2009 Facharbeit Lukas Franzgrote: Forensische Entomologie – Insekten: Die Allzweckwaffe in der Kriminalistik?

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Lukas Franzgrote
Nicolaus-Cusanus-Gymnasium Bergisch Gladbach
Leistungskurs Biologie 1 (Jahrgangsstufe 12) im Schuljahr 2008/2009
eingereicht bei Frau S. Doth

Forensische Entomologie – Insekten: Die Allzweckwaffe in der Kriminalistik?

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Vorwort

Die forensische Entomologie ist mir das erste Mal begegnet, als ich Herrn Dr. Mark Benecke im November 2007 im ZDF („Kerner“) gesehen habe. Ich fand es beeindruckend anhand von Insektenstadien eine Leichenliegezeit zu ermitteln, die in Kriminalfällen eine große Rolle spielt. Dies kann man auch teilweise in manchen populären Krimiserien, wie „CSI: Miami“ beobachten, wenn Maden auf einer Leiche herumkriechen und diese verraten, wie lange eine Person schon tot sein könnte. Die Idee zu diesem Thema kam mir dann zufällig, als ich Foren nach einer guten Idee für meine Facharbeit durchsuchte, womit die forensische Entomologie wieder in mein Gedächtnis gerufen wurde. Auch meine ersten Recherchen versprachen Erfolg, womit ich mir dieses Thema endgültig aussuchte. Bei diesem ersten Suchen stieß ich immer wieder auf Dr. Mark Benecke, den ich ja bereits kannte. An dieser Stelle möchte ich ihm auch dafür danken, dass er und vor allem seine Mitarbeiterin Kristina Baumjohann mich bei meiner Facharbeit unterstützt haben und mir wertvollen Tipps und Anregungen geben konnten. Ebenso waren seine Internetseite und seine Bücher eine große Hilfe für mich. Später konnte ich dann aber auch noch Literatur in der Universitätsbibliothek Köln ausfindig machen, die mich in meiner Arbeit ebenfalls weiterbrachten. Allerdings hatte ich auch Probleme, meine vorgesehenen Experimente durchzuführen. Für Insekten war diese Zeit, in der die Facharbeit verfasst werden sollte, einfach ungeeignet und stellte mich vor Probleme, die ich aber versucht habe zu umgehen und zu lösen. Im Endeffekt konnte ich aber interessante und besondere Erkenntnisse aus meinen durchgeführten Experimenten gewinnen und diese auf die forensische Entomologie beziehen.

Einleitung

Sie summen, sie stechen, sie beißen. Des Menschen liebstes „Iiih!“ und „Hau ab!“. Insekten - allgemein als Ungeziefer beschimpft. Was hat sich die Evolution nur dabei gedacht, Insekten überhaupt ins Leben zu rufen? Insekten sind nicht ohne Grund auf unserem Planeten, sie helfen in vielerlei Hinsicht: Zum einen befruchten manche Pflanzen und sind Teil der Nahrungskette, zum anderen dienen einige aber auch als eine Art „Müllabfuhr“ und beseitigen organische Stoffe. Sie helfen damit auch, totes Gewebe in den natürlichen Kreislauf einzubringen, damit andere Lebewesen, die Produzenten, diese anorganischen Stoffe aufnehmen und verwerten können. Genau in diesem Bereich helfen sie ungemein: Nicht nur die heutige Kriminalistik kann sich glücklich schätzen, dass ihre „stillen Assistenten“ zu der „wichtigste(n), größte(n) und mannigfaltigste(n) Lebensgruppe der Welt“ gehören. Mit dieser Vielfalt und der Erforschung der Insektenkunde können Kriminalbiologen heutzutage anhand des Madenbefalls die maximale Liegezeit von Leichen und demzufolge auch einen möglichen Todeszeitpunkt bestimmen. Meine Facharbeit hat die Aufgabe die forensische Entomologie vorzustellen und zu klären, ob denn sie als angesprochene Entomologie die „Allzweckwaffe“ in der Kriminalistik eingesetzt werden kann. Den praktischen Bezug erhält meine Facharbeit durch 4 unterschiedliche Experimente. Dabei habe ich versucht die Ergebnisse meiner Versuchen mit Maden zu analysieren, um diese dann in Hinsicht auf die Anwendbarkeit innerhalb der Facharbeit zu diskutieren. In meiner Facharbeit möchte ich nun explizit darauf eingehen und klären, inwieweit und wie die Entomologie, also die Biologie, beim Lösen von Kriminalfällen helfen kann, um dann am Ende ein Fazit ziehen zu können, das diese Frage beantworten soll. Desweiteren gehe ich auch auf die Entomologie selber ein, beschränke mich dabei aber auf Fliegen, vor allem auf die Familie Calliphoridae, da diese zu den typischen Leichenerstbesiedler in unseren Breiten gehört und auch bei den Experimenten eine Rolle gespielt hat.

Hauptteil

Über die forensische Entomologie

Die forensische Entomologie ist eine Teildisziplin innerhalb der heutigen Kriminalbiologie. Sie kann dabei helfen, kriminalistische Fälle aufzuklären. Dieser sehr junge Zweig der Kriminalbiologie beschäftigt sich mit rechtsmedizinisch-kriminaltechnischen Untersuchungen von Arthropoden und dessen Auswertung. Die forensische Entomologie ist dabei aber ein „recht kleines Forschungsgebiet“ und wird nur von wenigen Ermittlern betrieben und angewendet. Dies liegt zum einen daran, dass die forensische Entomologie vielen Polizisten und Rechtsmedizinern unbekannt ist, womit das entsprechende Know-how fehlt, und zum anderen wird diese angewandte Insektenkunde auch nur selten und bei sehr speziellen und scheinbar unlösbaren Fällen herangezogen. Bei der Aufklärung von „alltäglichen“ Fällen, bei der die Leichenliegezeit, also der Todeszeitpunkt bestimmt werden soll, kommen zunächst die konventionellen, klassischen Methoden der Rechtsmedizin zum Einsatz, wie die Untersuchung der Wegdrückbarkeit der Totenflecken, die Bestimmung der Körpertemperatur sowie das Stadium der Leichenstarre und der Verwesung. Allerdings stoßen diese Bestimmungen und deren Aussagekraft schon nach wenigen Tagen an ihre Grenzen. Verschiedene Einflussfaktoren erschweren die Untersuchungen, sind von Fall zu Fall unterschiedlich und müssen bei jeder Analyse neu betrachtet werden. Je nach Einfluss können die Aussagen zur Liegezeit entweder zu ungenau oder gar unmöglich werden. In solchen Fällen kann die forensische Entomologie herangezogen werden und weiterhelfen, da Insekten trotz der verschiedenen Einflussfaktoren auch noch nach Monaten Aufschluss über die Leichenliegezeit geben können. Im Allgemeinen kann man sagen, dass die Todeszeitbestimmung mit rechtmedizinischen Methoden umso zuverlässiger ist, je kürzer die Leichenliegezeit ist, je mehr Methoden zum Einsatz kommen und je größer das Wissen und die Erfahrung der Ermittler ist. Mit Hilfe von Insekten verschiedener Altersstadien und der Zusammenarbeit mit Rechtsmedizinern und Kriminalbeamten können forensische Entomologen, wie Mark Benecke oder Kristina Baumjohann, die Liegezeit von Leichen (PMI), eventuell die Todesumstände und sogar auch teilweise den Ort bestimmen, an dem eine Person umgebracht wurde oder verstorben ist. Der PMI kann durch das Entwicklungsstadium der Insekten bestimmt werden. Eine todesursächliche Intoxikation durch Gift oder Drogen kann durch die Einlagerung toxischer Substanzen in das Madengewebe nachgewiesen werden. Der Ort, an dem die Person umgekommen ist, durch spezifische Insekten, die an einer Leiche zu finden waren, aber eigentlich an einem anderen Ort vorkommen und auch untypisch für den Fundort sind.12 Sehr bekannt sind zum Beispiel die blaue Schmeißfliegen, die zum einen eher in der Stadt mit dem Menschen assoziiert leben (Calliphora vicina) und solche, die eher im Wald und ländlichen Gebieten vorkommen (Calliphora vomitoria).

