2003-10 Magische Welt: Verwandlung aus dem Bretterquader: Difference between revisions

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==<font color=orange>Zweiundzwanzig Mal Brachetti</font>==
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Von <b>Mark Benecke</b><br>
Von '''Mark Benecke'''<br>


[Weitere [[All Mark Benecke Publications|Artikel von MB]]]<br>
[Weitere [[All Mark Benecke Publications|Artikel von MB]]]<br>


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Mit gut ausgetüfteltem Tempo und einem neuartigen Bühnenaufbau - einer riesengroßen, drehbaren Kiste - machte sich ARTURO BRACHETTI als „Meister einer seltenen Kunst" (Plakattext) erstmals dem breiten Publikum bekannt. Das war ganz schön gewagt. Denn seine seltene Kunst wurde monatelang niemandem erklärt - der Meister war seit Monaten bloß mit einer weißen Maske hundertfach in DIN-A3-Größe, ab Juli auch in Glitterregen getaucht, auf voller Litfaßsäulenhöhe zu sehen.<br>


Mit gut ausget&uuml;fteltem Tempo und
Daß durch die dichte Werbung neugierige Internetsurfer und Journalisten vorab auf Trab kämen (und das auch noch für zweiundzwanzig Vorstellungen im Hochsommer), war ein Irrtum. Die ersten Aufführungen in der Kölner Philharmonie wurden vor nicht (oder höchstens die Hälfte) zahlenden Zuschauern durchgeführt - „damit sich der Künstler an die Bühne gewöhnen kann", wie die stupide Begründung an der Kasse lautete.<br>
einem neuartigen B&uuml;hnenaufbau - einer riesengro&szlig;en,
drehbaren Kiste - machte sich ARTURO BRACHETTI als „Meister einer
seltenen Kunst" (Plakattext) erstmals dem breiten Publikum bekannt. Das
war ganz sch&ouml;n gewagt. Denn seine seltene Kunst wurde monatelang
niemandem erkl&auml;rt - der Meister war seit Monaten blo&szlig; mit
einer wei&szlig;en Maske hundertfach in DIN-A3-Gr&ouml;&szlig;e, ab
Juli auch in Glitterregen getaucht, auf voller
Litfa&szlig;s&auml;ulenh&ouml;he zu sehen.<br>
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Obwohl BRACHETTI bekanntere Illusionen (Punktetuch, schwebende Bälle und Körper, Blumen-Füllhorn) mit seiner Spezialität, dem Sich-Verwandeln, ausgezeichnet kombiniert, berichtete selbst die größte Abonnenten-Zeitung Kölns erst geschlagene sechs Tage nach Vorstellungsbeginn leicht überfordert, dafür aber mit großen Farbbildern vom Ereignis. Auch meine magisch immune Gattin fand die von BRACHETTI nur mit Händen und Lampe erzeugte Schattenspielnummer interessant, der Rest rauschte an ihr vorbei.<br>
Da&szlig; durch die dichte Werbung neugierige Internetsurfer und
Journalisten vorab auf Trab k&auml;men (und das auch noch f&uuml;r
zweiundzwanzig Vorstellungen im Hochsommer), war ein Irrtum. Die ersten
Auff&uuml;hrungen in der K&ouml;lner Philharmonie wurden vor nicht
(oder h&ouml;chstens die H&auml;lfte) zahlenden Zuschauern
durchgef&uuml;hrt - „damit sich der K&uuml;nstler an die B&uuml;hne
gew&ouml;hnen kann", wie die stupide Begr&uuml;ndung an der Kasse
lautete.<br>
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Der Grund für diese Unsicherheit ist, daß das deutsche Flächenpublikum nicht mehr an abendfüllende magische Abende gewöhnt ist. BRACHETTI hatte es da in Paris (acht Monate lang ausverkaufte Vorstellungen) oder auf Comedy-Festivals einfacher. Dort geht seine Aufführung im Zweifel als Zirkus, Varieté oder eben Comedy durch. In Nordamerika und beim älteren Publikum kann er zudem mit einer Hollywood-Nummer punkten, deren Motive (King Kong, Liza Minelli, Frankenstein, Casablanca) mittlerweile aber nostalgisch wirken. Eine Westernpartie, in der sich BRACHETTI unter anderem als Kneipier, Cowboy und Salon-Biene selbst bekämpft und beschummelt, funktioniert hingegen auch für deutsche Zuschauer/innen problemlos: Dafür ist kein Film- oder Vorwissen notwendig; man kann stattdessen ungeniert über die Verkleidungskunst staunen.<br>
Obwohl BRACHETTI bekanntere Illusionen (Punktetuch, schwebende
B&auml;lle und K&ouml;rper, Blumen-F&uuml;llhorn) mit seiner
Spezialit&auml;t, dem Sich-Verwandeln, ausgezeichnet kombiniert,
berichtete selbst die gr&ouml;&szlig;te Abonnenten-Zeitung K&ouml;lns
erst geschlagene sechs Tage nach Vorstellungsbeginn leicht
&uuml;berfordert, daf&uuml;r aber mit gro&szlig;en Farbbildern vom
Ereignis. Auch meine magisch immune Gattin fand die von BRACHETTI nur
mit H&auml;nden und Lampe erzeugte Schattenspielnummer interessant, der
Rest rauschte an ihr vorbei.<br>
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Der Grund f&uuml;r diese Unsicherheit ist, da&szlig; das deutsche
Fl&auml;chenpublikum nicht mehr an abendf&uuml;llende magische Abende
gew&ouml;hnt ist. BRACHETTI hatte es da in Paris (acht Monate lang
ausverkaufte Vorstellungen) oder auf Comedy-Festivals einfacher. Dort
geht seine Auff&uuml;hrung im Zweifel als Zirkus, Variet&eacute; oder eben
Comedy durch. In Nordamerika und beim &auml;lteren Publikum kann er
zudem mit einer Hollywood-Nummer punkten, deren Motive (King Kong, Liza
Minelli, Frankenstein, Casablanca) mittlerweile aber nostalgisch
wirken. Eine Westernpartie, in der sich BRACHETTI unter anderem als
Kneipier, Cowboy und Salon-Biene selbst bek&auml;mpft und beschummelt,
funktioniert hingegen auch f&uuml;r deutsche Zuschauer/innen
problemlos: Daf&uuml;r ist kein Film- oder Vorwissen notwendig; man
kann stattdessen ungeniert &uuml;ber die Verkleidungskunst staunen.<br>


