwahrlosung und andere forensische Fragen zu klären" (Mark Benecke, 1999, S. 116). Durch die Insekten wird zum Beispiel nachgewiesen, ob im Leichnam Medikamente oder Gifte vorhanden waren. Des Weiteren wird definiert, ob der Tatort mit dem Fundort übereinstimmt, indem die Lebensräume der auf dem Kadaver gefundenen Lebewesen mit denen vom Fundort verglichen werden.
(vgl. Quellen- und Literaturangaben: 1.3.; 1.4.; 1.9.; 1.10.; 1.12.; 1.13.; 1.15.; 2.2.; L1; L5)
Besiedlung
Einteilung der Zersetzungsstadien
„Mit den postmortalen Veränderungen der Leiche gehen zeitlich sich überlappende Faunen einher, die als Besiedlungswellen bezeichnet werden.“(B. Brinkmann und B. Madea, 2003, Seite 171) . Im Jahre 1884 unterschied der Rechtsmediziner Jean Pierre Mégnin zwischen insgesamt acht Besiedlungswellen für freiliegende Leichen. Die Einteilung beinhaltet „frischtot“, „beginnende Fäulnis“, „Fette“, „käseartige Produkte“, „ammoniakalische Fäulnis und Schwärzung“, „beginnende Vertrocknung“, „starke Vertrocknung“ und „Skelletierung“ (Mark Benecke, 1999, Seite 25). Dies gilt wie schon erwähnt jedoch nur für freiliegende Leichen und nicht an zum Beispiel begrabenen oder eingewickelten.
(vgl. Quellen- und Literaturangaben: 1.2.; 1.3.; 1.9.; 2.2.; L5)
Besiedlung durch verschiedene Insektenarten
Insgesamt gibt es hundert verschiedene Arten von leichenbesiedelnden Insekten. Diese kann man den verschiedenen Zersetzungsstadien einer Leiche zuordnen, je nachdem welche sie bevorzugen. "Eine Faulleiche ist für mich ein faszinierendes Biotop.", so Mark Benecke beim Besuch im Roxy (vgl. Wie Maden Mörder entlarven- Oliver Kessler).
Die Schmeißfliegenweibchen sind in der Lage die frischtoten Körper über weite Entfernung wahrzunehmen. Sie fliegen ihn rasch an und legen ihre Eier ab. In der fortgeschrittenen Fäulnis, dem breiigen Zustand der Leiche, kommen weitere Fliegenlarven, wie die Latrinen- oder Käsefliege, und Käfer der Kurzflügler hinzu. Nach circa drei Monaten, je nach Wetterlage, verlassen die Schmeißfliegen den Leichnam, der zu vertrocknen beginnt. Die folgenden Besiedlungsinsekten sind Buckelfliegen, Bunt-, Speck-, Erd-, Schinken- und Totengräberkäfer. Sie sind auf eingetrocknete Haut und Haare spezialisiert und zersetzen nicht nur die Reste der Leiche sondern ernähren sich auch von den Larven, die auf dem Körper leben. Auf das mumifizierte Skelett niesten sich dann die Asseln, Hundertfüßler, Milben, Motten und Spinnentiere ein.
Somit ist die Bestimmung kürzerer Zeitintervalle mithilfe der Made möglich. Hingegen geben die Käfer Hinweise auf eine längere Leichenliegezeit.
(vgl. Quellen- und Literaturangaben: 1.2.; 1.3.; 1.9.; 2.2.; 1.10.; 1.14.; L1)
Gründe für die Besiedlung
Der Hauptgrund für die Besiedlung eines Leichnams durch Insekten ist die Fortpflanzung. Die Fliegenweibchen legen ihre Eier in Körperöffnungen, wie Mund, Nase, Ohren, After, Scheideöffnungen und Wunden um ihren Nachkommen eine leichte Nahrungsaufnahme zu ermöglichen. Auch als Brutstätte, Lebensraum und Nahrungsquelle dient die Leiche. Fett- und Eiweißreiche Nahrungsplätze werden bevorzugt. Nicht nur das weiche Gewebe wird verwertet, sondern auch die Haare und das trockene, verweste Fleisch, wie vom Museums-, Teppich- und Schinkenkäfer.