Zur Geschichte und Entstehung der forensischen Entomologie

Der erste bekannte, schriftlich festgehaltende Fall zur angewandten Untersuchung von Gliedertieren stammt aus dem 13. Jahrhundert und wurde von dem Chinesen Sung T’zu geschildert. Damals wurde ein Mörder in einem Dorf überführt, weil auf seinem Tatwerkzeug, eine Sichel, Blut und Gewebestücken anhafteten, die zwar Menschen nicht erkennen konnten, aber Schmeißfliegen anlockten und den Täter entlarvten. (vgl. Benecke, 2001 und 2006). Die weitere Entwicklung ist anhand verschiedener Kunstwerke und Skulpturen zu erkennen, die in den folgenden Jahrhunderten detailgenau angefertigt wurden. „Madenbesiedelte Faulleichen“, „Bemerkungen zur Weichteilzerstörungskraft von Maden“ und das „Artenspektrum“ galten als Motiv. 1850 wurden diese Erkenntnisse über die Insektenkunde erstmals praktisch zur Einschätzung einer Leichenliegezeit angewendet, wobei immer noch „grundlegende Daten“, wie zum Beispiel Kenntnisse zum temperaturabhängigen Wachstumsverhalten von Maden, fehlten. 1894 gelang es dem französischen Rechtsmediziner Pierre Mégnin die forensische Entomologie in der Kriminalistik zu etablieren. Er erfasste unterschiedliche Besiedlungswellen von Insekten auf freiliegenden Leichen. In seinem Buch „Fauna der Leichen“ gliederte er die Leichenzersetzung in folgende Stadien:

frischtot - beginnende Fäulnis - fettartig - käseartige Produkte - ammoniakalische Fäulnis und Schwärzung - beginnende Vertrocknung - starke Vertrocknung - Skelettierung

Zu jedem dieser Zeitpunkte der Leichenzersetzung gibt es bestimmte Insekten, die den Kriminalbiologen bei Fällen helfen können. (vgl. Benecke, 2001) Heutzutage ist die forensische Entomologie, neben der Blutspurenkunde und des genetischen Fingerabdrucks, eine bekannte, zwar eingeschränkt populäre, kriminalbiologische Methode, die vor allem dabei hilft, schwierige Todesfälle zu lösen. Sie gilt mittlerweile als modern und bahnbrechend, auch wenn viele Rechtsmediziner und Ermittler noch gar nichts von der Aussagekraft der Maden wissen und diese sogar zuerst beseitigen, bevor sie mit ihrer eigenen Arbeit beginnen.

Entomologie

Nekrophage Insekten auf Leichen

Neben Mikroorganismen, wie Bakterien und Pilze, helfen Insekten als Destruenten totes Gewebe wieder in den natürlichen Kreislauf einzubringen. Damit sind diese Lebewesen für den Zersetzungsprozess verantwortlich und beseitigen organische Stoffe. Auf der einen Seite zersetzen viele Insekten es durch ihre Fressaktivität, auf der anderen nutzen sie aber auch Leichen zur Ablage ihrer Eier. Von den vielen Nekrophagen, die eine Leiche besiedeln sind diese sogenannten „Leicheninsekten“ für die forensischen Entomologen am interessantesten. Denn diese fliegen zu einer Leiche hin, um dort Eier oder auch schon winzige Maden abzulegen. Die Schmeißfliegengattung Calliphora beispielsweise, nimmt bereits aus einer sehr weiten Entfernung feinste Duftnuancen wahr, die von dem frischtoten Körper ausgehen, und steuert die Duftquelle an. Diese Dipteren reagieren vor allem auf Buttersäure und Essigsäure, die für den Geruch verantwortlich sind und während des Zersetzungsprozesses im Körper entstehen. Zur Vorsorge, damit möglichst viele Nachkommen entstehen, werden bis zu Tausend Eier in Wunden oder Körperöffnungen abgelegt. Dies passiert zum Leidwesen der möglichen Täter, denn Maden können Ermittlern wichtige Hinweise in Bezug auf das Tötungsgeschehen liefern. (vgl. Benecke, 2006) Allerdings besiedeln nicht alle nekrophage Insekten totes Gewebe zum selben Zeitpunkt. Im Gegenteil, jede Art bevorzugt spezifische Verwesungsstufen, um die Leiche zu besiedeln. Zu Beginn der Verwesung, das heißt wenn die Leiche noch frisch ist, werden überwiegend Schmeißfliegen (Calliphoridae) aufgefunden, beziehungsweise deren Larven, da diese frisches und feuchtes Gewebe bevorzugen, um mit ihren kleinen, weichen Mundwerkzeugen überhaupt Nahrung aufnehmen zu können. Trocknet aber eine Leiche aus und verliert die Feuchtigkeit, haben Maden kaum noch Möglichkeiten von diesem Gewebe zu fressen, weil ihre Mundwerkzeuge dafür nicht geschaffen sind. In diesem Stadium werden überwiegend Käfer auf der Leiche gefunden, die die dafür die speziellen „harten, kauenden Mundwerkzeuge“ besitzen und somit leichter das ausgetrocknete und damit feste Gewebe aufnehmen können. Allerdings kommt es sehr oft vor, dass Leichen erst gar nicht austrocknen sondern breiig werden, womit über den gesamten Zeitraum der Verwesung überwiegend Maden auf der Leiche zu finden sind. (vgl. Benecke, 2006 und Abb. 4 u. 5, Seite 50f.)

Entwicklung von Schmeißfliegen

Mit der Ablage der Schmeißfliegeneier beginnt die Entwicklung der Maden. Je nach Gattung und den gegebenen Bedingungen kann die gesamte Entwicklung, die Metamorphose, innerhalb weniger Tage, bei „sehr guten“ Bedingungen, das heißt für die Schmeißfliege bei feucht warmem Klima, bis hin zu Wochen andauern. Nach der angesprochenen Eiablage, der Oviposition, bildet sich bereits nach wenigen Stunden unter der Eihülle (Chorion) eine Made, die nach einem Tag schlüpft und unmittelbar danach mit der Nahrungsaufnahme beginnt. Dies ist wichtig, da für die spätere Umwandlung von der Made zum sogenannten Imago, der fertigen Fliege, viel Energie in Form von ATP bereit stehen muss. Das heißt über die meiste Zeit der Metamorphose vom Schlüpfen bis hin zur Verpuppung frisst die Made um ATP zu gewinnen und zu speichern. Aufgrund der Nahrungszufuhr nimmt die Made deshalb auch stetig an Länge zu und füllt ihren Darm. Um möglichst schnell Nahrung aufzunehmen, sind diese Insektenlarven außerdem speziell angepasst: Mit ihrem Vorderende, das ein spezifisches Mundwerkzeug aufweist, können Maden fressen und ausatmen. Gleichzeitig aber mit ihrem Körperende durch zwei kleine Öffnungen, die das Ende ihres Tracheensystems bilden, einatmen, wodurch ein Ersticken der Made während ihrer Fressaktivität verhindert wird. Bevor die Made ihre maximale Größe im dritten und letzten Larvenstadium erreicht hat, häutet sich diese im Übergang zum zweiten und zum dritten Stadium jeweils einmal. Nach einer bestimmten Zeit, die von vielen entsprechenden Faktoren abhängig ist, hat die Made ihr Wachstumsmaximum, den Peak, erreicht und nimmt danach wieder an Länge ab. Diese Abnahme ist auf den Darmtrakt zurückzuführen, der vor dem Peak noch erkennbar gefüllt war und nach dem Wachstumshöhepunkt entleert wurde. Die Ausscheidung ist ein Schutzmechanismus vor dem und für das Verpuppungsstadium, der verhindert, dass die Made von innen heraus verfault, da diese während des Fressens Unmengen an Bakterien aus dem toten Gewebe aufnimmt. Die Folge wäre der Tod der Made. Das Wachstumsmaximum bedeutet damit, dass die Made danach keine Nahrung mehr aufnimmt und sich vom toten Organismus entfernt und einen Ort zur Verpuppung aufsucht. An einem Tatort bedeutet dies, dass sich Maden in der Kleidung, in Bodenspalten, unter der Leiche wiederfinden lassen. Dort bilden sie sich „zu einer Puppe in einem Tönnchen“, die am Anfang, wie die Made zuvor selber noch, hell gefärbt ist, aber mit der Zeit immer dunkler wird, wobei die „äußere Hautschicht [...] dann die Puppenhülle (bildet)“. Im Inneren der Made erfolgt die Auflösung des gesamten Gewebes, die Histolyse; anschließend kommt es zur völligen Neubildung des Organismus, der Histogenese, womit eine Imago, die erwachsene Fliege, entsteht. (vgl. Benecke, 2006; Reiter, 1984; Hüsing, 1963) Genetisch ist dieser komplexe Vorgang der Metamorphose auf ein und dieselbe DNA zurückzuführen. Die einzelnen Stadien werden durch die Genregulation gesteuert, wobei zu einer bestimmten Zeit immer ein bestimmter Genort eine hohe Transkriptionsaktivität aufweist (Puffs) und die jeweiligen Vorgänge steuert. (vgl. Jaenicke und Paul, 2004)