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Wie auch TOPAS im aktuellen Programm bietet BRACHETTI Beamer-Projektionen, biographische Geschichten und eine absolut knorke Musik. Während Topas' Kölner Publikum aber im weit von der Innenstadt entfernten Limelight aus interessierten Damen und Herren an Varieté-Tischchen bestand (siehe mw 3/2003, Seite 128, die Redaktion), mußte BRACHETTI ein krachbuntes Innenstadtvolk unterhalten, das (ab dem fünften Abend) bis zu sechzig Euro Eintritt bezahlt hatte - und das, ohne zu wissen, worum es genau gehen würde.<br>
Wie auch TOPAS im aktuellen Programm bietet BRACHETTI
Beamer-Projektionen, biographische Geschichten und eine absolut knorke
Musik. W&auml;hrend Topas' K&ouml;lner Publikum aber im weit von der
Innenstadt entfernten Limelight
aus interessierten Damen und Herren an Variet&eacute;-Tischchen bestand (siehe
mw 3/2003, Seite 128, die Redaktion), mu&szlig;te BRACHETTI ein
krachbuntes Innenstadtvolk unterhalten, das (ab dem f&uuml;nften Abend)
bis zu sechzig Euro Eintritt bezahlt hatte - und das, ohne zu wissen,
worum es genau gehen w&uuml;rde.<br>
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Darum hat sein Team die Dramaturgie m&ouml;glichst mitrei&szlig;end
angelegt -- mit reichlich Emotionen und m&ouml;glichst vielen Geschichten
obendrein. Doch im Kontrast zum bombastischen B&uuml;hnenbild und den
superben Tricks funktioniert das Drehbuch nicht immer. Die ohnehin
haneb&uuml;chene Erz&auml;hlung zu BRACHETTIS ber&uuml;hmter
H&uuml;te-Nummer wirkte beispielsweise gewollt und


