2004 SeroNews: Die Dunkelziffer bei Tötungsdelikten

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Quelle: SeroNews 9(4):132 (2004)

Klaus Scheib (2002) Die Dunkelziffer bei Tötungsdelikten aus kriminologischer und rechtsmedizinischer Sicht

Dissertation, Humboldt-Universität Berlin/Logos Verlag, Berlin; ISBN 3-8325-0050-2; 40,50 EUR (sowie als Ergänzung für weitere 25 EUR: Das Handbuch zur Leichenschau für die ärztliche Praxis).

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VON MARK BENECKE


Dies ist die Doktor-Arbeit, seit deren Erscheinen sich die darin gemachte folgende Feststellung ein für alle mal in der Öffentlichkeit verfestigt hat: "In der Bundesrepublik Deutschland existiert eine enorme Anzahl nicht erkannter Tötungsdelikte." Die Dunkelziffer soll laut Autor um 12.000 (!) unerkannter Tötungen pro Jahr liegen. Die Presse-Agenturen glaubten das gerne, denn die Aussage stammt weder von der Polizei noch aus der Rechtsmedizin, denen man ein großes Eigen-Interesse an der Lancierung einer solchen Horror-Zahl unterstellen könnte. Klaus Scheib ist aber Jurist und daher zunächst unverdächtig. Tatsächlich lässt sich aber im Dunkelfeld stets allerlei schätzen und meinen - die Daten fehlen eben. Hierzu drei Beispiele (die nicht alle im Buch abgehandelt werden):


a) In einer großen deutschen Stadt sind bei Krematoriums-Leichenschauen durch einen Facharzt für Rechtsmedizin in den letzten zehn Jahren bloß zwei nicht erkannte Tötungen aufgefallen. Werden also eben doch keine Delikte übersehen? Oder schlampt der Arzt und erkennt die Delikte ebenso wenig wie die den Totenschein ausfüllenden KollegInnen nicht? Oder ist es bloß Gift, das nie erkannt wird und auch bei der letzten äußeren Besichtigung nicht auffällt? Niemand weiß es.


b) Viele Zeitungen meldeten im September 2004: "In Deutschland sterben mehr Menschen durch Suizid als durch Verkehrsunfälle." Glauben Sie das? Oder handelt es sich hier um schlau verdeckte Tötungs-Delikte, die eben als Selbstmord abgehakt werden?


c) In vielen deutschsprachigen Regionen liegt die Aufklärungs-Quote bei Tötungsdelikten weit über 90%. Ist das möglich, da es sich ja oft um Beziehungs-Taten handelt und die Ermittlungen daher oft flüssig voran gehen? Oder werden in Wahrheit einfach viele Delikte - nämlich die kniffeligen Ð übersehen und tauchen daher nicht in der Statistik auf?


Antworten sucht Klaus Scheib in Überlegungen zum Dunkelfeld, grundsätzlichen Mängeln bei der Leichen-Schau und dem Totenschein sowie politischem Willen und möglichen Ermittlungs-Fehlern. Da diese Problem-Kreise in den SeroNews oft behandelt werden, will ich die Details hier aussparen (vgl. z.B. SeroNews II/2004, S. 69-80).


Naturgemäß zaghaft ist der Autor, wenn es um politische Aussagen geht. Er räumt aber ein, dass "alle Toten nicht gleich behandelt werden, sondern dass es den Toten "zweiter Klasse" tatsächlich gibt." Abgesehen davon ist die Arbeit auf der Höhe der Zeit, ordentlich gegliedert und gibt zudem die Leichenschau-Regelungen in den deutschen Bundes- sowie benachbarten Ländern wieder. Zwar werden die ExpertInnen unter den SeroNews-LeserInnen darin kaum Neues finden, es lohnt sich aber doch, das Werk zu kennen, weil es eine schöne Quellen-Sammlung - auch außerhalb der bekannten rechtsmedizinischen Diskussions-Beiträge - darstellt und zudem Grundlage der Meinungs-Bildung in der Öffentlichkeit war. Außerdem finden sich Fall-Beispiele, was die Quellen-Suche erleichtert.


Der hohe Preis des Buches ist zwar atemberaubend, dafür erhält man aber für weitere 25 EUR aber ein separat geliefertes Heft mit dem Titel "Das Handbuch zur Leichenschau für die ärztliche Praxis", das unter anderem eine "Grundausrüstung für die Leichenschau" auflistet:

  • 1 Paar Gummihandschuhe
  • 1 Taschenlampe (mit Batterien)
  • 1 Lupe
  • mehrere Spatel
  • 1 Schere
  • 2 anatomische Pinsetten (sic!)
  • mehrere Plastikbehälter

Dann kann ja nix mehr schief gehen.


Lesetipps


Dr. rer. medic. Mark Benecke · Diplombiologe (verliehen in Deutschland) · Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für kriminaltechnische Sicherung, Untersuchung u. Auswertung von biologischen Spuren (IHK Köln) · Landsberg-Str. 16, 50678 Köln, Deutschland, E-Mail: forensic@benecke.com · www.benecke.com · Umsatzsteueridentifikationsnummer: ID: DE212749258 · Aufsichtsbehörde: Industrie- und Handelskammer zu Köln, Unter Sachsenhausen 10-26, 50667 Köln, Deutschland · Fallbearbeitung und Termine nur auf echtem Papier. Absprachen per E-mail sind nur vorläufige Gedanken und nicht bindend. 🗺 Dr. Mark Benecke, M. Sc., Ph.D. · Certified & Sworn In Forensic Biologist · International Forensic Research & Consulting · Postfach 250411 · 50520 Cologne · Germany · Text SMS in criminalistic emergencies (never call me): +49.171.177.1273 · Anonymous calls & suppressed numbers will never be answered. · Dies ist eine Notfall-Nummer für SMS in aktuellen, kriminalistischen Notfällen). · Rufen Sie niemals an. · If it is not an actual emergency, send an e-mail. · If it is an actual emergency, send a text message (SMS) · Never call. · Facebook Fan Site · Benecke Homepage · Instagram Fan Page · Datenschutz-Erklärung · Impressum · Archive Page · Kein Kontakt über soziale Netzwerke. · Never contact me via social networks since I never read messages & comments there.