Bedeutung und Aussagekraft der Maden

Leichenliegezeitbestimmung

Für die forensischen Entomologen sind Maden kleine, „stille Assistenten“, die dabei helfen, unterschiedliche Informationen über eine Leiche in Erfahrung zu bringen. „Leichen (sind dabei) "postmortale Totenuhren" mit Stunden- und Minutenzeigern.“ Die „Stunden“ werden durch die „verschiedenen Arten“ bestimmt, die, wie schon erwähnt, bei bestimmten Zersetzungsstadien auf der Leiche zu finden sind. Die „Minuten“ werden durch die Länge und Größe der Maden ermittelt. Doch die Wachstumsgeschwindigkeit, also die Zeit in der eine Länge erreicht wird, ist von Art zu Art unterschiedlich. Hinzu kommen verschiedene natürliche Einflussfaktoren, wobei die Temperatur der Haupteinflussfaktor auf das Wachstum von Insekten ist. Somit ist es zum einen nötig die Temperatur am Fund- oder Tatort, sowie die Art des dort anzutreffenden Insekts zu bestimmen, um möglichst genau die maximale Liegezeit einer Leiche zu ermitteln. Mit Hilfe von sogenannten Isomegalendiagrammen, die es für einige bekannte Leicheninsekten gibt, wird je nach Temperatur und je nach Art die Zeit der Gesamtentwicklung bestimmt, die einer Todeszeit entsprechen kann. (vgl. Abb. 7, Seite 52). Die Art eines Insekts ist bei der Betrachtung aber nicht anhand des Aussehens der Made zu erkennen, zumindest nicht sicher und präzise. Stattdessen wird entweder durch das Präparieren und Mikroskopieren des Mundwerkzeugs, das für jede Fliegenart eines bestimmten Entwicklungsstadiums spezifisch ist, oder durch das Auszüchten dieser die Art bestimmt. Letztere Methode ist aber zeitaufwendig, da das Auszüchten bedeutet, dass die Gesamtentwicklung bis zum Schlüpfen der Fliege abgewartet wird, um dann die sichtbaren phänotypischen Merkmale und die Art bestimmen zu können. Eine zusätzliche, eher zukunftsorientierte Methode, die noch an Zeit und Forschung benötigt, ist die Bestimmung der Made durch den genetischen Fingerabdruck, der aber in den letzten Jahren schon immer mehr an Bedeutung und Aussagekraft gewonnen hat und in Zukunft die Determination revolutionieren könnte. (vgl. Benecke, 2006 und 2001)

Forensische Entomotoxikologie

Neben der Bestimmung der Leichenliegezeit können aber auch in speziellen Fällen die Todesumstände geklärt werden. Da sich die Maden vom Gewebe der Leiche ernähren, werden auch Weichteile, wie Leber, Niere oder Herz angefressen. Durch Toxine, wie Gift, Drogen oder Medikamente in hoher Dosis, kann eine Person gestorben sein, womit eine todesursächliche Intoxikation vorliegt. Diese Substanzen lassen sich aber bei „schwerer Fäulnis oder Skelettierung“ nicht mehr, durch Gewebeuntersuchung an einer Leiche, nachweisen. In einem solchen Fall kann die forensische Entomotoxikologie weiterhelfen. Die Insekten nehmen toxische Substanzen aus dem Leichengewebe auf und speichern diese in ihrem Körper, dies lässt sich später nachweisen. Da die Speichermenge des Stoffes je nach Organ unterschiedlich ist und die Maden an unterschiedlichen Stellen des Körpers fressen und daher unterschiedliche Mengen toxischer Substanzen aufnehmen, kann die forensische Entomologie nur qualitative Antworten geben, womit keine Aussage über die Konzentration der Substanz, die im Körper war, möglich ist. (vgl. Benecke, 2006, 2001)

Ermittlung eines Sterbeortes

Es gibt Kriminalfälle in denen der Leichenfundort nicht mit der Auffindesituation übereinstimmt. Dies ist beispielsweise der Fall wenn bestimmte Merkmale, wie fehlende Blutspuren oder Wasser in der Lunge vorhanden sind, obwohl die Leiche mitten auf einem Feld gefunden wurde und kein Gewässer in der Nähe zu finden war. Doch es gibt Insekten die spezifisch in bestimmten Lebensräumen anzutreffen sind, wie beispielsweise Köcherfliegen, die in der Regel im Gewässer anzutreffen sind. Diese können Spuren an Leichen hinterlassen, nämlich ihre Köcher, die den forensischen Entomologen möglicherweise einen Hinweis auf den Tatort geben können.

Äußere Einflussfaktoren auf Insekten

In der Ökologie gibt es zwei verschiedene Gruppen von Faktoren: Die abiotischen und die biotischen Umweltfaktoren. Zu den abiotischen Faktoren gehören unter anderem die Temperatur-, Licht- und Feuchtigkeitsverhältnisse, die einen sehr großen Einfluss auf die Insektenentwicklung haben. Von den biotischen Umweltfaktoren ist vor allem das Nahrungsangebot für die Existenz der „stillen Assistenten“ entscheidend, da erst andere Tiere, vor allem deren Kadaver, dafür sorgen, dass nekrophage Insekten angelockt werden. Allerdings ist es „nicht möglich, einem einzigen bestimmten Faktor die alleinige bestimmende Wirkung zuzuerkennen“. So sind Kombinationen von Faktoren möglich, die einen Einfluss nach sich ziehen. Um die Auswirkung von abiotischen Umweltfaktoren zu simulieren wurden vier unterschiedliche Versuche durchgeführt. Dabei gab es einen Vorversuch und drei Hauptversuche, die die abiotischen Faktoren Feuchtigkeit, Lichtverhältnis und Temperatur simulierten. Im Folgenden werden die 4 Experimente kurz vorgestellt.

Vorversuch

Zuerst stand der Vorversuch an, der klären sollte, ob bei winterlichen Temperaturen (-7 bis 7°C) frei zugängliches Fleisch von Insekten besiedelt werden würde. Dazu wurde Putenfleisch in das Freiland gelegt und durch einen Drahtkäfig vor Fressfeinden geschützt. Nachdem der Versuch über sieben Tage durchgeführt wurde kam man aber zu der Erkenntnis und ersten Vermutung, dass die kalten Temperaturen das Besiedeln des Fleisches verhinderten. Dadurch entstand die Annahme, dass der abiotische Faktor Temperatur einen sehr großen Einfluss auf die Insektenentwicklung und die Existenz derer hat.

Versuch A

In dem ersten Hauptexperiment sollte der abiotischen Faktoren Licht verändert werden. Der Lichtfaktor wurde bei Versuch A durch eine Energiesparlampe simuliert, die den Käfig über den gesamten Versuchszeitraum hell beleuchtete. Zusätzlich herrschten Temperaturen zwischen 6 und 9°C, die den Umgebungstemperaturen entsprachen. Da die Hauptversuche im Keller durchgeführt wurden, war außerdem gewährleistet, dass die Temperaturen relativ konstant blieben und dadurch einfacher auszuwerten waren. Zum Versuchsstart wurde Putenfleisch zusammen mit Maden in den Käfig gelegt. Allerdings wies Versuch A noch einen zunächst nicht bewusst erzeugten Effekt auf: Zwar trocknete das Fleisch der Oberseite langsam aus, blieb aber dafür an der Unterseite feucht, womit der abiotische Faktor zusätzlich simuliert wurde. Am Anfang des Versuchs war zu beobachten gewesen, dass sich die Maden, die sich bereits zu Beginn des Versuchs schon zeitlich vor der Verpuppung befanden, schnell in das Bodenstreu verkrochen und selten an der Oberfläche zu sehen waren. Stattdessen fand man die träge gewordenen Maden nach bereits 48 Stunden ausschließlich unter dem Fleisch. Nach 120 Stunden war die erste Puppe zu sehen, die sich ebenfalls unter dem Fleisch befand. Bei Beendigung des Versuchs, nach 196 Stunden, hatten sich aber letztendlich nur wenige Puppen gebildet.

Versuch B

Wie auch Versuch A, wies dieses Experiment die drei Einflussfaktoren Temperatur, Licht und Feuchtigkeit auf. Allerdings bestand hier der Unterschied, dass die Maden einer Temperatur von etwa 20°C ausgesetzt waren, was durch Einsetzten eines Wärmeschlauches und einer entsprechenden Isolierung gelang. Zu Beginn des Versuchs wirkten die Maden sehr lebendig und krochen umher. Nach 48 Stunden befanden sich auch hier viele Maden unter dem Fleisch, krabbelten dort aber weiter umher. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich bereits einige Puppen gebildet, die mit der Zeit immer dunkler wurden. Außerdem kamen Tag für Tag Puppen hinzu, bis nach 120 Stunden alle Maden das Puparium gebildet hatten. Bei Versuchsende waren die Puppen bereits fast schwarz gefärbt und standen dem Schlüpfen bevor.

Versuch C

Versuch C simulierte ebenfalls ein Biotop mit den abiotischen Faktoren Temperatur, hier etwa 25°C, Lichtverhältnis, abgedunkelter Raum, und Feuchtigkeit. Allerdings war das Fleisch durch die erhöhte Temperatur viel schneller ausgetrocknet, womit das Fleisch schon nach wenigen Stunden die Feuchtigkeit verloren hatte. Bei Versuchsbeginn beobachtete man, dass die Maden sehr lebendig wirkten und schnell herumkrochen. Schon nach 48 Stunden hatten sich die Maden verpuppt, womit keine Aktivität in diesem Versuch mehr stattfand. Zum Ende des Versuchs, nach etwa 196 Stunden, waren alle Puppen sehr dunkel gefärbt und befanden sich unmittelbar vor dem Schlüpfen.

