2001 09 Sueddeutsche Zeitung: Pharaonenfluch

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Quelle: Süddeutsche Zeitung, (darin: SZ am Wochenende), Nr. 213 vom 15./16. September 2001, Seite III

Endlich Ruhe im Sarkophag

Das Ende des Pharaonenfluchs: Schimmelpilz oder Aberglaube, das ist hier die einzige Frage

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VON MARK BENECKE

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Als Professor Gamal Mehrez starb, brach ein Teil seiner Mitarbeiter in Tränen aus, ein anderer in Angstschweiß. Der Chef des Ägyptischen Museums in Kairo starb mit nur 52 Jahren, gerade an dem Tag, an dem die Maske des Pharaos Tut-Ench-Amun für eine Ausstellung nach London verschickt werden sollte. Das war 1972, exakt fünfzig Jahre nach der zufälligen Entdeckung des Grabes von Tut-Ench-Amun. Für die Ärzte kam Mehrez' Tod unerwartet: Herzstillstand. Dem Rest der Welt war hingegen klar, dass der Forscher das Schicksal herausgefordert hatte. Der Museumsdirektor hatte den Fluch des Pharaos zeitlebens verlacht und wurde so Opfer Nummer 25 auf der Todesliste.


Bis 1980 waren nicht nur alle beteiligten Expeditionsteilnehmer und Museumsdirektoren tot, sondern auch deren Sekretäre, Leibwächter und Stiefbrüder. Selbst ein Kanarienvogel sowie ein ägyptischer Regierungs-Laborchemiker mussten dran glauben. Der in jungen Jahren ermordete Pharao hatte im Laufe von dreitausenddreihundert Jahren in sandiger Grabstatt offenbar schlechte Laune entwickelt. Dabei hatte alles so schön angefangen.


Zur Öffnung der Hauptgrabkammer des antiken Herrschers im Februar 1923 war die Stimmung noch ungetrübt. Ausgrabungschef Howard Carter notierte: "Um 14 Uhr trafen sich alle vor dem Grab, die die Ehre hatten, bei dem festlichen Anlass dabei zu sein - im ganzen etwa zwanzig Personen." Als er die Kunstschätze dann erstmals sah, fehlten ihm die Worte. Auf drängelnde Anfragen aus der hinteren Reihe, was er denn sehen könne, sprach der Ausgrabungsleiter die mittlerweile berühmten Worte: "Wundervolle Dinge!".


Immerhin, auch eine mystische Anmutung findet sich in Carters Tagebuch: "Schon beim Öffnen der Türen fühlten wir uns als Eindringlinge und wollten das Siegel nicht lösen." Glauben darf man diese romantische Textstelle aber nicht. Die von Schirmherr Lord Camarvon eigentlich schon ein Jahr zuvor aufgegebene Unternehmung hatte mit der Entdeckung des Grabes nach sechzehn erfolglosen Jahren in letzter Sekunde ihr Ziel erreicht.


Es dauerte noch bis Oktober 1925, als die Forscher den Sarkophag des Pharaos wirklich öffneten. Fotos zeigen einen pomadisierten Howard Carter, der in weißem Ausgehhemd ein Krümelchen vom inneren der drei geschachtelten Goldsärge abkratzt. Außer ihm und dem noch ruhenden Pharao sind nur einige Zangen und Pinzetten sowie ein einheimischer Kollege zu sehen. Doch keine fünf Monate nachdem die goldene Totenmaske wieder an die frische Luft gekommen war, traf den Ersten das Unglück -- Hauptsponsor Lord Camarvon starb in einem Kairoer Hotel. Im selben Moment gingen die Lichter der Stadt aus. Auch Camarvons Lieblingsfoxterrier jaulte ein letztes Mal und streckte alle Viere von sich. Zufall oder was?


Als nächsten traf es 1926 George Bene-dite, einen Mitarbeiter des Louvre, danach waren der Museumsarchäologe Arthur Mace (1928) und .Richard Bethell, der persönliche Sekretär Carters (1929) an der Reihe. Die höchste Fluchdichte trat 1939 ein. Nicht nur Howard Carter selbst, sondern auch seine beiden Ausgrabungszeichner Lindsley Hall und Walter Hauser verstarben. Der Spaß war endgültig vorbei. "Eine Fluch-Inschrift habe ich nicht gesehen", sperrt sich hingegen Richard Adamson. Der britische Militärpolizist war an die Expedition verliehen worden und hatte Pharao und Sarg jahrelang bewacht, indem er im selben Grabraum wie die beiden schlief. "Oft ließ ich Grammofonmusik laufen, unter anderem die Oper Aida", verriet er vor zwanzig Jahren der Daily Mail. "Um Grabräuber weiterhin fern zu halten, kam uns die Sache mit dem Fluch gelegen. Journalisten hatten sich die Sache ausgedacht, weil sie in andere Flüche an der Wand gefunden hatten. Wir haben die Zeitungsleute - äh - nicht entmutigt." Dass Adamson beide Beine fehlten, machte aber sogar Prince Charles stutzig. "Nein", sagte der friedlich gealterte Mann dem Sohn der Queen, "das ist schon im ersten Weltkrieg passiert."