(vgl. Quellen- und Literaturangaben: 1.2.; 1.14.; L1; L5)
Einflussfaktoren
Die Entwicklung der leichenbesiedelnden Insekten ist besonders durch ihre Eigenschaft, dass sie wechselwarme Tiere sind, geprägt. Temperatur und Feuchtigkeit nehmen aus diesem Grund einen erheblichen Einfluss. Ein weiterer Faktor ist der Fundort, abhängig von der Beschattung, den Bodeneigenschaften und dem Nahrungsangebot. Schmeißfliegen zum Beispiel bevorzugen schattige Plätze zur Eiablage. Die extremen Auswirkungen des Ortes zeigt die Caspersche Formel, die besagt, dass vergleichbare Fäulnisveränderungen nach einer Woche an der Luft, nach zwei Wochen im Wasser und nach acht Wochen im Erdreich auftreten (dies gilt nur bei Vernachlässigung der anderen Einflüsse).
Andere Einflussgrößen sind Drogen im Leichnam und wenn dieser in etwas, wie zum Beispiel einer Decke, eingehüllt ist.
(vgl. Quellen- und Literaturangaben: 1.10.; 1.14.; L1)
Todeszeitermittlung
Definition der Todeszeitbestimmung
Bei der Todeszeitbestimmung wird die Zeit zwischen Eintritt des Todes und dem Fund der Leiche untersucht. Die Genauigkeit dieser Untersuchung nimmt mit Zunahme der Zeit, die das Ereignis zurückliegt, ab. Jedoch muss die Todeszeit nicht unweigerlich die Tatzeit des Verbrechens sein. Manchmal führen schwere tödliche Verletzungen zuerst zu einer bestimmten Überlebungszeit, die erst Stunden nach der Tat tödlich sind. Die Todeszeit ist biologisch gesehen nicht ein fester Punkt, sondern die Zeit, wenn die frühen Anzeichen, wie zum Beispiel Totenflecken, Totenstarre oder Fäulnis, auftreten. Hingegen ist der klinische Tod, der Ausfall der drei wichtigsten Organsysteme. Dieses wird in der geläufigen Sprache oft als Todeszeit angesehen.
(vgl. 1.15.; L1; L5)
Leichenliegezeitbestimmung
Durch die Gerichtsmedizin
Die klassischen Methoden der Gerichtsmedizin zur Bestimmung der Todeszeit sind die Feststellung der Autolyse, der Leichenkälte und Vertrocknung, das Verschwinden der Totenflecken, der Messung der Ausprägung der Totenstarre, und des Stadiums der Verwesung der Leiche. Dieses Verfahren ist nur zwei bis drei Tage nach Todeseintritt anwendbar und aussagekräftig.
(vgl. Quellen- und Literaturangaben: 1.4.; 1.12.; 2.2.; 2.6.)
Durch die Forensische Entomologie
Mithilfe der Fliegenmade
Bei der Untersuchung „können manche Leicheninsekten anhand ihrer Größe bzw. Wachstumsgeschwindigkeit als postmortale Totenuhren die Leichenliegezeit anzeigen.“ (Mark Benecke, 2006, Seite 50). Besonders hohe Aussagekraft haben die Schmeißfliegen, besonders die metallisch- blauen oder gold- grünen Schmeißfliegengattungen Calliphora und Lucilla. Sie haben einen sehr feinen Geruchssinn und legen somit ihre Eier auf die frische Leiche oder sogar auf einen noch sterbenden Körper ab.
Die Leichenliegezeitbestimmung gliedert sich in mehreren Punkten. Zuerst wird der Tatort sorgfältig nach Insekten untersucht. Von diesen wird dann die Art, Larven-, Puppenstadium oder erwachsene Fliege, zugeordnet. Nicht immer ist dies eindeutig möglich. Um jedoch eine genaue Aussage treffen zu können muss eine Aufzucht des Tieres erfolgen. Nach dieser hat man nähere Informationen zur Sorte und in welchem Stadium es sich befand. Im nächsten Schritt wird das genaue Alter des Tieres durch Größe, Gewicht, Verhärtungsgrad der Körperhülle und Füllmenge des Darmtrakts ermittelt. Dabei ist wichtig zu wissen, ob es sich um ein Exemplar handelt, welches das Erreichen der Maximallänge und somit die Darmentleerung noch vor sich oder bereits hinter sich hat. Über das ermittelte Alter lässt sich nun die Lebenszeit der Tiere auf der Leiche und die Eiablage herleiten, wobei die möglichen Einflüsse berücksichtigt werden müssen. Die Eiablage ist mit der Liegezeit gleichzusetzen, da diese unmittelbar nach dem Tod einer freiliegenden Leiche passiert.