&uuml;berfl&uuml;ssig. Auch ein langes St&uuml;ck, das sich um
Darum hat sein Team die Dramaturgie möglichst mitreißend angelegt -- mit reichlich Emotionen und möglichst vielen Geschichten obendrein. Doch im Kontrast zum bombastischen Bühnenbild und den superben Tricks funktioniert das Drehbuch nicht immer. Die ohnehin hanebüchene Erzählung zu BRACHETTIS berühmter Hüte-Nummer wirkte beispielsweise gewollt und überflüssig. Auch ein langes Stück, das sich um Regisseur FELLINI und seine Filme rankt, bebt zwar vor überschwenglicher Emotion („Danke, FREDERICO!"). Doch deutsche Zuschauer/innen haben meist weder tiefe Gefühle für FELLINI, noch kennen sie seine Filme gut genug, um etwa das atemberaubende Bildzitat eines nächtlichen Kreuzfahrt-Schiffes würdigen zu können, das fantastischerweise über die Bühne gleitet.<br>
Regisseur FELLINI und seine Filme rankt, bebt zwar vor
&uuml;berschwenglicher Emotion („Danke, FREDERICO!"). Doch deutsche
Zuschauer/innen haben meist weder tiefe Gef&uuml;hle f&uuml;r FELLINI,
noch kennen sie seine Filme gut genug, um etwa das atemberaubende
Bildzitat eines n&auml;chtlichen Kreuzfahrt-Schiffes w&uuml;rdigen zu
k&ouml;nnen, das fantastischerweise &uuml;ber die B&uuml;hne gleitet.<br>
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Trotz der kulturbedingten Ecken und Kanten erstritt sich BRACHETTI
stehenden Schlu&szlig;-Applaus. Das passiert in der Philharmonie zwar
&ouml;fters (K&ouml;ln ist daf&uuml;r bekannt, „die n&ouml;rdlichste
Stadt Italiens" zu sein, soll hei&szlig;en, die Menschen lassen sich
hier begeistern wie nirgendwo sonst in Deutschland), doch waren die
standing ovations hochverdient. Nicht nur die Idee, einen kompletten
Abend aus einem Bretterquader zu entwickeln, war meisterlich umgesetzt.
Auch BRACHETTIS Kleidungswechsel waren oft derart rasant, da&szlig; die
Zuschauer/innen gar nicht zum Sekundenz&auml;hlen kamen.<br>


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Trotz der kulturbedingten Ecken und Kanten erstritt sich BRACHETTI stehenden Schluß-Applaus. Das passiert in der Philharmonie zwar öfters (Köln ist dafür bekannt, „die nördlichste Stadt Italiens" zu sein, soll heißen, die Menschen lassen sich hier begeistern wie nirgendwo sonst in Deutschland), doch waren die standing ovations hochverdient. Nicht nur die Idee, einen kompletten Abend aus einem Bretterquader zu entwickeln, war meisterlich umgesetzt. Auch BRACHETTIS Kleidungswechsel waren oft derart rasant, daß die Zuschauer/innen gar nicht zum Sekundenzählen kamen.<br>
Am meisten beeindruckt haben mich BRACHETTIS routiniert
ausgef&uuml;hrte, aber dennoch frisch wirkende Standardillusionen. Wer
im Pariser Lido die ebenfalls perfekten, aber in ihrem erfrorenen
Lachen aalglatt erscheinenden Flie&szlig;band-lllusionisten gesehen
hat, f&uuml;hlt den Unterschied zu BRACHETTIS Leistung besonders stark.
In K&ouml;ln legte sich der Meister derart begeistert und begeisternd
ins Zeug, da&szlig; ihm das Publikum sogar die geizigerweise
eingesparte Zugabe nicht ver&uuml;belte.<br>
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Ein ausf&uuml;hrliches Interview mit BRACHETTI erfolgt in einer der
n&auml;chsten <i>mw</i>-Ausgaben. (Es erfolgte dann aus unerkl&auml;rlichen Gr&uuml;nden nicht in der <i>mw</i>, sondern in der <i>Zauberkunst</i>.) <br>


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Am meisten beeindruckt haben mich BRACHETTIS routiniert ausgeführte, aber dennoch frisch wirkende Standardillusionen. Wer im Pariser Lido die ebenfalls perfekten, aber in ihrem erfrorenen Lachen aalglatt erscheinenden Fließband-lllusionisten gesehen hat, fühlt den Unterschied zu BRACHETTIS Leistung besonders stark. In Köln legte sich der Meister derart begeistert und begeisternd ins Zeug, daß ihm das Publikum sogar die geizigerweise eingesparte Zugabe nicht verübelte.<br>
<span style="font-weight: bold; font-style: italic;">Kurz-Vita Mark
 