Zusammenfassung der wichtigsten Versuchsdaten

  • Vorversuch: Temperaturen von -7 bis 7°C, trocken, teils bewölkt, teils sonnig
  • Versuch A: Temperaturen von 6 bis 9°C, direkte und konstante Lichteinwirkung über gesamte Versuchslaufzeit, Feuchtigkeit unter dem Fleischstück
  • Versuch B: Temperaturen von ca. 20°C, direkte und konstante Lichteinwirkung über gesamte Versuchslaufzeit, Feuchtigkeit unter dem Fleischstück
  • Versuch C: Temperaturen von ca. 25°C, abgedunkelter Raum, Feuchtigkeit nur zu Beginn des Versuchs unter dem Fleischstück

In den durchgeführten Experimenten wurden die verschiedenen Effekte durch die abiotischen Faktoren Feuchtigkeit, Lichtverhältnis und Temperatur simuliert, die im Folgenden untersucht und analysiert werden.

Einflussfaktor Feuchtigkeit

Ein zunächst nicht bewusst erzeugter Effekt in den Versuchen zeigte, inwiefern der abiotische Faktor Feuchtigkeit von Bedeutung für Maden ist. In den Versuchen A und B war zu beobachten, dass sich die Mehrzahl der Maden bereits nach 48 Stunden unter das Fleisch verkroch, da die Unterseite nicht so schnell austrocknete wie die Oberseite und weil die Maden Enge bevorzugen, die ihnen Sicherheit suggeriert. Aber auch zum Schutz vor Austrocknung und eventuell zur besseren Fortbewegen favorisieren Maden feuchte Gebiete. Außerdem ist zu vermutet, dass sie sich das Milieu aussuchen, das für sie am geeignetsten ist. Dies ist genauso bei der Leichenbesiedlung zu beobachten, während Maden Körperöffnungen, wie Augen oder Mund bevorzugen, um dort leichter Nahrung aufnehmen zu können. Allerdings werden diese Stellen bereits durch die Oviposition festgelegt und vom Fliegenweibchen bestimmt. Diese Position ist zwar nicht verbindlich für den Verbleib der Maden genau an dieser Stelle, legt aber meist den Platz fest, an dem die Maden anfangen zu fressen. Bei Veränderung des Milieus, das für die Maden nicht mehr optimal erscheint, können diese dann aber auch den Fressplatz wechseln. Die adulten Fliegen, die zwar bei Nässe generell Tätigkeiten, wie das Fliegen und damit die Oviposition, vermeiden, bevorzugen ebenfalls feuchte Gebiete, um dort Nahrung besser und einfacher aufnehmen zu können.

Einfluss der Lichtverhältnisse

Der abiotische Faktor Licht spielt bei Maden eine große Rolle: Maden besitzen einen Lichtsensor, der es ihnen ermöglicht zwischen Helligkeit und Dunkelheit zu unterscheiden. Wie Versuche A und B, bei denen direktes Licht auf die Maden schien, zeigen, kriechen Maden fluchtartig an einen dunkleren Ort, wenn sie Licht wahrnehmen. Dazu boten sich zum einen das Bodenstreu und zum anderen die Unterseite des Fleisches an. Allerdings ist dieses Verhalten nicht unbedingt oder nicht nur auf die Lichteinwirkung zurückzuführen. Die verwendeten Maden befanden sich zeitlich in ihrer Entwicklung bereits nach ihrem Wachstumsmaximum. Dies war daran zu erkennen, dass der Darmtrakt schon entleert war und die Maden weitestgehend das Fleisch nicht mehr als Nahrung aufnahmen. Da die Maden nun vor der Verpuppung stehen, verkriechen sie sich in Spalten, unter das Fleisch oder in die Ecken des jeweiligen Käfigs um das Puparium zu bilden. Dieses Verhalten war auch in Versuch C zu beobachten, obwohl dort keine Lichteinwirkung stattfand. Erst beim Abbau des Versuches C kamen die vielen verpuppten Maden zum Vorschein, die sich vorher tief unter dem Streu in den Ecken angesammelt hatten. Grund für dieses Verhalten konnte aber nicht der Einfluss des Lichtes sein, da die Maden sich in einem dunklen Kasten befanden. Demnach ist dies auf das natürliche Verhalten der Maden zurückzuführen, die sich zur Verpuppung bereit machten. Doch der Einfluss des Lichtes auf das Verhalten der Maden bleibt bemerkenswert. Ist eine Leiche fast komplett bestrahlt, und nur ein Teil des toten Gewebes liegt im Schatten, so wird ausschließlich dieser zunächst besiedelt und angefressen. Dies geschieht zum Schutz in der Dunkelheit vor Fressfeinden, wie Vögeln oder Wespen, oder um unter Sonnenstrahlen nicht auszutrocknen, wobei dann die Lichtenergie Wirkung zeigt. Allerdings ist das Nahrungsangebot als Faktor dem des Lichtes übergeordnet. Das bedeutet, dass, wenn der schattige Teil einer Leiche aufgefressen ist, sich die Maden auch dem Licht aussetzten und an der beleuchteten Stelle weiter Nahrung aufnehmen. Aber generell gilt, dass Maden Licht meiden und das im Gegensatz zu den adulten Imagines, die vor allem an „heiteren bis wolkenlosen Tagen [...] (ihre) Legetätigkeit“ erhöhen. Allerdings legen die meisten Fliegenweibchen ihre Eier an die für die Maden, geeigneten Stellen, an schattigen Plätzen, ab, um schon vorher eine Austrocknung zu vermeiden und ihren Nachwuchs vor Fressfeinden zu verstecken. Ausgewachsene Fliegen sind vor allem bei hellen Lichtverhältnissen anzutreffen, was sich auch in der Nacht zeigt, wenn sich Insekten allgemein am Licht orientieren und an Leuchtquellen zu finden sind. (vgl. Reiter, 1983 und Hüsing, 1963).

Auswirkung der Temperaturverhältnisse

Der größte und bedeutendste abiotische Umweltfaktor für Insekten ist die Temperatur. Insekten sind poikilotherme Lebewesen, die ihre Körpertemperatur nicht selbst regulieren können und damit wechselwarm sind, da sie den großen Temperaturschwankungen der Umwelt ausgesetzt sind. Demnach entspricht die Außentemperatur nahezu ihrer eigenen Körpertemperatur, was sie von der Umgebungstemperatur abhängig macht. Abhängig von Temperaturen sind außerdem alle Stoffwechselvorgänge, bei denen dieser Umwelteinfluss seine Wirkung geltend macht. Zwischen den drei durchgeführten Versuchen, die als künstliche Biotope mit unterschiedlichen Umweltfaktoren dienten, war die Temperatur hauptausschlaggebend für die Entwicklung der Maden. Versuch A zeigte, dass es bei Temperaturen von 6 bis 9°C sechs Tage dauerte, bis sich die erste Made verpuppte. Hingegen bei Versuch B (etwa 20°C) und Versuch C (etwa 25°C) der Vorgang nur um die drei Tage auf sich warten ließ. Desweiteren gab es den Unterschied, dass bei Versuch B im Gegensatz zu Versuch C es noch einmal länger dauerte, bis sich alle Maden verpuppt hatten. Dies lag zwar auch daran, dass die Maden sehr wahrscheinlich nicht alle gleich alt waren, aber vor allem weil die Temperatur in Versuch C aufgrund der besseren Isolierung noch einmal 5°C über der von Versuch B lag. Damit ist festzustellen, dass die Entwicklungsdauer von Temperatur zu Temperatur unterschiedlich ist. Aufschluss darüber geben die Enzyme, die vor allem für die Stoffwechselvorgänge bei Lebewesen zuständig sind. Dabei beruhen alle biochemischen Reaktionen, wie auch die Verpuppung oder die Histogenese, auf der Aktivität von Enzymen, die je nach Temperatur eine bestimmte Reaktionsgeschwindigkeit besitzen. Mit zunehmender Temperatur steigt somit auch die „Intensität der Lebensvorgänge“, die grafisch in der folgenden Abbildung dargestellt wird.

