2006-10 SeroNews: Elizabeth Heyert - The Travelers: Difference between revisions

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Quelle: SeroNews 11(3):98-99 (2006)<br>
Quelle: SeroNews 11(3):98-99 (2006)<br>


=<font color="orange">Elizabeth Heyert (2006) The Travelers. Scalo Eds., Hardcover, Überformat, 72 Seiten, GBP 35 (bei Amazon.Co.Uk nur GBP 23 = 33 Euro), <nowiki>ISBN 390824793</nowiki></font>=
=<font color=orange>Elizabeth Heyert (2006) The Travelers</font>=
==<font color="orange">Beneckes Bücherschrank (24)</font>==
==<font color=orange>Beneckes Bücherschrank (24)</font>==


[Alle [[All SeroNews|SeroNews-Artikel]]]
Elizabeth Heyert (2006)<br>
The Travelers.<br>
Scalo Eds.<br>
Hardcover (Überformat)<br>
72 Seiten, um 33 Euro<br>
<nowiki>ISBN 390824793</nowiki>


'''Von Mark Benecke'''<br>
[Weitere [[All Mark Benecke Publications|Artikel von MB]]] [Artikel [http://wiki2.benecke.com/index.php?title=Media#Interviews_.26_Articles <font color=lightgrey>über MB</font>]]<br>
 
'''VON MARK BENECKE'''<BR>




Elisabeth Heyert war bisher bekannt für einen Bildband, in dem sie Schlafende (!) großformatig und aus der Vogelperspektive fotografiert hatte. Ihre neueste Herausforderung fand sie nun in Harlem: Sie fotografierte dort Tote. Allerdings ganz anders, als mensch es sich denken würde. Vor allem auch sehr anders,als es Joel-Peter Witkin tut.<br>
Elisabeth Heyert war bisher bekannt für einen Bildband, in dem sie Schlafende (!) großformatig und aus der Vogelperspektive fotografiert hatte. Ihre neueste Herausforderung fand sie nun in Harlem: Sie fotografierte dort Tote. Allerdings ganz anders, als mensch es sich denken würde. Vor allem auch sehr anders,als es Joel-Peter Witkin tut.<br>


Denn die Fotografin inszeniert gar nichts, sondern fotografiert nur die Toten, die der betagte Bestatter Isaiah Owens jeden Tag bekleidet und herrichtet. Das macht er nicht nur so, wie die Verstorbenen es garantiert gerne gehabt hätten, sondern er zaubert ihnen unerklärlicherweise auch noch ein Lächeln ins Gesicht (siehe Abbildung). Liebe Bestatterlnnen unter den (SeroNews)-Leserlnnen:Bitte verraten Sie mir doch, wie das geht.<br>
Denn die Fotografin inszeniert gar nichts, sondern fotografiert nur die Toten, die der betagte Bestatter Isaiah Owens jeden Tag bekleidet und herrichtet. Das macht er nicht nur so, wie die Verstorbenen es garantiert gerne gehabt hätten, sondern er zaubert ihnen unerklärlicherweise auch noch ein Lächeln ins Gesicht (siehe Abbildung). Liebe Bestatterlnnen unter den (SeroNews)-Leserlnnen:Bitte verraten Sie mir doch, wie das geht.<br>


Viel mehr gibt's zu dem Buch eigentlich nicht zu sagen; es ist eben ein reines Bilderbuch. Wer trotzdem unbedingt wissen will, warum Heyert von Februar 2003 bis März 2004 in einem Leichenraum im Namen des Hochglanzes arbeitete, findet im Buch ein solides, knackiges Interview, in dem sie frei von Gelaber ihre Ideen erklärt.<br>
Viel mehr gibt's zu dem Buch eigentlich nicht zu sagen; es ist eben ein reines Bilderbuch. Wer trotzdem unbedingt wissen will, warum Heyert von Februar 2003 bis März 2004 in einem Leichenraum im Namen des Hochglanzes arbeitete, findet im Buch ein solides, knackiges Interview, in dem sie frei von Gelaber ihre Ideen erklärt.<br>


