2004-05 Tätowier Magazin: Tattoos in China

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Quelle: Tätowiermagazin 05/2004 (April/Mai), Seiten 72-74

Tattoos in China

Der sich im Schatten versteckt

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VON MARK BENECKE


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In Peking ist so ziemlich alles möglich: Unerklärliche Verkehrs-Staus in der Innenstadt um Mitternacht, der Abriss ganzer Wohnviertel in einer halben Woche sowie zweieinhalb verschiedene Staatssysteme in einem einzigen Land. Nur eins gibt es so gut wie gar nicht: Tattoos.


Der Grund ist scheinbar einfach. Wie auch in Deutschland gelten Tattoos bei der älteren Generation als typisches Knast-Zeichen. Da gehört es in der jungen Generation, die nur noch aus Einzelkindern besteht (es gilt ein generelles Geburts-Verbot für ein zweites Kind), viel Mut dazu, sich gegen dieses soziale Vorurteil zu stemmen. Der zweite Grund ist kniffeliger. Tattoos galten bislang als etwas Japanisches -- und das ist doppelt schlecht. Denn erstens tragen auf der Insel angeblich nur Jakuza-Mitglieder Tattoos und zweitens sind die alten Chinesen seit dem Pazifischen Krieg auf Japaner unglaublich schlecht zu sprechen.


"Dabei gibt es Tattoos in China schon seit Ewigkeiten", seufzt Zhang Ben Lu, dem der Tattoo-Laden "Long Dragon" in hoch angesagten Bar-Viertel Pekings gehört. "Schon der Kämpfer Yue Fei (1103-1142) aus der Sung-Dynastie trug auf seinem Rücken vier Zeichen, die "den Staat schützen" bedeuten." Lachend ergänzt er: "Heutzutage wollen aber nur noch Kunden aus dem Westen chinesische Schrift-Zeichen eintätowiert haben".


Tätowierer Wang Jing Feng (Yin Qi: "Der sich im Schatten versteckt") stimmt zu: "Ich tätowiere leider hauptsächlich Vorlagen, die Kunden aus dem Internet ziehen. Künstlerisch müssen wir hier noch zulegen. Kein Wunder, die ersten brauchbaren Flashes sind hier erst Mitte der 1990er Jahre aufgetaucht -- kurz nachdem die ersten Tätowier-Maschinen ins Land kamen. Da war es klar, dass ich das Tätowieren an mir selbst lernen und üben musste. Seitdem weiß ich, dass nicht nur das Tätowiert-Werden eine Sucht ist, sondern auch das Stechen", grinst er und verzieht sich wieder in den Schatten.


Dass Tattoos in Kürze ganz groß werden, davon sind Jing Feng und Ben Lu überzeugt. "In Taiwan haben wir schon großartige Tätowierer -- bloß kommen die nie nach Peking. Die junge Generation meint aber, dass Tattoos in den USA entstanden sind und bewundert das. Darum haben wir immer etwas zu tun."


Und wirklich, die Motive in "Long Dragon Tattoo" ähneln neun Monate nach Geschäfts-Eröffnung schon denen, die auch in der westlichen Welt anzutreffen sind: Engel, Tribals, Kreuze und Tiger. "Über die tiefere Symbolik macht sich hier keiner Gedanken", meint Jing Feng. "Das Kreuz ist nicht christlich, sondern bloß Dekoration. Der Engel hier ist bloß die ältere Schwester des Kunden, und diesen Tiger hat sich eine andere Kundin ausgesucht, weil es das Sternzeichen ihres Freundes ist. Seemanns-Motive habe ich deshalb noch nie gestochen - diese Symbolik ist hier unbekannt." Manche Kunden lassen sich auch kunstvoll Narben überdecken; zu meinem Erstaunen sogar unter den Achselhöhlen: "Die Kundin hat die ganze Zeit geheult, aber sie hat's durchgehalten", erinnert sich Jing Feng.


"Ach, noch was", sagt Ben Lu und nippt an seinem grünen Tee. "Du brauchst gar nicht danach fragen - ich weiß, dass der Rest der Welt denkt, wir wären hier unhygienisch. Wir benutzen aber ausschließlich Einweg-Nadeln und beweisen jedem gerne, dass China auch in Sachen Tattoo-Qualität Gutes zu bieten hat." Das sollte auch kein Wunder sein. In einem Land, in dem von der DVD bis zum Mineral-Wasser alles gefälscht wird, ist ein Tattoo eben mehr als bloß ein Bild - es ist etwas Einmaliges in einer Welt voller Duplikate.


Die erste festlandchinesische Convention fand übrigens im August 2003 in einem angemieteten Hotel in Peking statt und dauerte zwei Tage. "Wir hatten zwar schon komplette Rücken-Tätowierungen in der End-Ausscheidung, aber es fehlt uns bitter am Austausch mit Kollegen aus dem Ausland. Wer Lust hat, zwei Monate bei mir im Laden zu stechen, soll sich gerne melden - ich zahle Reise, Verpflegung und Unterkunft", verspricht Ben Lu. "Ich garantiere Euch, dass die Kunden uns den Laden einrennen."


Anschrift: Long Dragon Tattoo, Sanlitun South Bar Street, Bejing (Peking), Telefon +86 (0) 10 650 45327*
(* Anmerkung 2005: Die Sanlintun Bar Street wurde "umgebaut", bitte vor Ort nachfragen, wo die aktuellen Locations sind. MB)


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Dr. rer. medic. Mark Benecke · Diplombiologe (verliehen in Deutschland) · Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für kriminaltechnische Sicherung, Untersuchung u. Auswertung von biologischen Spuren (IHK Köln) · Landsberg-Str. 16, 50678 Köln, Deutschland, E-Mail: forensic@benecke.com · www.benecke.com · Umsatzsteueridentifikationsnummer: ID: DE212749258 · Aufsichtsbehörde: Industrie- und Handelskammer zu Köln, Unter Sachsenhausen 10-26, 50667 Köln, Deutschland · Fallbearbeitung und Termine nur auf echtem Papier. Absprachen per E-mail sind nur vorläufige Gedanken und nicht bindend. 🗺 Dr. Mark Benecke, M. Sc., Ph.D. · Certified & Sworn In Forensic Biologist · International Forensic Research & Consulting · Postfach 250411 · 50520 Cologne · Germany · Text SMS in criminalistic emergencies (never call me): +49.171.177.1273 · Anonymous calls & suppressed numbers will never be answered. · Dies ist eine Notfall-Nummer für SMS in aktuellen, kriminalistischen Notfällen). · Rufen Sie niemals an. · If it is not an actual emergency, send an e-mail. · If it is an actual emergency, send a text message (SMS) · Never call. · Facebook Fan Site · Benecke Homepage · Instagram Fan Page · Datenschutz-Erklärung · Impressum · Archive Page · Kein Kontakt über soziale Netzwerke. · Never contact me via social networks since I never read messages & comments there.