Benecke&nbsp;&nbsp; &nbsp;</span><br
Ein ausführliches Interview mit BRACHETTI erfolgt in einer der nächsten mw-Ausgaben. (Es erfolgte dann aus unerklärlichen Gründen nicht in der mw, sondern in der Zauberkunst.) <br>
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<span style="font-style: italic;">Mark Benecke &auml;ugt als
Kurz-Vita Mark Benecke<br>  
Kriminal-Biologe auf alles Randst&auml;ndige. Er ist Mitglied im
Mark Benecke äugt als Kriminal-Biologe auf alles Randständige. Er ist Mitglied im Wissenschaftsrat der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) und vieler rechtsmedizinisch-kriminalistischer Vereinigungen. Seine Freunde halten ihn für den schlechtesten Illusionisten der Welt, fragen sich aber zu Recht, welche Kraft die soeben gekauften Halstücher urplötzlich verknotet hat.<br>  
Wissenschaftsrat der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung
 
von Parawissenschaften (GWUP) und vieler
(Anmerkung: Die alte Rechtschreibung und die Kapitälchen sind ein Tick der mw, nicht des Autors.)<br>
rechtsmedizinisch-kriminalistischer Vereinigungen. Seine Freunde halten
ihn f&uuml;r den schlechtesten Illusionisten der Welt, fragen sich aber
zu Recht, welche Kraft die soeben gekauften Halst&uuml;cher
urpl&ouml;tzlich verknotet hat. </span><br
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(Anmerkung: Die alte Rechtschreibung und die Kapit&auml;lchen sind ein Tick der <i>mw</i>, nicht des
Autors.)


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Revision as of 15:34, 30 September 2013

Quelle: Magische Welt (mw), Oktober 2003, 52. Jg., Heft 5, S. 254

Verwandlung aus dem Bretterquader

Zweiundzwanzig Mal Brachetti

Von Mark Benecke

[Weitere Artikel von MB]

Mit gut ausgetüfteltem Tempo und einem neuartigen Bühnenaufbau - einer riesengroßen, drehbaren Kiste - machte sich ARTURO BRACHETTI als „Meister einer seltenen Kunst" (Plakattext) erstmals dem breiten Publikum bekannt. Das war ganz schön gewagt. Denn seine seltene Kunst wurde monatelang niemandem erklärt - der Meister war seit Monaten bloß mit einer weißen Maske hundertfach in DIN-A3-Größe, ab Juli auch in Glitterregen getaucht, auf voller Litfaßsäulenhöhe zu sehen.

Daß durch die dichte Werbung neugierige Internetsurfer und Journalisten vorab auf Trab kämen (und das auch noch für zweiundzwanzig Vorstellungen im Hochsommer), war ein Irrtum. Die ersten Aufführungen in der Kölner Philharmonie wurden vor nicht (oder höchstens die Hälfte) zahlenden Zuschauern durchgeführt - „damit sich der Künstler an die Bühne gewöhnen kann", wie die stupide Begründung an der Kasse lautete.

Obwohl BRACHETTI bekanntere Illusionen (Punktetuch, schwebende Bälle und Körper, Blumen-Füllhorn) mit seiner Spezialität, dem Sich-Verwandeln, ausgezeichnet kombiniert, berichtete selbst die größte Abonnenten-Zeitung Kölns erst geschlagene sechs Tage nach Vorstellungsbeginn leicht überfordert, dafür aber mit großen Farbbildern vom Ereignis. Auch meine magisch immune Gattin fand die von BRACHETTI nur mit Händen und Lampe erzeugte Schattenspielnummer interessant, der Rest rauschte an ihr vorbei.

Der Grund für diese Unsicherheit ist, daß das deutsche Flächenpublikum nicht mehr an abendfüllende magische Abende gewöhnt ist. BRACHETTI hatte es da in Paris (acht Monate lang ausverkaufte Vorstellungen) oder auf Comedy-Festivals einfacher. Dort geht seine Aufführung im Zweifel als Zirkus, Varieté oder eben Comedy durch. In Nordamerika und beim älteren Publikum kann er zudem mit einer Hollywood-Nummer punkten, deren Motive (King Kong, Liza Minelli, Frankenstein, Casablanca) mittlerweile aber nostalgisch wirken. Eine Westernpartie, in der sich BRACHETTI unter anderem als Kneipier, Cowboy und Salon-Biene selbst bekämpft und beschummelt, funktioniert hingegen auch für deutsche Zuschauer/innen problemlos: Dafür ist kein Film- oder Vorwissen notwendig; man kann stattdessen ungeniert über die Verkleidungskunst staunen.

Wie auch TOPAS im aktuellen Programm bietet BRACHETTI Beamer-Projektionen, biographische Geschichten und eine absolut knorke Musik. Während Topas' Kölner Publikum aber im weit von der Innenstadt entfernten Limelight aus interessierten Damen und Herren an Varieté-Tischchen bestand (siehe mw 3/2003, Seite 128, die Redaktion), mußte BRACHETTI ein krachbuntes Innenstadtvolk unterhalten, das (ab dem fünften Abend) bis zu sechzig Euro Eintritt bezahlt hatte - und das, ohne zu wissen, worum es genau gehen würde.