„Das so ermittelte Alter der Tiere stellt die Besiedlungszeit der Leiche mit dieser Insektenart dar. Allerdings kann sich die Erstbesiedlung verzögern, etwa durch vorheriges Einfrieren der Leiche. Es kann auch sein, dass es sich nicht mehr um die erste Besiedlungswelle handelt, sondern bereits um die zweite, dritte oder vierte.“ (Mark Benecke, 2006, Seite 52).
Ein Problem bei der Leichenliegezeitbestimmung sind die Einflussfaktoren. Mithilfe von einem Isomegalendiagramm (siehe Anhang, S. 24, Abb. 13) lässt sich die Zeitspanne von einer Made bis zu einer bestimmten Entwicklungsgröße unter bestimmten Umwelteinflüssen ermitteln.
(vgl. Quellen- und Literaturangaben: 1.11.; 1.12.; 2.2.; L1)
Rückschlüsse auf die Todeszeit
Die Leichenliegezeit muss nicht immer zwangsläufig die Todeszeit sein, da die Leiche vorher schon an einem anderen Ort aufbewahrt werden konnte, wo keine Insekten Zugriff hatten. „Es könnte ja sein (und ist schon vorgekommen), dass die Leiche beispielsweise eingefroren oder in einer Chemikalientonne verpackt war. In diesem Fall spiegelt das Alter der Insekten nur den Zeitpunkt wider, zu dem die Insekten erstmals Zugang zur Leiche hatten.“ (Mark Benecke, 2006, Seite 36). In Zweifelsfällen muss der Richter entscheiden. Jedoch lässt sich oftmals eine gute Abschätzung auf die mögliche Todeszeit treffen. Dadurch bekommen die Ermittler erste Ermittlungsaspekte.
Die Forensische Entomologie ist am aussagekräftigsten für die Todeszeitermittlung, jedoch benötigt eine solche Untersuchung viel Erfahrung und eine methodenreiche Anwendung. Durch die Fliegenmade ist eine sehr präzise Todeszeitermittlung möglich.
(vgl. Quellen- und Literaturangaben: 1.12.; 2.2.; L1)
Kriminalistische Bedeutung der Todeszeitbestimmung
Die forensische Entomologie bietet der Kriminalistik außerordentliche Potentialität zur Straftatenermittlung. Besonders die Todeszeit verhilft zu einer Rekonstruktion des Tatzeitpunktes und somit zur Eingrenzung des Tatverdächtigenkreises. Entweder kann das Alibi der verdächtigen Personen nachgefragt und überprüft werden oder die Ermittler können aus dem Wissen über die Tatzeit den Verdächtigen überraschen und dabei auf seine Reaktionen achten. Der Täter könnte dadurch unter Druck geraten und die Tat gestehen. Die Vernehmungen der Verdächtigen sind durch dieses Wissen sinn- und ergebnisvoller.
Vor Gericht können die Befunde der Todeszeit sowohl zur Personen Be- als auch Entlastung verhelfen und wird demgemäß oft zum Mittelpunkt einer Verhandlung.
(vgl. Quellen- und Literaturangaben: 1.11.; 1.12.; 2.2.)
Fallbeispiel: Eine kombinierte Spuren- und Liegezeitanalyse zur Überführung von Pastor Geyer
Am 28.Juli 1997 wurde eine Frauenleiche am östlichen Rand eines schattigen Wäldchens im Großraum Braunschweig gefunden und als Frau Geyer identifiziert. Der tatverdächtige, Pastor Geyer, hatte für den angenommenen Todeszeitpunkt, der 25. Juli 1997, kein Alibi. Somit sollte eine Tatzeitbestimmung durch die Forensische Entomologie erfolgen.