Wie bei jeder enzymatischen Reaktion herrscht bei einer bestimmten Temperatur (Optimaltemperatur) ein Optimum der Vorgänge. Bei Insekten, speziell bei Fliegen, liegt die Optimaltemperatur bei um die 30-35 °C. Allerdings ist dies sehr artspezifisch und variiert stark nach und sogar in der Gattung. Ist die Temperatur aber niedriger oder höher als die Optimaltemperatur, so nimmt auch die Reaktionsgeschwindigkeit, beziehungsweise der Stoffwechsel ab. Es existiert aber eine Ober- und Untergrenzen, die die Aktivität und das Leben der Insekten einschränkt. Steigt die Temperatur über das Optimum erhöht sich die Wahrscheinlichkeit der Denaturierung der Polypeptidketten. Wenn die Temperatur weiter über ein Maximum hinausläuft folgt die Wärmestarre, innerhalb der die Insekten versuchen sich an kühlere Orte zurückziehen und eine sogenannte Diapause vollziehen. Das heißt die Aktivität und Entwicklung der poikilothermen Lebewesen wird eingestellt, womit diese in ihrem aktuellen Stadium verharren. Erfolgt jedoch keine Abkühlung denaturieren die Polypeptidketten immer weiter, was zur irreversiblen Wärmestarre bis hin zum Hitzetod führt, da die Tertiärstruktur und die Funktion der Enzyme zerstört wird. Der Denaturierungsprozess setzt bei circa 42°C ein und kann über einen längeren Zeitraum zu irreversiblen Schäden führen. Eine höhere Temperatur bedeutet, dass die Enzyme in den poikilothermen Lebewesen weiter zerstört werden und dies letztlich zum Tode führt. Anders sieht es bei niedrigeren Temperaturen aus, die unter dem Optimum liegen. Fällt die Temperatur, wird die Teilchenbewegung im Organismus immer langsamer, womit Enzyme und Substrate immer seltener aufeinander treffen und der Stoffumsatz verringert wird. Sinkt die Temperatur weiter, bis unterhalb des Minimums, treten Insekten ebenfalls in die Diapause ein und fallen in eine Kältestarre, aus der sie allerdings wieder erwachen können. Fällt die Temperatur unter 0 °C, bilden sich im Gewebe viele Eiskristalle, die dieses zerstören und den Organismus zerreißen (Kältetod). Alle Versuche haben gezeigt, dass durch Temperaturunterschiede die Geschwindigkeit der Entwicklung beeinflusst wird. Vergleicht man Versuch A und Versuch B so ist erkennbar, dass bei einer Temperaturdifferenz von etwa 12,5°C die Zeit bis zur Verpuppung bei Versuch A etwa 2,5mal so lange dauert wie bei Versuch B. Es gilt die Reaktionsgeschwindigkeit-Temperatur-Regel, die „besagt, dass sich bei einer Temperaturerhöhung um 10°C die Reaktionsgeschwindigkeit verdoppelt bis vervierfacht.“ Diese Gesetzmäßigkeit wird zwischen Versuch A und B deutlich: Bei Versuch A betrug die durchschnittliche Temperatur etwa 7,5 °C, bei der die Maden etwa 120 Stunden bis zur Verpuppung brauchten. Bei Versuch B hingegen herrschte eine konstante Temperatur von 20 °C, wobei die Maden hier etwa 48 Stunden benötigten, um das Puparium zu bilden. Demnach erfolgte eine Temperaturerhöhung um 12,5 °C womit die Reaktionsgeschwindigkeit um das 2,5fache erhöht wurde. Gleicht man diese Werte an und beachtet dabei, dass die Stundenzahl bis zur Verpuppung sehr grob gemessen ist, die Maden auch unterschiedlich alt sein und die Temperaturmessungen abweichen können, ist die RGT-Regel auf das Madenwachstum und die Aktivität in Abhängigkeit der Temperatur zu beziehen. Auch Versuch A zeigt, dass bei niedrigen Temperaturen die Aktivität der Maden sehr eingeschränkt war. Im Gegensatz dazu stehen Versuch B und Versuch C, bei denen man schon am Geräusch die Aktivität der Maden hören konnte. Die Versuchstiere in A hingegen fingen erst an sich zu bewegen, als man diese störte und Licht auf sie richtete, was zur Anregung des Fortkriechens führte. Zuvor war die Aktivität der Maden durch die Temperatur noch eingeschränkt, das Licht regte sie aber an, sich an einen dunkleren Ort zu begeben.

Der Einfluss der Temperatur gilt für Maden wie auch für adulte Fliegen gleichermaßen. Zwar sind Fliegenweibchen bei frühwinterlichen Bedingungen (um 15 °C) noch gewillt, ihre Eier zu positionieren, allerdings dauert die Entwicklung von der Made bis zum Imago im Winter teilweise Wochen, wenn nicht sogar Monate, was die Ausbreitung der Fliegen, oder allgemein der Insekten, im Winter teilweise erklärt. Dies verdeutlichte der Vorversuch, der der Frage nachgehen sollte, ob denn überhaupt im Winter Fliegen totes Gewebe ansteuern und dieses besiedeln. Allerdings war kein Insekte zu beobachten, dass das Putenfleisch anflog oder gar als Platz zur Eiablage nutzte. Damit ergab sich schon vorab die Vermutung, dass Insekten im Winter nur stark eingeschränkt vorkommen. Dazu ist zu sagen, dass „manche mitteleuropäische Insekten keine Eier mehr ab(legen)“, wenn die Temperaturen unter 10°C fallen. Falls Maden nicht schon im Winter bereits dem Kältetod unterliegen, befinden sie sich oft in der Kältestarre und verharren in ihrem aktuellen Stadium an geschützten Orten, womit keine Entwicklung und auch keine Oviposition erfolgen. Erst bei steigenden Temperaturen entwickeln sich die Maden je nach Breitengrad und Klima entsprechend weiter. In Europa, gemäßigte Zone, entwickeln sich Maden meist erst wieder Ende des Winters oder zu Beginn des Frühlings weiter, was auch die forensischen Entomologen in ihrer Arbeitszeit einschränkt.

Allgemeine Problematik und Einschränkung der forensischen Entomologie

Wie bereits erwähnt, kann eine bestimmte Auswirkung nicht allein durch genau einen abiotischen oder biotischen Faktor bestimmt werden. Bei den Versuchen wurde beobachtet, dass sich Maden sowohl zum Schutz vor Licht und als auch um zur Feuchtigkeit zu gelangen, unter das Fleisch verkrochen haben. Daraus ist erkennbar, dass Maden ihre eigenen optimalen Umweltverhältnisse aufsuchen können, also dort bleiben wo es für sie am optimalsten ist. Dennoch kann es vorkommen, dass bestimmte Umweltbedingungen für die Maden unerreichbar sind und damit die vorhandenen Faktoren einen negativen Einfluss auf die Maden haben. So lassen beispielsweise niedrige Temperaturen und Nahrungsmangel sogenannte Mangelformen in Form von Zwergwuchs in Erscheinung treten, da die Maden durch diese Faktoren in ihrem Wachstum eingeschränkt werden. Die Maximallänge kann demnach nicht erreicht werden, womit auch die Maden bei der Messungszeit der Größe eine kürzere Länge haben, als bei normal entwickelten Ihresgleichen. Sie erreichen die Maximallänge, die unter den gegebenen Umständen erreichbar ist. Dies verfälscht Ergebnisse und führt bei Abgleichen mit Isomegalendiagrammen in die Irre. Außerdem ist hinzuzufügen, dass Isomegalendiagramme nur dann verlässlich sind und eine „sehr enge Gesetzmäßigkeit zwischen Madenlänge sowie Umgebungstemperatur und Larvenalter“ aufstellen, wenn nicht die Milieufeuchtigkeit oder das Nahrungsangebot eine „normale“ Entwicklung verhindert. Allerdings verhalten sich diese Einflussfaktoren in der Regel konstant, da die Fliegenmaden „überlicherweise in der Lage sind, sich diese beiden Entwicklungsparameter selbst optimal auszusuchen.“ Neben Kombinationen von verschiedenen Faktoren können aber auch einzelne Faktoren Probleme bereiten. Dies gilt vor allem für die Temperatur, die innerhalb eines Tages oder sogar an einer Leiche selber stark schwanken kann. Je höher eine Temperaturdifferenz an einem Tag ist, desto größer werden die Probleme die Rekonstruktion des Madenalters durchzuführen. Im Gegensatz zu sehr geringen Schwankungen, wo der Temperaturmittelwert über die gesamte Zeit ausreicht, bereitet die Ermittlung der Lebenszeit der Maden bei erheblichen Differenzen größere Probleme. Zum einen müssen genaue Temperaturen am Leichenfundort von jedem Tag in Form von Maximal- und Minimaltemperaturen bekannt sein. Zum anderen muss eine Rückrechnung geschehen, die die Madenlänge an jedem einzelnen vorherigen Tag bestimmt, da sich die Wachstumsgeschwindigkeit je nach Temperatur anders verhält. Diese Rückrechnung geschieht „etappenweise in 1-Tagesschritten bis zur Ausgangslänge“ der Maden. (vgl. Reiter, 1983) Der eben erwähnte Temperaturunterschied zwischen Umgebungs- und Leichentemperatur besteht am Anfang bei fast allen Leichenfunden. Vorausgesetzt, der tote Organismus wurde in freier Umgebung umgebracht, beziehungsweise unmittelbar dort hin befördert, und war für Insekten frei zugänglich, wirkt sich die Körpertemperatur der Leiche auch auf die Madenentwicklung aus, bis diese abgekühlt ist. Ein weiterer Grund für eine erhöhte Temperatur in oder an der Leiche sind die Maden selber. Insekten sind zwar poikilotherm, können aber durch Reibungsenergie Wärme erzeugen. Dies geschieht vor allem bei sogenannten Madenteppichen, also eine geradezu lückenlose Masse von Maden, die sich auf oder in totem Gewebe bewegen und damit ihre Körper aneinander reiben. Dies ist sogar durch ein Rauschen wahrzunehmen, was auch bei den Versuchen B und C gut hörbar war. Allerdings stellt dies die Ermittler wieder einmal bei der Berechnung der Leichenliegezeit vor Probleme, da solche Effekte ebenfalls mit einzubeziehen sind. Aber nicht nur die Temperaturunterschiede bereiten Probleme, sondern auch die herrschenden Temperaturen der jeweiligen Jahreszeiten. So liegt die natürlich bedingte Grenze der forensischen Entomologen bei niedrigen Temperaturen unter 10°C, da schon ab diesen Temperaturen vor allem Fliegen keine Oviposition mehr vollziehen. Weil die Temperatur der Haupteinflussfaktor der Insektenentwicklung und des Bestandes ist, schränkt dieser damit auch die Arbeit der Ermittler ein und legt den Zeitraum fest, wann diese überhaupt eine maximale Leichenliegezeitbestimmung durchführen können. Ein weiteres Problem bereiten wiederum die Insekten selber. Je nachdem wie lange eine Person bereits tot an einem Ort liegt, können schon mehrere Generationen auf dem toten Organismus gewesen sein. Damit kann es sich eventuell schon um die vierte oder fünfte Besiedlungswelle handeln und der forensische Entomologe muss dabei die gesamte Auffindesituation in einem Gesamtzusammenhang sehen. Das heißt auch andere Tiere einsammeln, die an der Leiche zu finden sind. Damit kann die maximale Besiedlungszeit der Leiche, was dem Alter des ältesten Insekts entsprich, genauer bestimmt werden, denn ansonsten könnte man nur die Untergrenze feststellen, was dem Alter des jüngsten Insekts entsprechen würde. Die genauste Rückberechnung erfolgt jedoch bei der ersten Generation, die aber ihre Entwicklung noch nicht abgeschlossen haben darf, oder bei Insekten, die erst später auf der Leiche eintreffen, wie zum Beispiel Käsefliegen. Am besten befindet sich die erste Generation aber vor dem Puppenstadium, um die maximale Besiedlungszeit genau zu ermitteln. Je nach Umweltfaktoren kann dann noch im Idealfall bis zu 4 Wochen nach Eintreffen des Todes die Liegezeit auf den Tag bestimmt werden. Danach zumindest noch auf Wochen, Monate oder zumindest auf die Jahreszeit. Eine weitere Problematik innerhalb der forensischen Entomologie weisen die Polizeibeamten auf. Durch fehlende Fachkenntnisse und noch nicht vorhandendem Know-how sammeln diese Maden nicht fachgerecht und in zu geringen Mengen ein oder zerstören sogar teilweise wichtige Beweise für die Leichenliegezeitbestimmung. Dies passiert zwar in der Regel unbewusst, kann aber dazu führen, dass die Rückberechnung im schlimmsten Fall durch die im Nachhinein herangezogenen Sachverständigten nicht mehr genau durchgeführt werden kann. (vgl. Benecke, 2006, 2001 und Reiter, 1983)