Darum hat sein Team die Dramaturgie möglichst mitreißend angelegt -- mit reichlich Emotionen und möglichst vielen Geschichten obendrein. Doch im Kontrast zum bombastischen Bühnenbild und den superben Tricks funktioniert das Drehbuch nicht immer. Die ohnehin hanebüchene Erzählung zu BRACHETTIS berühmter Hüte-Nummer wirkte beispielsweise gewollt und überflüssig. Auch ein langes Stück, das sich um Regisseur FELLINI und seine Filme rankt, bebt zwar vor überschwenglicher Emotion („Danke, FREDERICO!"). Doch deutsche Zuschauer/innen haben meist weder tiefe Gefühle für FELLINI, noch kennen sie seine Filme gut genug, um etwa das atemberaubende Bildzitat eines nächtlichen Kreuzfahrt-Schiffes würdigen zu können, das fantastischerweise über die Bühne gleitet.

Trotz der kulturbedingten Ecken und Kanten erstritt sich BRACHETTI stehenden Schluß-Applaus. Das passiert in der Philharmonie zwar öfters (Köln ist dafür bekannt, „die nördlichste Stadt Italiens" zu sein, soll heißen, die Menschen lassen sich hier begeistern wie nirgendwo sonst in Deutschland), doch waren die standing ovations hochverdient. Nicht nur die Idee, einen kompletten Abend aus einem Bretterquader zu entwickeln, war meisterlich umgesetzt. Auch BRACHETTIS Kleidungswechsel waren oft derart rasant, daß die Zuschauer/innen gar nicht zum Sekundenzählen kamen.

Am meisten beeindruckt haben mich BRACHETTIS routiniert ausgeführte, aber dennoch frisch wirkende Standardillusionen. Wer im Pariser Lido die ebenfalls perfekten, aber in ihrem erfrorenen Lachen aalglatt erscheinenden Fließband-lllusionisten gesehen hat, fühlt den Unterschied zu BRACHETTIS Leistung besonders stark. In Köln legte sich der Meister derart begeistert und begeisternd ins Zeug, daß ihm das Publikum sogar die geizigerweise eingesparte Zugabe nicht verübelte.

Ein ausführliches Interview mit BRACHETTI erfolgt in einer der nächsten mw-Ausgaben. (Es erfolgte dann aus unerklärlichen Gründen nicht in der mw, sondern in der Zauberkunst.)

Kurz-Vita Mark Benecke
Mark Benecke äugt als Kriminal-Biologe auf alles Randständige. Er ist Mitglied im Wissenschaftsrat der Gesellschaft zur wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften (GWUP) und vieler rechtsmedizinisch-kriminalistischer Vereinigungen. Seine Freunde halten ihn für den schlechtesten Illusionisten der Welt, fragen sich aber zu Recht, welche Kraft die soeben gekauften Halstücher urplötzlich verknotet hat.

(Anmerkung: Die alte Rechtschreibung und die Kapitälchen sind ein Tick der mw, nicht des Autors.)



Dr. rer. medic. Mark Benecke · Diplombiologe (verliehen in Deutschland) · Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für kriminaltechnische Sicherung, Untersuchung u. Auswertung von biologischen Spuren (IHK Köln) · Landsberg-Str. 16, 50678 Köln, Deutschland, E-Mail: forensic@benecke.com · www.benecke.com · Umsatzsteueridentifikationsnummer: ID: DE212749258 · Aufsichtsbehörde: Industrie- und Handelskammer zu Köln, Unter Sachsenhausen 10-26, 50667 Köln, Deutschland · Fallbearbeitung und Termine nur auf echtem Papier. Absprachen per E-mail sind nur vorläufige Gedanken und nicht bindend. 🗺 Dr. Mark Benecke, M. Sc., Ph.D. · Certified & Sworn In Forensic Biologist · International Forensic Research & Consulting · Postfach 250411 · 50520 Cologne · Germany · Text SMS in criminalistic emergencies (never call me): +49.171.177.1273 · Anonymous calls & suppressed numbers will never be answered. · Dies ist eine Notfall-Nummer für SMS in aktuellen, kriminalistischen Notfällen). · Rufen Sie niemals an. · If it is not an actual emergency, send an e-mail. · If it is an actual emergency, send a text message (SMS) · Never call. · Facebook Fan Site · Benecke Homepage · Instagram Fan Page · Datenschutz-Erklärung · Impressum · Archive Page · Kein Kontakt über soziale Netzwerke. · Never contact me via social networks since I never read messages & comments there.