„Bei der Obduktion waren von der linken Schädelhälfte der Toten drei Maden in Formalin überführt worden. Es handelte sich um Larven im zweiten Jugendstadium.“ 1 „Die Gattung der Tiere konnte [...] sicher als Calliphora spec. bestimmt werden“1 und unter Berücksichtigung der Temperatur- und Wetterbedingungen ergab sich „Im Isomegalendiagramm für C. vicina [..] für die gemessene Maximalgröße von 7 mm für Made Nr. 1 eine Besiedlungsdauer der Leiche von zwischen 36 Stunden (1,5 Tage) und 67 Stunden (2,8 Tage) für diese Eiablagegeneration“1. Diese errechnete Liegezeit deckte sich größtenteils mit dem angenommenen Tatzeitraum.
Die zweite Frage, die sich das Gericht stellte war, ob der Verdächtige, Pastor Geyer, am Fundort war. Die Untersuchung der Stiefel von Pastor Geyer und der Bluse von Frau Geyer ergaben einen Fund von jeweils einer Ameise. „Die an der Bluse der Getöteten asservierten Ameisen und die am Stiefel asservierte Ameise gehören zweifelsfrei zu der gleichen Spezies. Es handelt sich um Lasius fuliginosus“1.
Eine erneute Besichtigung des Leichenfundortes durch einen Gutachter stellte zwei Nesteingänge von dieser Ameisensorte fünf bis neun Meter vom Leichenfundort fest. Durch eine Häufigkeitsbewertung ergab, dass „Die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Mensch beim zufallsverteilten Gehen in diversen Kunst- und Naturhabitaten der Kulturlandschaft des östlichen Niedersachsen auf ein Exemplar von Lasius fuliginosus tritt und dieses auch noch am Stiefel haften bleibt muß als statistisch sehr gering angenommen werden“1.
Durch „die insektenkundlichen Beweise, die als Indizien im Mordprozess gegen Frau G. Gatten zum Einsatz kamen“ wurde Pastor Geyer bei der Abschlussveranstaltung am 16.4.1998 zu acht Jahren Haft verurteilt (siehe Anhang, S. 24, Abb. 14).
Schluss
Weitere Problemstellungen
Auch wenn die Forensische Entomologie zur Leichenliegezeitbestimmung nur in den ersten Wochen auf den Tag exakt ist, muss eine intensive Untersuchung durch Experten erfolgen. Diese sind, aufgrund des Verbotes in Deutschland an menschlichen Leichen zu experimentieren, wenig vertreten.
„So kommt es auch, dass fast alle Faulleichen Spuren von Insekten an sich tragen, ganz gleich, ob ein Körper in einem Bach, einem Feld, einer Großstadtwohnung oder einem Rettungsring am Strand gefunden wird. Man muss die Tiere nur suchen.“ (Mark Benecke, 2006, Seite 50). Leider wird dieser Vorteil noch nicht ausreichend in Deutschland genutzt. In den USA hingegen werden Verwesungsexperimente an Leichen auf der Body Farm in Tennessee (seit 1971) und seit 2006 in Carolina durchgeführt (siehe Anhang Seite 24 Abb. 15).
Ein weiteres Problem ist, dass die Methode noch nicht ganz ausgereift ist und noch Schwächen aufweist. Im Winter sind die Möglichkeiten der Forensischen Entomologie sehr gering, da, wie hoffentlich durch meine Facharbeit deutlich geworden ist, die wichtigsten Insektenarten für die Bestimmung keine Eiablage tätigen.
Zusammenfassung/abschließende Reflexion
Alles in allen hatte ich viel Spaß während meiner Facharbeit. Gerade den Versuch fand ich abwechslungsreich, auch wenn mich viele als Verrückt erklärten. Ich habe viel dazugelernt und mir ist die Wichtigkeit von diesem Spezialgebiet noch deutlicher geworden. Mich hat besonders beeindruckt, wie viele Insektenarten bei der Leichenliegezeitbestimmung helfen. Ich hoffe, ich kann einigen Menschen dies hierdurch vermitteln.