Zusammenfassung

Die forensische Entomologie ist zwar eine recht junge Disziplin und noch nicht derart in der Kriminalistik etabliert wie beispielsweise der genetische Fingerabdruck, dennoch wurden in den letzten beiden Jahrzehnten viele Fälle durch die forensische Entomologie aufgeklärt. Durch konstante Forschung und das Publizieren dieser Arbeit, wie es durch Herrn Dr. Mark Benecke geschieht, wird diese Methode der Leichenliegezeitbestimmung öffentlich bekannt und populär gemacht. Wird dann noch erreicht, dass Polizei, Biologen und Kriminalisten enger miteinander zusammenarbeiten und die Auswertung vorhandener Daten bereits am Tatort direkt beginnt, kann dieses Fachgebiet der Biologie meiner Meinung nach viel mehr Fälle mit Hilfe von Insekten lösen.

In der Realität sind aber noch diverse Schwachstellen vorhanden, die mit der Zeit durch Forschung geschlossen werden können. Doch eines bleibt bestehen: Die Umweltfaktoren bleiben erhalten und können nur durch mehr Erfahrung und Wissen besser und genauer gedeutet werden. Es existieren bei Untersuchungen immer Standardabweichungen, die durch verschiedenste Faktoren beeinflusst werden: „Es kommt eben immer auf die Bedingung des Einzelfalls an.“ Im Allgemeinen ist zu sagen, dass die Berechnung der Leichenliegezeit umso zuverlässiger ist, je früher sie durchgeführt wird, je mehr Daten vorliegen, je umfangreicher das Wissen der Ermittler ist und je mehr Methoden angewendet werden. Desweiteren erfordert die Wahrnehmung der Probleme, wie die Erkennung eines Zwergwuchs oder die erhöhte Temperatur während der Entwicklung in einem Madenteppich, eine große Erfahrung und ein großes Wissen der forensischen Entomologen, das auch durch Verbreitung weitergegeben werden muss. Die forensische Entomologie zeigt Stärken auf, wie die Berechnung der Leichenliegezeit, die auch noch nach 4 Wochen durchgeführt werden kann, einem Zeitraum in dem konventionellen Methoden längst versagen. Allerdings schätze ich nach meinen Recherchen und Erfahrungen die forensische Entomologie als einen Mosaikstein ein, der zur großen Kriminalistik gehört.

Dieser Mosaikstein kann sich aber sicherlich in den nächsten Jahrzehnten etablieren und zu etwas Großem heranwachsen, wenn die noch offenen Lücken geschlossen werden. Die „Allzweckwaffe“ in der Kriminalistik ist diese Wissenschaft also (noch) nicht und wird auch weiterhin stark von Umweltfaktoren abhängig bleiben. Außerdem möchte ich noch hinzufügen, dass man an der forensischen Entomologie gut sehen kann, wie sogar kleinste Lebewesen mehr sagen können, als man zunächst zu denken vermag. Die Evolution hatte gute Gründe, Insekten ins Leben zu rufen, damit diese unter anderem einen großen Teil des Kreislaufs einnehmen und Funktionen erfüllen können, die uns heute weiterbringen. Auch wenn sie teilweise noch als „eklig“ empfunden und als „unnütz“ gesehen werden, behalten sie ihre Aussagekraft, die aber vor allem erst in der Kriminalistik erkannt werden muss.

Ich hoffe genau dies wurde in meiner Facharbeit deutlich und hat den Nutzen der Insekten, die von den verschiedenen Umweltfaktoren abhängig sind, hervorgehoben. Genauso sollten meine durchgeführten Experimente zeigen, inwieweit diese Abhängigkeit besteht und die Einflüsse, damit auch die Probleme und Einschränkungen der forensischen Entomologie, von der Umwelt bestimmt werden.

Anhang

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Vorversuch

Unter der Fragestellung: Steuern Insekten bei winterlichen Temperaturen frei zugängliches Fleisch an?

Zunächst wurde ein Drahtkäfig angefertigt, der 25x25x20 cm maß und frei zugänglich für mögliche Insekten war. Hinein wurde ein 126g schweres, unbehandeltes Putenfleisch gelegt, das freien Bodenkontakt hatte, um den Versuch möglichst real und natürlich zu gestalten. Außerdem wurde so der Weg für Insekten freigehalten, die auch aus dem Boden her hätte kommen können. Der Käfig wurde desweiteren mit Heringen im Boden befestigt, um Tiere, wie Marder, Ratten und Vögeln, vom Fleisch abzuhalten. Beim Versuchsstart wurde das Putenfleisch zudem auf Körpertemperatur (ca. 36°C) vorsichtig erhitzt, um einen Garungsprozess zu verhindern. Das Fleisch wurde dabei in einem Toastofen auf kleinster Stufe sehr langsam erwärmt und auf die gewünschte Temperatur gebracht, womit das Fleisch möglichst mit einer frischen Leiche gleichgesetzt wurde. Allerdings ist zu beachten, dass vor allem Gewebe und Fettschichten beim Versuchsfleisch fehlten und somit die Abkühlungszeit extrem maximierten. Außerdem bekam das Fleisch Einschnitte, um Körperöffnungen zu simulieren, da Insekten ihre Eier hauptsächlich in diese ablegen. Der Versuch wurde dann über 7 Tagen durchgeführt, bis das Fleisch eingetrocknet war.