Dennoch ging das Sterben weiter. Nachdem der Fluch zunächst die direkt an der Ausgrabung Beteiligten im Visier hatte, tötete er dann nur noch ägyptische Museumsdirektoren. Seit den Achtzigerjahren sind ausschließlich Unschuldige betroffen. Bei der Produktion einer britischen Femsehdokumentation zum Fluch erlitt der Schauspieler Raymond Burr einen Schwächeanfall, und sein Kollege lan McShane brach sich bei einem Autounfall ein Bein.


Der pharaonische Schlusskracher trug sich dann 1992 zu. Ein Team der BBC drehte damals die Serie "The Face of Tutankhamun". BBC-Teamleiter Christopher Frayiing erwischte es nach allerlei Pannen am Schlimmsten: Er stürzte mit einem Hotelaufzug einundzwanzig Stockwerke in die Tiefe. "Dafür gibt es garantiert eine rationale Erklärung", meinte er hinterher trotzig. Seitdem ist Ruhe im Sarkophag.


Skeptiker haben mittlerweile herausgefunden, dass ein Stromausfall in Kairo früher ungefähr so überraschend war wie hierzulande ein Stau auf der Autobahn, und dass Camarvons Hund vermutlich erst vier Stunden nach dem Tod seines Herrchens verschied. Auch dass die Expeditionsteilnehmer und deren Kollegen im Durchschnitt erst 24 Jahre nach Öffnung des Sarges starben und dabei im Mittel dreiundsiebzig Jahre alt wurden, spricht eher für eine gesundheitsfördernde Wirkung des Pharaonenfluchs: Die durchschnittliche Lebenserwartung lag damals drei Jahre darunter. Dass in Wahrheit die Romanautorin Maria Corelli Ursache des Fluchs ist, macht die Sache noch unspektakulärer. Den angeblichen Fluch hatte sie für ein Buch nur vom gesunden Menschenempfinden abgeleitet: "No good will come of disturbing Pharao's bones."


Und was war mit dem Schimmelpilz Aspergillus niger, der die Expeditionsteilnehmer angeblich krank gemacht haben soll? Mit dieser Geschichte wollte der ägyptische Doktor Ezzeddin Taha 1962 eigentlich nur beweisen, dass es keinen übernatürlichen Pharaonenfluch gibt. Er hatte untersucht, warum Menschen, die lange mit altägyptischen Schriften arbeiten, oft Ausschläge und Entzündungen entwickelten. Als Ursache fand er Aspergilli, die fortan im übertragenen Sinne als Fluch aus dem Grab galten. Doch nur wenn Menschen sie über lange Zeit einatmen, kann sich der Pilz im menschlichen Körper dauerhaft einnisten - und selbst dann nur, wenn die betreffenden Personen schon vorher krank waren.


Womit wir bei dem australischen Schwarzschimmelforscher John Pitt wären, der aus einem ganz anderen Grund abwinkt. "Dass irgendeine Aspergillus-Art der Fluch der Pharaonen sein soll, ist eine schöne Geschichte, die ich aber noch nie gehört habe - muss wohl aus Europa stammen. Es ist jedenfalls ausgeschlossen, dass die Sporen auch nur hundert Jahre in einem trockenen Grab überleben können. Außerdem sind Aspergillus-Sporen wirklich überall zu finden, und falls sie gefunden wurden, könnten sie das Grab zu jeder x-beliebigen Zeit kontaminiert haben."


Selbst der Kanarienvogel Carters, der angeblich passend zur Sarg-Öffnung starb, erfreute sich in Wahrheit guter Gesundheit: Carter hatte ihn bei einer Bekannten untergebracht, die das Tier in guter Pflege hatte. Und so pfeifen die Verwandten des regen Vogels bis heute- auf den lebensspendenden Fluch eines mumifizierten Mordopfers.


Mit großem Dank an die Redaktion für die Erlaubnis zur Veröffentlichung.


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Dr. rer. medic. Mark Benecke · Diplombiologe (verliehen in Deutschland) · Öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für kriminaltechnische Sicherung, Untersuchung u. Auswertung von biologischen Spuren (IHK Köln) · Landsberg-Str. 16, 50678 Köln, Deutschland, E-Mail: forensic@benecke.com · www.benecke.com · Umsatzsteueridentifikationsnummer: ID: DE212749258 · Aufsichtsbehörde: Industrie- und Handelskammer zu Köln, Unter Sachsenhausen 10-26, 50667 Köln, Deutschland · Fallbearbeitung und Termine nur auf echtem Papier. Absprachen per E-mail sind nur vorläufige Gedanken und nicht bindend. 🗺 Dr. Mark Benecke, M. Sc., Ph.D. · Certified & Sworn In Forensic Biologist · International Forensic Research & Consulting · Postfach 250411 · 50520 Cologne · Germany · Text SMS in criminalistic emergencies (never call me): +49.171.177.1273 · Anonymous calls & suppressed numbers will never be answered. · Dies ist eine Notfall-Nummer für SMS in aktuellen, kriminalistischen Notfällen). · Rufen Sie niemals an. · If it is not an actual emergency, send an e-mail. · If it is an actual emergency, send a text message (SMS) · Never call. · Facebook Fan Site · Benecke Homepage · Instagram Fan Page · Datenschutz-Erklärung · Impressum · Archive Page · Kein Kontakt über soziale Netzwerke. · Never contact me via social networks since I never read messages & comments there.