Sie berichtet beispielsweise davon, wie Fotos dazu beigetragen haben, Leichen gesellschaftlich gleich zu stellen. Wo früher nur Reiche ein Portrait oder eine Maske der Verstorbenen bezahlen konnten, erlaubten Fotos, weil sie viel billiger waren, die genannte Gleichstellung. Nun konnte sich also jeder eine Erinnerung an einen geliebten Menschen auf dem Totenbett leisten - was besonders angesichts der vielen Kindertode im 19. Jahrhundert eine große Hilfe für die Trauer-Arbeit gewesen sein mag. Zudem zeigt die Fotografin anhand der Leichen, wie Harlem aussah, als es noch das stereotype Schwarzen-Viertel war, das wir meist mit diesem Namen verbinden.<br>
Sie berichtet beispielsweise davon, wie Fotos dazu beigetragen haben, Leichen gesellschaftlich gleich zu stellen. Wo früher nur Reiche ein Portrait oder eine Maske der Verstorbenen bezahlen konnten, erlaubten Fotos, weil sie viel billiger waren, die genannte Gleichstellung. Nun konnte sich also jeder eine Erinnerung an einen geliebten Menschen auf dem Totenbett leisten - was besonders angesichts der vielen Kindertode im 19. Jahrhundert eine große Hilfe für die Trauer-Arbeit gewesen sein mag. Zudem zeigt die Fotografin anhand der Leichen, wie Harlem aussah, als es noch das stereotype Schwarzen-Viertel war, das wir meist mit diesem Namen verbinden.<br>


Die Toten im Buch sind allesamt Zeugen der Zeit, als der Stadtteil noch arm und unterdrückt war - und nicht wie heute von den üblichen Kaufketten durchzogen und in Kürze vermutlich zu einer hippen Ecke New Yorks mutiert wie Chelsea oder das West Village.<br>
Die Toten im Buch sind allesamt Zeugen der Zeit, als der Stadtteil noch arm und unterdrückt war - und nicht wie heute von den üblichen Kaufketten durchzogen und in Kürze vermutlich zu einer hippen Ecke New Yorks mutiert wie Chelsea oder das West Village.<br>


Die ganzseitigen, abgesehen von Name und Geburts- und Todestag unkommentierten Fotos sind daher nicht nur eine Erinnerung an die abgebildeten Menschen und deren Lebensstil, sondern auch an eine Zeitspanne, in der Harlem unter ebenso drängenden Bedingungen existierte - und nun ebenso lächelnd gestorben ist - wie die im Buch versammelten Toten.<br>
Die ganzseitigen, abgesehen von Name und Geburts- und Todestag unkommentierten Fotos sind daher nicht nur eine Erinnerung an die abgebildeten Menschen und deren Lebensstil, sondern auch an eine Zeitspanne, in der Harlem unter ebenso drängenden Bedingungen existierte - und nun ebenso lächelnd gestorben ist - wie die im Buch versammelten Toten.<br>


Hut ab: Das ganze Projekt hätte fürchterlich schief gehen können. Ist es aber nicht - es ist weder kitschig noch traurig noch gothic noch klebrig, sondern vollkommen verblüffend und schwerelos. Kauftipp des SeroNewsQuartals! <br>
Hut ab: Das ganze Projekt hätte fürchterlich schief gehen können. Ist es aber nicht - es ist weder kitschig noch traurig noch gothic noch klebrig, sondern vollkommen verblüffend und schwerelos. Kauftipp des SeroNewsQuartals! <br>


===<font color=orange>Lesetipps</font>===
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* [[All SeroNews|Alle SeroNews-Artikel]]<br>
* [[2017 01 blick ch: Maden sind ziemlich cool|"Maden sind ziemlich cool"]]<br>
* [[Kirchschlagers Curiositaeten Cabinett: Das besondere Gespraech|Im besonderen Gespräch mit Dr. Mark Benecke, Kriminalbiologe]]<br>
* [[2005-11 Tätowiermagazin: Gesichtstattoos in New Orleans|Gesichtstattoos in New Orleans: Aura Fist]]<br>
* [[2007 07 Berliner Zeitung: Insekten sind erfolgreicher als Menschen|Insekten sind erfolgreicher als Menschen]]<br>
* [[2009-08-05 Frauenzimmer: Dr. Mark Benecke, Mitglied des Spaß-Nobelpreis-Komitees, im Interview|Dr. Mark Benecke, Mitglied des Spaß-Nobelpreis-Komitees]]<br>
* [[2010 04 05 bodystyler: Rammstein in Moskau|Rammstein in Moskau]]<br>
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Quelle: SeroNews 11(3):98-99 (2006)

Elizabeth Heyert (2006) The Travelers

Beneckes Bücherschrank (24)

Elizabeth Heyert (2006)
The Travelers.
Scalo Eds.
Hardcover (Überformat)
72 Seiten, um 33 Euro
ISBN 390824793

[Weitere Artikel von MB] [Artikel über MB]

VON MARK BENECKE


Elisabeth Heyert war bisher bekannt für einen Bildband, in dem sie Schlafende (!) großformatig und aus der Vogelperspektive fotografiert hatte. Ihre neueste Herausforderung fand sie nun in Harlem: Sie fotografierte dort Tote. Allerdings ganz anders, als mensch es sich denken würde. Vor allem auch sehr anders,als es Joel-Peter Witkin tut.