Zusammenfassung der Beobachtungen
Von Ende Januar bis Anfang Februar lagen tagsüber die winterlichen Maximaltemperaturen bei 0 bis 7 °C, in der Nacht hingegen setzte Frost ein (minimal -2 bis -7 °C). Zu Beobachten war, dass sich das Fleisch von Tag zu Tag verdunkelte und immer zäher und trockener wurde. Allerdings wurden nie Insekten oder andere Organismen auf dem Fleisch gesehen, genauso wenig wie Fraßspuren oder Rückstände: Das Putenfleisch blieb unberührt. (vgl. nachstehende Bilder)

Bilder der Vorversuche

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Versuch A

In Versuch A wurde ein Drahtkäfig, mit den Maßen 25x25x20cm eingesetzt, und die Wirkung des abiotischen Faktors Licht bestimmt. Dazu wurde der Käfig bis zur halben Höhe mit Styrodur, einer Art Hartschaumplatte, verkleidet, sowie Ritzen und Löcher mit Heißkleber abgedichtet, damit so wenige Maden wie möglich entweichen konnten. Der gesamte Drahtkäfig wurde außerdem auf eine Styrodurplatte befestigt, in der, um den Käfig herum, ein Wassergraben erstellt wurde, um mögliche flüchtende Maden nicht unkontrolliert herumkriechen zu lassen. Die Umgebungstemperatur lag hierbei zwischen 6 und 9°C, da alle Versuche im Keller aufgebaut und durchgeführt wurden, und nicht direkt von den äußeren Temperaturen beeinflusst waren. Damit lag auch die Bodentemperatur in diesem Versuch bei nahezu den gleichen äußeren Temperaturen wie im Keller selber. Die Lichteinwirkung simulierte eine Energiesparlampe, die damit so gut wie keine Wärme abgab, um nicht gleichzeitig den Temperaturfaktor, zu verändern. Ausgebettet wurde der Käfig mit Bodenstreu (grobe Holzspäne), um Maden die Möglichkeiten zu geben, sich zu verstecken und vor möglichen negativ auswirkenden Faktoren schützen zu können. Zum Versuchsstart wurden 110g Putenfleisch auf Körpertemperatur gebracht (ebenso wie beim Vorversuch langsam vorsichtig in einem Toastofen erwärmt) und mittig auf das Bodenstreu im Käfig gelegt. Außerdem wurden Maden, die sich schon kurz vor der Verpuppung befanden, aus einem Angelgeschäft auf das Fleisch gelegt, dessen Art nach erfolgreicher Auszüchtung separat zum Versuch mit Hoher Sicherheit festgestellt werden konnte (Familie Calliphoridae, Gattung Calliphora vomitoria (vgl. Seite 48)).

Bilder zu Versuch A

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Versuch B

Versuch B simulierte zwei abiotische Faktoren gleichzeitig: Neben der Lichteinwirkung (Versuch A und B standen nebeneinander, womit die Energiesparlampe gleichzeitig A und B beleuchtete) wurde auch die Temperatur verändert. Dies wurde erreicht, indem ein Wärmeschlauch spiralen förmig durch den Käfig, der ebenfalls 25x25x20cm maß, und in das Bodenstreu gelegt wurde. Die durchschnittliche Bodentemperatur lag etwa bei 20°C, wobei diese durch Wärmeisolierung mit Hilfe von Styrodur aufrecht erhalten wurde. Im Gegensatz zu Versuch A wurde hier aber die gesamte Höhe des Käfigs isoliert, damit die Wärme nicht unnötig entweichen konnte. Zusätzliche Abdichtungen mit Heißkleber sollten dies und auch die Flucht der Maden wieder verhindern. Wie auch in Versuch A wurde aus Sicherheitsgründen ein Wassergraben, und da dieser nicht vollständig ausreichte, ein feines Mückennetz, das um den Käfig verlief, benötigt. Zum Versuchsstart wurden 137g Putenfleisch auf Körpertemperatur gebracht (wie bei allen anderen Versuchen durch vorsichtiges Aufwärmen in einem Toastofen) und mittig in den Käfig gelegt. Zusätzlich wurden, wie in Versuch A, Maden aus einem Angelgeschäft benötigt, die die Auswirkung der unterschiedlichen abiotischen Faktoren zeigen sollten. Ebenso war es die gleiche Gattung (Calliphora vomitoria (vgl. Seite 48)), die die gleiche Grundvoraussetzung in den Versuchen versicherte. Zeitlich befanden sich die Maden allerdings schon zwischen ihrem Wachstumsmaximum und vor der Verpuppung. Dies hatte aber den Vorteil, dass es leichter zu beobachten war, wie schnell sich die Maden weiterentwickelten und ins nächste Stadium übergingen (hier Verpuppung).

Bilder zu Versuch B

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Versuch C

Versuch C sollte ausschließlich die Auswirkung der Temperatur auf die Madenentwicklung simulieren und stellte eine Art Thermobox, die abgedunkelt wurde, dar, sodass kein Licht hineingelangen konnte. Zur besseren Isolierung maß der Käfig 20x20x25cm, damit sich die Wärme im kleineren Raum besser ausbreiten konnte. Die Innentemperatur lag dabei konstant bei 25°C, da der Käfig komplett mit Styrodurplatte abgedichtet wurde und der Deckel ebenfalls dabei half, dass nur sehr wenig Wärme nach draußen gelangen konnte. Allerdings wurde die Luftzufuhr noch gewährleistet, indem der Deckel nicht die gesamte Box abdeckte. Wie auch in Versuch B wurde ein Wärmeschlauch benötigt, der die Box aufheizte und sich im Bodenstreu befand. Genauso wurden zur Sicherheit wieder ein Wassergraben und ein Mückennetz um den Käfig angebracht. Zum Versuchsstart wurden 145g Putenfleisch, allerdings auf zwei Stücke aufgeteilt, auf Körpertemperatur gebracht (wie bei allen anderen Versuchen). Maden der Gattung Calliphora vomitoria (vgl. Seite 48), die sich vor der Verpuppung befanden, wurden dann wieder genauso auf das Fleisch gesetzt.

Bilder zu Versuch C

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Dokumentation der Experimente A,B und C

Zunächst waren Versuche geplant, die im Freiland durchgeführt werden sollten. Allerdings gestaltete sich dieses Vorhaben als fast unmöglich, da in der Nacht immer wieder Frost einsetzte und die Maden damit getötet hätte. Geplant waren Experimente, die die Probleme der forensischen Entomologie simulieren sollten, das heißt die Beobachtung von totem Gewebe unter verschiedenen abiotischen Faktoren. Nach ersten Überlegungen wurden die zwei abiotischen Faktoren Temperatur und Licht ausgewählt, da diese sowohl einfach und im Rahmen der Möglichkeiten simuliert und künstlich verändert werden konnten, als auch konstant über einen gewissen Zeitraum durchführbar waren. Mit Hilfe einer Energiesparlampe, die so gut wie keine Wärme abgab und damit die Temperatur nicht beeinflusste, wurde sichergestellt, dass ausschließlich Licht von der Lampe ausging und nicht gleichzeitig auch noch Wärme. Diese wurde separat durch einen Wärmeschlauch simuliert, der insgesamt 3m lang war und durch die Käfige von Versuch B und C spiralen förmig verlief. Um Frosttemperaturen von unter 0°C zu umgehen, wurden die Versuche in den Keller verlegt und nebeneinander aufgebaut. Wie bereits erläutert, wurden die Drahtkäfige, zwecks Isolierung und / oder zur Abdichtung, damit keine Maden den Käfig verlassen konnten mit Styrodurplatte verkleidet. Allerdings reichte dies bei weitem nicht aus: Direkt nach dem Einsetzten der Maden, suchten diese unmittelbar einen Ausweg und fanden noch so kleine Löcher und Ritzen um zu flüchten. Auch der Wassergraben, der um jeden Käfig verlief, verhalf nicht die Flucht der Maden in den Keller zu verhindern. Kurzerhand wurden möglichst alle Öffnungen mit Heißkleber versucht zu schließen, was im Nachhinein bei den Versuchen A und B weitestgehend gelang, auch wenn bereits viele Maden entwichen waren. Der Käfig in Versuch A wirkte dicht, was auch die nächsten Tage bestätigten. Allerdings kamen in Versuch B ab und zu Maden wieder frei und zur Absicherung wurde ein Mückennetz um den Kasten befestigt, der die Maden abhielt. Bei Versuch C wurde ebenfalls mit Heißkleber verdichtet, was aber nicht vollständig den gewünschten Erfolg ergab. Es wurde hier ebenfalls ein Mückennetz benötigt um wenigstens das unkontrollierte Umherkriechen der Maden zu verhindern. Leider stellte sich am nächsten Tag fest, dass optisch schätzungsweise 95% der Maden entwichen waren und sich im Wassergraben, bzw. an dem Netz befanden. Demnach konnten bei der Versuchsbeobachtung, sowie der Deutung nur ein paar Maden herangezogen werden, die dann zwangsweise als Repräsentanten der gesamten Madenmenge dienen mussten. Allerdings wurden viele verpuppte Maden im Nachhinein noch gefunden, die sich tief unter dem Streu verkrochen hatten. Diese Puppen hätten zwar durch das Durchwühlen des Käfigs während den Beobachtungen gefunden werden können, allerdings wurde dies vermieden, um nicht die Verpuppung anderer Maden zu stören oder diese sogar zu zerstören. Allerdings konnte etwa gesagt werden, dass sowohl die versteckten Puppen als auch die bei den Beobachtungen gesehenen eine ähnliche Färbung der Puppe aufwiesen. Demnach mussten die Maden auch sehr zeitnah in das Puppenstadium übergegangen sein. In allen Versuchen wurde das Stück Putenfleisch einer Leiche, bzw. eines toten Organismusses gleichgesetzt. Um dies möglichst natürlich und realistisch zu simulieren, wurde das Fleisch bei allen Experimenten auf die Körpertemperatur eines Menschen gebracht. Um keinen Garprozess zu erzeugen, konnte dieses somit nur sehr langsam erwärmt werden. Allerdings fiel die Temperatur nach sofortigem Versuchsstart rasch wieder ab, da im Gegensatz zu „richtigen“ Leichen, neben der Haut auch das Fettgewebe fehlte, was auch noch Stunden nach dem Tod Wärme im Körper halten kann. Zudem war das Stück Fleisch viel zu klein, um es mit einer Leiche gleichzusetzten. Als Faustregel wird gesagt, dass die Körpertemperatur etwa 1°C pro Stunde nach Eintritt des Todes fällt. Allerdings ist dies eine sehr grobe Schätzung, da jeder Fall, der von Faktoren beeinflusst wird, immer neu und als individuell gewertet werden muss. Demnach ist diese Regel auch nicht auf den Versuch anzuwenden. Ein weiteres Problem war der Geruch, der von den Maden ausging. Schon beim Öffnen der Madenbehälter, die in einem Angelgeschäft erworben wurden, nahm man einen Geruch war, der sich auch nach dem Aussetzen der Maden in die jeweiligen Käfige bemerkbar machte und sich im gesamten Keller, sowie im Haus ausbreitete. Der Grund waren wahrscheinlich bereits verstorbene Maden, wobei sich unter Ausschluss von Sauerstoff leicht Ammoniak bildete. Ein zusätzliches Rätsel gaben Löcher im Fleisch, die wohl von den Maden gebohrt wurden, obwohl sich diese eigentlich schon nach dem Peak befanden (sogenannte post-feeder65). Dennoch waren anscheinend Maden dabei, die in ihrer Entwicklung noch nicht im Stadium der anderen, älteren Maden waren. Festgestellt werden konnte dies aber nicht am Darminhalt, der bei dem überwiegenden Teil der Maden leer war, sondern vielmehr an der Zeit, die die Maden bis zur Verpuppung brauchten. Auch in der Auszüchtung war zu beobachten gewesen, dass erst nach und nach die Fliegen schlüpften, was auf ein unterschiedliches Alter der Maden hinwies. Allerdings kamen Zweifel auf, da Maden Enzyme auf das Fleisch abgeben, um dieses leichter aufnehmen zu können. Demnach müsste das Fleisch feuchter sein, was aber aufgrund der Temperaturen von 25°C wahrscheinlich nicht lange zu beobachten gewesen ist.