Diese Arbeit möchte ich mit zwei Zitaten von Mark Benecke beenden, die verdeutlichen, dass dieser Zweig noch etliches zum Forschen bietet und ernst genommen werden sollte. „Nach derartigen Versuchen (kleine Ursache, große Wirkung) erkennt man, dass es auch für die künftigen Generationen in der forensischen Entomologie noch genug zu forschen gibt.“ (Mark Benecke, 2006, Seite 28) „und manche Schüler machen mittlerweile Experimente mit Fliegenmaden, vor denen ich den Hut ziehe. Ich frag mich, wann das Interesse wieder abflaut. Hoffentlich nie.“ (Mark Benecke, 2006, Seite 11).
Quellen- und Literaturangaben
www.benecke.com
- 1.1. http://wiki.benecke.com/index.php?title=Forensische_Entomologi e_am_Beispiel_eines_T%C3%B6tungsdeliktes
- 1.2. http://wiki.benecke.com/index.php?title=2003/2004_Facharbeit_Larissa_Wildenburg:_Leichen%2C_eine_Kinderstube_der_Insekten_Forensische_Entomologie_am_Beispiel_der_Schmei%C3%9F fliegen
- 1.3. http://wiki.benecke.com/index.php?title=2001-02- 28_Christina_Wiebusch:_Facharbeit_Forensische_Entomologie
- 1.4. http://www.benecke.com/pdf-files/koch_fe.pdf
- 1.5. http://wiki.benecke.com/index.php?title=Facharbeit_von_Rebekk a_Hahne:_Die_Zersetzung_des_Fleisches_durch_Fliegenmaden
- 1.6. http://wiki.benecke.com/index.php?title=1999-10- 14_Die_Zeit:_Mark_Benecke:_Leicheninsekten
- 1.7. http://wiki.benecke.com/index.php?title=2007_Archiv_f%C3%BCr _Kriminologie:Asservierung_von_Insekten-%2C_Spinnen- _und_Krebsmaterial_f%C3%BCr_die_forensisch- kriminalistische_Untersuchung
- 1.8. http://wiki.benecke.com/index.php?title=1998-03- 10_Braunschweig:_Verhandlung_des_Autors_im_Fall_Pastor_G eyer
- 1.9. http://www.benecke.com/pdf-files/enzyklop.pdf
- 1.10. http://wiki.benecke.com/index.php?title=2008_Facharbeit_Thust: _Forensische_Entomologie_-_Eigene_Untersuchung_zur_Entwicklung_der_Schmei%C3%9Ffl iege_als_leichenbesiedlendes_Insekt
- 1.11. http://www.benecke.com/pdf-files/fhsvenja.pdf
- 1.12. http://wiki.benecke.com/index.php?title=2001-10- 18_Hausarbeit_im_Fach_Kriminalistik
- 1.13. http://wiki.benecke.com/index.php?title=Facharbeit_Buse
- 1.14. http://www.benecke.com/pdf-files/julia_gehrisch_fe.pdf
weitere Internetseiten
- 2.1. http://de.wikipedia.org/wiki/Metamorphose_(Zoologie)
- 2.2. http://campus.doccheck.com/uploads/tx_dcmedstudscripts/7262_entomologie.pdf
- 2.3. http://www.univie.ac.at/forensic- entomology/pdf/Call%20vicina%20Reiter%201984.pdf
- 2.4. http://www.insektenbox.de/fibel/hol/zweifl/schmei.htm
- 2.5. http://www.stern.de/wissenschaft/natur/:Kriminalbiologie- Kommissar-Schmei%DFfliege/544689.html
- 2.6. http://library.thinkquest.org/04oct/00206/de/text_ta_time_since_death.htm
- 2.7. http://de.wikipedia.org/wiki/Schmei%C3%9Ffliegen
Literatur
- L1 Dem Täter auf der Spur/ So arbeitet die moderne Kriminalbiologie- Mark Benecke, 2006
- L2 Mordmethoden- Ermittlungen des bekanntesten Kriminalbiologen der Welt- Mark Benecke, 2002
- L3 Kriminalbiologie- Mark Benecke, 1999
- L4 Kriminalbiologie- Biologische Spurenkunde- Bernd Herrmann, 2007
- L5 Handbuch gerichtliche Medizin- B. Brinkmann und B. Madea, 2003
Anhang
Für den Anhang siehe bitte direkt im .pdf nach!