Denn die Fotografin inszeniert gar nichts, sondern fotografiert nur die Toten, die der betagte Bestatter Isaiah Owens jeden Tag bekleidet und herrichtet. Das macht er nicht nur so, wie die Verstorbenen es garantiert gerne gehabt hätten, sondern er zaubert ihnen unerklärlicherweise auch noch ein Lächeln ins Gesicht (siehe Abbildung). Liebe Bestatterlnnen unter den (SeroNews)-Leserlnnen:Bitte verraten Sie mir doch, wie das geht.


Viel mehr gibt's zu dem Buch eigentlich nicht zu sagen; es ist eben ein reines Bilderbuch. Wer trotzdem unbedingt wissen will, warum Heyert von Februar 2003 bis März 2004 in einem Leichenraum im Namen des Hochglanzes arbeitete, findet im Buch ein solides, knackiges Interview, in dem sie frei von Gelaber ihre Ideen erklärt.


Sie berichtet beispielsweise davon, wie Fotos dazu beigetragen haben, Leichen gesellschaftlich gleich zu stellen. Wo früher nur Reiche ein Portrait oder eine Maske der Verstorbenen bezahlen konnten, erlaubten Fotos, weil sie viel billiger waren, die genannte Gleichstellung. Nun konnte sich also jeder eine Erinnerung an einen geliebten Menschen auf dem Totenbett leisten - was besonders angesichts der vielen Kindertode im 19. Jahrhundert eine große Hilfe für die Trauer-Arbeit gewesen sein mag. Zudem zeigt die Fotografin anhand der Leichen, wie Harlem aussah, als es noch das stereotype Schwarzen-Viertel war, das wir meist mit diesem Namen verbinden.


Die Toten im Buch sind allesamt Zeugen der Zeit, als der Stadtteil noch arm und unterdrückt war - und nicht wie heute von den üblichen Kaufketten durchzogen und in Kürze vermutlich zu einer hippen Ecke New Yorks mutiert wie Chelsea oder das West Village.


Die ganzseitigen, abgesehen von Name und Geburts- und Todestag unkommentierten Fotos sind daher nicht nur eine Erinnerung an die abgebildeten Menschen und deren Lebensstil, sondern auch an eine Zeitspanne, in der Harlem unter ebenso drängenden Bedingungen existierte - und nun ebenso lächelnd gestorben ist - wie die im Buch versammelten Toten.


Hut ab: Das ganze Projekt hätte fürchterlich schief gehen können. Ist es aber nicht - es ist weder kitschig noch traurig noch gothic noch klebrig, sondern vollkommen verblüffend und schwerelos. Kauftipp des SeroNewsQuartals!


Lesetipps


Dr. rer. medic. Mark Benecke · Diplombiologe (verliehen in Deutschland) · Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für kriminaltechnische Sicherung, Untersuchung u. Auswertung von biologischen Spuren (IHK Köln) · Landsberg-Str. 16, 50678 Köln, Deutschland, E-Mail: forensic@benecke.com · www.benecke.com · Umsatzsteueridentifikationsnummer: ID: DE212749258 · Aufsichtsbehörde: Industrie- und Handelskammer zu Köln, Unter Sachsenhausen 10-26, 50667 Köln, Deutschland · Fallbearbeitung und Termine nur auf echtem Papier. Absprachen per E-mail sind nur vorläufige Gedanken und nicht bindend. 🗺 Dr. Mark Benecke, M. Sc., Ph.D. · Certified & Sworn In Forensic Biologist · International Forensic Research & Consulting · Postfach 250411 · 50520 Cologne · Germany · Text SMS in criminalistic emergencies (never call me): +49.171.177.1273 · Anonymous calls & suppressed numbers will never be answered. · Dies ist eine Notfall-Nummer für SMS in aktuellen, kriminalistischen Notfällen). · Rufen Sie niemals an. · If it is not an actual emergency, send an e-mail. · If it is an actual emergency, send a text message (SMS) · Never call. · Facebook Fan Site · Benecke Homepage · Instagram Fan Page · Datenschutz-Erklärung · Impressum · Archive Page · Kein Kontakt über soziale Netzwerke. · Never contact me via social networks since I never read messages & comments there.