Kurze Information zu Calliphora vomitoria

Die Fliegengattung Calliphora vomitoria (Blaue Schmeißfliege) stammt aus der Familie der Calliphoridae und ist typisch für Wälder und ländliche Gebiete. Erkannt wurde die Fliege bei der durchgeführten Auszüchtung durch die charakteristisch blau-schimmernde Färbung am Hinterleib. Außerdem konnten orange Härchen am Kinnbereich festgestellt werden, was sie von Calliphora vicina unterscheidet. Allerdings liegt leider kein Isomegalendiagramm zur Entwicklungsdauer vor, das noch genaueren Informationen zur Wachstumsgeschwindigkeit bei den Versuchen bedeutet hätte. (Reiter, 1984)

Bilder zu Entwicklungsstadien der Maden in den Versuchen

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Abbildungen, Tabellen und Diagramme

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Bilderquellen

  • Abb. 1: Penzlin, Heinz: Lehrbuch der Tierphysiologie. 5. Auflage. Jena 1991. Seite 383.
  • Abb. 2: Calliphora vomitoria. Héron, 2004. http://users.skynet.be/fa213618/Calliphora%20vomitoria.htm
  • Abb. 3: http://en.wikipedia.org/wiki/File:Blue_Bottle_Fly.jpg
  • Abb. 4: Benecke, Mark: Entomologie, forensische. Enzyklopädie der Naturwissenschaft und Technik. 2. Auflage. Landsberg 2001. Seite 2.

http://www.benecke.com/pdf-files/enzyklop.pdf

  • Abb. 5: Benecke, Mark: Wie Maden Mörder entlarven. Spektrum der Wissenschaft. März 2002. Seite 46.

http://www.benecke.com/pdf-files/spektrumpdf.pdf

  • Abb. 6, 7: Benecke, Mark: Dem Täter auf der Spur – So arbeitet die moderne Kriminalbiologie. Bergisch Gladbach 2007. Seite 29 und 55.
  • Abb. 8 Eckert, Roger: Tierphysiologie. Mit Beiträgen von David Randball. Übersetzt und bearbeitet von Raimund Apfelbach unter Mitarbeit von E.Weiler und R.Kästner. New York 1986. Seite 633.
  • Abb. 9 Wiebusch, Christina: Welche Möglichkeiten bietet die fliegenkundliche Begutachtung zur Aufklärung von Todesfällen? Facharbeit. Datteln 2001. Seite 6

Quellenverzeichnis

  • Benecke, Mark: Entomologie, forensisch, in Enzyklopädie der Naturwissenschaft und Technik, Februar 2001. 2. Aufl.

http://www.benecke.com/pdf-files/enzyklop.pdf
Stand: 20. Februar 2009

  • Benecke, Mark: Dem Täter auf der Spur. So arbeitet die moderne Kriminalbiologie, Bergisch Gladbach4 2007.
  • Benecke, Mark: Wie Maden Mörder entlarven, in Spektrum der Wissenschaft, März 2002, S. 42-48.

http://www.benecke.com/pdf-files/spektrumpdf.pdf
Stand: 25. Februar

  • Eckert, Roger: Tierphysiologie. Mit Beiträgen von David Randball. Übersetzt und bearbeitet von Reimund Apfelbach unter Mitarbeit von E. Weilerm, New York 1986.
  • Hartung, Elisabeth: Untersuchungen über die Geruchsorientierung bei Calliphora Erythrocephala. O.O. 1935.
  • Herner, Christine: Mit dem Kölner Kriminalbiologen Mark Benecke auf Spurensuche. Von der Made zum Mörder, in Wiener Zeitung, 20. April 2001.

http://www.wienerzeitung.at/Desktopdefault.aspx?TabID=3946&Alias=wzo&lexikon=Kriminalit%C3%A4t&letter=K&cob=5536
Stande: 25. Februar 2009

  • Hüsing, J.O.: Die Metamorphose der Insekten. Halle (Saale), 1963.
  • Jaenicke, Joachim und Paul, Andreas: Biologie heute entdecken S2. Schülerband, O.O. 2004.

Kliniken Lexikon. http://www.kliniken.de/lexikon/Medizin/Rechtsmedizin/F%C3%A4ulnis.html
Stand: 25. Februar 2009

  • Penzlin, Heinz: Lehrbuch der Tierphysiologie. Jena5 1991.
  • Reiter, C.: Zum Wachstumsverhalten der Maden der blauen Schmeißfliege Calliphora vicina, in Zeitschrift für Rechtsmedizin. Wien 1984.

http://www.univie.ac.at/entomology/pdf/Call%20vicina%20Reiter%201984.pdf
Stand: 25. Februar 2009



Dr. rer. medic. Mark Benecke · Diplombiologe (verliehen in Deutschland) · Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für kriminaltechnische Sicherung, Untersuchung u. Auswertung von biologischen Spuren (IHK Köln) · Landsberg-Str. 16, 50678 Köln, Deutschland, E-Mail: forensic@benecke.com · www.benecke.com · Umsatzsteueridentifikationsnummer: ID: DE212749258 · Aufsichtsbehörde: Industrie- und Handelskammer zu Köln, Unter Sachsenhausen 10-26, 50667 Köln, Deutschland · Fallbearbeitung und Termine nur auf echtem Papier. Absprachen per E-mail sind nur vorläufige Gedanken und nicht bindend. 🗺 Dr. Mark Benecke, M. Sc., Ph.D. · Certified & Sworn In Forensic Biologist · International Forensic Research & Consulting · Postfach 250411 · 50520 Cologne · Germany · Text SMS in criminalistic emergencies (never call me): +49.171.177.1273 · Anonymous calls & suppressed numbers will never be answered. · Dies ist eine Notfall-Nummer für SMS in aktuellen, kriminalistischen Notfällen). · Rufen Sie niemals an. · If it is not an actual emergency, send an e-mail. · If it is an actual emergency, send a text message (SMS) · Never call. · Facebook Fan Site · Benecke Homepage · Instagram Fan Page · Datenschutz-Erklärung · Impressum · Archive Page · Kein Kontakt über soziale Netzwerke. · Never contact me via social networks since I never read messages & comments there.